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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eisenbahnsteuer; Eisenbahnsubventionen; Eisenbahntarife

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Eisenbahnsteuer - Eisenbahntarife.

ten Tableau den Verkehr, umfassend die Personen- und Güterbeförderung und die zurückgelegten Distanzen; im fünften Tableau die finanziellen Ergebnisse. Besondere Tableaus sind noch dem Personalstand, dem Pensions- und Unterstützungskassenwesen und den Unfällen gewidmet, und als Schlußtableau figuriert eine kurze Übersicht der für Privatzwecke betriebenen Eisenbahnen. Von der Nachweisung des Eisenbahnwarenverkehrs nach Artikeln und Verkehrsrichtungen wurde vorläufig abgesehen. In dieser Art erscheint seit 1882 eine regelmäßige internationale E.

Eisenbahnsteuer. Dieselbe kommt unter verschiedenen Formen und Benennungen vor, einmal als Konzessionsgebühr, die aber wegen ihrer Höhe gewöhnlich, zumal in England, den Charakter einer Steuerauflage trägt. Dann kann sie als Gewerbesteuer, bez. Kapitalrentensteuer auftreten, welche den Reinertrag der Eisenbahn treffen soll. Eine solche Steuer ist die in Preußen 1853 auf Grund des Eisenbahngesetzes von 1838 eingeführte Eisenbahnabgabe, welche von den ersten 4 Proz. des Reinertrags mit 1/40, vom 5. Proz. außerdem mit 1/20, vom sechsten mit 1/10 und vom weitern Reingewinn mit 1/5 erhoben wird. Ursprünglich zum Ankauf der Stammaktien von preußischen Bahnen bestimmt, fließt der Ertrag dieser Steuer seit 1859 in die Staatskasse zur Deckung allgemeiner Staatsausgaben. Endlich kann auch die E. eine Aufwandsteuer sein, welche als in Prozenten bestimmter Zuschlag zum Fahrpreis (Eisenbahnbilletsteuer, Eisenbahntransportsteuer) oder als fester Satz (gewöhnlich als Stempel von Frachtkarten) erhoben wird, um diejenigen zu belasten, welche die Eisenbahn benutzen. Diese Steuer ergab in Frankreich 1877: 74 Mill. Mk., 1880 nach Beseitigung der Steuer auf den Transport mit Güterzügen 59 Mill. Mk., in England 1879-80: 15 Mill. Mk., in Rußland 1880: 3 Mill. Rubel, in Österreich (2 Proz. des Fahrpreises bis zum höchsten Satz von 25 Kreuzer) 2,8 Mill. Mk. Eine derartige indirekte Steuer gibt es in Deutschland nicht.

Eisenbahnsubventionen, s. Eisenbahn, S. 437.

Eisenbahntarife, Bestimmungen der Eisenbahnen über die Preise, welche für den Eisenbahntransport verlangt werden. Der Preis des Transports kann bei den Eisenbahnen, welche in fortlaufender, gleichmäßiger Thätigkeit eine Menge von Einzeltransporten zusammenfassen, nicht wohl, wie bei Land- und Schiffsfrachten, für jede einzelne Transportleistung durch besondere Verhandlung festgestellt werden, sondern muß in Verzeichnissen, welche eine mehr oder minder lange Gültigkeitsdauer haben, festgestellt werden. Für eine solide und gleichmäßige Ausbildung des Verkehrs sind dauernd gleichmäßige und feste Transportpreise erforderlich, da bei willkürlicher und wiederkehrenden Schwankungen unterworfener Preisstellung den auf die Benutzung der Eisenbahnen angewiesenen industriellen Unternehmungen die sichere und zuverlässige Grundlage für die geschäftlichen Kombinationen benommen sein würde. Aus dem gleichen Grund ist auch eine gleichmäßige Behandlung aller Versender in Bezug auf die Entrichtung der Transportpreise notwendig. Bevorzugungen einzelner Versender, wie sie vielfach durch geheime Refaktien, d. h. Rückvergütungen von der tarifmäßigen Normalfracht, gewährt worden sind und zum Teil, wie in den Vereinigten Staaten und andern Ländern mit konkurrierenden Privatbahnen, noch im Gebrauch sind, werden daher mit Recht von den Regierungen bekämpft.

