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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Einzelrichter - Eis.

Einzelrichter (Einzelgericht), im Gegensatz zu dem Kollegialgericht ein nur mit Einem Richter besetztes Gericht, von dem gewisse Rechtssachen abzuurteilen sind. Nach gemeinem deutschen Prozeßrecht war sowohl für den Zivilprozeß als für das strafrechtliche Verfahren Ein Richter zur legalen Besetzung der Gerichtsbank genügend, welchem ein Gerichtsschreiber und im Strafprozeß noch außerdem die Schöffen zur Seite standen. In neuerer Zeit hat sich jedoch das System der Kollegialverfassung der Gerichte, welches die Garantie für größere Unparteilichkeit und Gründlichkeit der Urteilssprüche in sich enthält, dafür freilich auch mit einem größern Zeit- und Kostenaufwand verknüpft ist, in den meisten Gerichtsverfassungen Eingang verschafft. Nur für minder wichtige und eilige Sachen haben die modernen Prozeßordnungen das einzelrichterliche Verfahren, für welches regelmäßig besondere Vorschriften gegeben sind, beibehalten; so namentlich nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz, wonach dem E. (Amtsgericht) die Entscheidung aller Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegenstand an Geld und Geldeswert die Summe von 300 Mk. nicht übersteigt, sowie gewisser einfacher oder schleunige Erledigung erheischender oder regelmäßig auf Grund genauer örtlicher Kenntnis zu entscheidender Rechtssachen überwiesen ist (s. Gericht).

Einzelwirtschaft, s. Wirtschaft.

Einziehen, Einberufung von Rekruten, Reservisten, Landwehr etc. in den Dienst zur Übung oder Versetzung des Heers auf Kriegsfuß, s. Ersatzwesen und Mobilmachung.

Einziehen von Umlaufsmitteln (Münzen, Papiergeld, Banknoten) heißt dieselben aus dem Verkehr bringen, indem die bei bestimmten Stellen (Notenbanken, Steuerkassen) eingegangenen Banknoten oder zu stark abgenutzten Münzen zurückbehalten werden, oder indem für eine ganze Gattung von Münzen, Papiergeld oder Banknoten ein bestimmter Zeitpunkt angesetzt wird, bis zu dem sie noch angenommen und gegen Kurantgeld umgetauscht werden. Nach Verlauf dieser Frist verlieren die betreffenden Umlaufsmittel ganz oder teilweise ihre Geltung.

Einziehung, s. Konfiskation.

Einzugsgeld (Bürgergeld, Nachbargeld), diejenige Abgabe, welche bei Gewinnung des Gemeindebürgerrechts von dem in den Bürgerverband Aufgenommenen zu entrichten ist. Für die bloße Niederlassung in einer Gemeinde darf nach dem Grundsatz der Freizügigkeit (deutsches Reichsgesetz vom 1. Nov. 1867, § 8) ein E. nicht mehr erhoben werden. Dagegen kommen noch hier und da sogen. Einkaufsgelder vor, welche dafür entrichtet werden müssen, daß der Neuaufgenommene zur Teilnahme an den Bürgernutzungen berechtigt wird.

Eipel (ungar. Ipoly), 193 km langer Nebenfluß der Donau in Ungarn, entspringt am Homelkaberg im Neográder Komitat, fließt in zahllosen Krümmungen nach WSW., dann nach S. und mündet unweit Gran.

Eira (Ira), im Altertum Bergfeste im N. Messeniens, berühmt durch des Aristomenes (s. d.) neunjährige Verteidigung (um 670 v. Chr.).

Eirene, Göttin, s. Irene.

Eirometer, s. Wollmesser.

Eirund, s. Oval.