Die Bemessung der Tarifsätze ist einerseits abhängig von den Bestimmungen, welche der Staat in Gesetzen oder Konzessionen über das Tarifwesen getroffen hat, anderseits von den Grundsätzen, nach welchen die Verwaltungen der Bahnen innerhalb der ihnen zustehenden Tariffreiheit handeln (Tarifpolitik des Staats und Tarifpolitik der Eisenbahnen). Die Behandlung des Tarifwesens seitens des Staats ist in den einzelnen Ländern sehr verschieden. In einigen Staaten, z. B. in England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, hat sich der Staat begnügt, bei der Anlage jeder Bahn bestimmte Tarife aufzustellen, deren Sätze die Bahn nicht überschreiten darf, während sie im übrigen in ihrer Preisstellung nicht beschränkt ist (Maximaltarife). In andern Staaten dürfen Tarifänderungen im allgemeinen nur mit Genehmigung der Regierung vorgenommen werden, und nur die Einführung von Tarifermäßigungen mit einem beschränkten Rechte der Wiedererhöhung auf die vorher bestandenen Sätze steht den Bahnen selbständig zu; so in Preußen, Rußland, Frankreich etc. Einzelne Staaten, wie Italien, Belgien und die Niederlande, haben sich dagegen die Festsetzung der von den Bahnen zu berechnenden Tarifsätze überhaupt vorbehalten. Fast in allen Staaten endlich steht den Regierungen das Recht zu, in einem gewissen Umfang Tarifermäßigungen zu fordern, sobald der Reinertrag des Bahnunternehmens in einem Jahr eine bestimmte Grenze, meist 10 Proz. des Anlagekapitals, übersteigt; und ebenso ist fast überall die Anwendung geringerer Tarifsätze für die Beförderung von Mitgliedern der Land- und Seemacht vorgesehen. Die Frage, inwieweit der Staat die Preisstellung der Eisenbahnen zu beeinflussen oder freizugeben hat, damit die für die wirtschaftliche Entwickelung des Landes förderlichen Tarife hergestellt werden, steht in enger Verbindung mit der Frage, in welcher Weise der Staat das Eisenbahnwesen überhaupt zu behandeln hat (s. Eisenbahnpolitik).

Die Konkurrenz, welche im freien wirtschaftlichen Verkehr die Preise aller Güter und Leistungen regelt, muß im Eisenbahnwesen so lange eine nur beschränkte Wirkung ausüben, als bloß Schienenwege mit Schienenwegen konkurrieren, welche sich durch Fusionen und Verbände (s. Eisenbahn, S. 442, u. Eisenbahnfusion) über die Transportpreise einigen und den Verkehr monopolisieren können, und so lange, als bei den großen Kapitalaufwendungen, welche die Anlage einer Bahn erfordert, in vielen Gegenden Bahnen ohne direkte Konkurrenz andrer Bahnen bleiben werden. Anderseits stehen aber die Staats- wie Privatbahnen mit dem Angebot ihrer Transportleistungen mitten im freien wirtschaftlichen Verkehr und sind darum, wenn sie eine genügende Ausnutzung ihrer Anlagen und ihrer Betriebsmittel erzielen wollen, gezwungen, ihre Preise so zu stellen, daß sie den hiernach erforderlichen Verkehr wirklich erhalten, während die Selbstkosten, wie für alle geschäftlichen Unternehmungen, die unterste Grenze der Preisstellung bilden.

Nach den Transportgegenständen unterscheidet man Personentarife und Gütertarife. Die Personentarife werden nach Kilometern berechnet, wobei Wagenklasse und Schnelligkeit die Höhe des Preises bedingen. Die höchsten Personengeldtarife Europas finden sich in Großbritannien (8-12,8 Pf. für das Kilometer bei den Personenzügen in I. Klasse, 7,1-9,1. Pf. II. Kl., 4,8-5,1 Pf. III. Kl.) sowie in Frankreich (10 Pf. für das Kilometer I. Kl., 7,4 Pf. II. Kl., 5,4 Pf. III. Kl.); nur um durchschnittlich ½ Pf. für das Kilometer niedriger sind die Tarife in Österreich-Ungarn; die niedrigsten Tarife haben Belgien und