Eis nimmt in mehreren Formen erheblichen Anteil an der Bildung der Erdrinde und ist in diesem Sinn zu den Gesteinen zu rechnen. Man unterscheidet 1) Schneeeis, den losen Schnee, welcher unter bestimmten meteorologischen Verhältnissen in Firn und endlich in Gletschereis übergeht und auf den Hochgebirgen, besonders aber in Polargegenden, in ungeheuern Massen auftritt; 2) Wassereis, welches auf Süß- und Salzwasser entsteht und in den Umgebungen Grönlands, Spitzbergens und der Baffinsbailänder Eisfelder von meilenweiter Ausdehnung bildet. Bodeneismassen bilden am Kotzebuesund ganze Hügel, schließen Knochen ausgestorbener Tiere ein und sind mit einer schwachen Lage von Lehm und darüber mit einer fußhohen torfartigen Dammerdeschicht bedeckt, auf welcher Moose und Gräser vegetieren. Ähnliche Bodeneismassen finden sich unter der Dammerde Sibiriens. Sie sind vielleicht dem Grundeis (Nadeleis, schwammiges Wassereis) zuzurechnen, welches sich besonders am Grunde der Gewässer und in einem von Wasser durchzogenen Erdboden bildet. Unter gewöhnlichen Verhältnissen entsteht E. stets an der Oberfläche des Wassers, weil dieses bei +3,94° seine größte Dichtigkeit erreicht und bei weiterm Erkalten sich wieder ausdehnt. Auf dem Grunde der Gewässer sammelt sich daher das oben bis +3,94° erkaltete Wasser, und auf diesem schwimmt bei weiterer Abkühlung das kältere Wasser, welches bei 0° unter weiterer Abgabe von Wärme an die Umgebung erstarrt. 1 g E. verbraucht zu seiner Schmelzung 79,4mal soviel Wärme, wie erforderlich ist, die Temperatur von 1 g Wasser um 1° C. zu erhöhen. 1 kg Wasser von +79,4° gibt, mit 1 kg E. von 0° gemischt, 2 kg Wasser von 0°. In der Regel dehnen sich die Körper beim Schmelzen aus, verringern also ihr Volumen beim Erstarren; das Wasser dehnt sich dagegen beim Erstarren um 0,1 von dem Volumen, welches es bei 0° einnimmt, aus. Das spezifische Gewicht des Eises bei 0° ist 0,918. Diese Volumverminderung des Eises beim Schmelzen hat zur Folge, daß sich unter Druck der Schmelzpunkt erniedrigt: E. von 0° wird durch Zusammenpressen flüssig, und komprimiertes Wasser gefriert unter einem Druck von 13,000 Atmosphären erst bei -18°. Im luftleeren Raum gefriert Wasser in einem Gefäß, welches von schmelzendem E. umgeben ist. Die Kraft, mit welcher das Wasser sich beim Gefrieren auszudehnen strebt, ist sehr beträchtlich; Huygens sprengte 1667 durch die Kraft des frierenden Wassers eine fingerdicke eiserne Kanone in zwei Stücke. Diese Ausdehnung des erstarrenden Wassers bewirkt im gewöhnlichen Leben häufig das Springen von Gefäßen, auch das Abblättern des noch feuchten Mauerputzes, das Bersten der von Feuchtigkeit durchdrungenen Baumrinde, das Auffrieren des Erdbodens etc. Auch zersprengt gefrierendes Wasser Steine und Felsen und trägt dadurch zur Verwitterung fester Gesteine bei. Das Wasser sammelt sich in den Haarrissen derselben, erweitert diese beim Gefrieren, so daß sie bei Tauwetter mehr Wasser aufnehmen, welches dann bei abermaligem Froste die Spalte wieder erweitert u. s. f., bis der Stein zersprengt ist. Das einmal gebildete E. verringert bei Temperaturabnahme sein Volumen und vergrößert es bei Temperaturerhöhung und zwar stärker als jeder andre bekannte starre Körper. Ein Eisstab von 100 m Länge wird bei Abkühlung um 1° R. um 6,427 mm kürzer. Wasser kristallisiert beim Erstarren hexagonal und zwar rhomboedrisch, in ruhiger Luft gebildeter Schnee zeigt prachtvolle sechsstrahlige Sternchen, deren einzelne Strahlen wieder nach demselben Gesetz verzweigt sind. Die Kristallbildung im Wasser ist viel schwerer zu beobachten. Die spießigen Kristalle, welche sich im Freien bilden, zeigen nicht die reine Form.