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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Erek - Erfahrung.

rinthos und enthält Überreste eines vom Kaiser Severus errichteten Amphitheaters. In der Bai von E. siegte 20. Mai 1829 die türkische Flotte über vier russische Schiffe. -

2) (Bender Eregli) Stadt im türk. Wilajet Kastamuni in Kleinasien, am Schwarzen Meer, hat einen Hafen, Handel mit Bauholz, Seide, Wachs, Tabak, Eisen und 3-4000 Einw.; in der Nähe große Kohlenlager; früher Heraklea Pontica.

Erek, ein Held der mittelalterlichen Ritterpoesie, Ritter der Tafelrunde, dessen Schicksale in dem gleichnamigen Gedicht von Hartmann von Aue dargestellt werben. E. hat die schöne Enite zur Frau genommen und verliegt sich, d. h. versäumt ritterliche Abenteuer. Enite trauert darüber. Als E. den Grund erfährt, zieht er auf Fahrten aus und nimmt Enite mit sich, verbietet ihr jedoch, ihn vor Gefahren zu warnen, was sie dessenungeachtet immer thut, wofür sie hart behandelt wird. Nach vielen Abenteuern tritt er seines Vaters Reich an und verliegt sich nun nicht wieder.

Erektil (neulat.), aufrichtbar, anschwellend; erektile Geschwulst, s. Feuermal.

Erektion (lat.), Anschwellung mancher Gewebe des tierischen Körpers, namentlich der sogen. Schwellkörper der männlichen und weiblichen Geschlechtswerkzeuge. Die E. beruht auf einer eigentümlichen Einrichtung des sehr reich entwickelten Blutgefäßapparats in den betreffenden Geweben, welcher ein weitverzweigtes kommunizierendes Höhlensystem darstellt. Die E. tritt ein, sobald alle Blutgefäße strotzend mit Blut gefüllt werden, und hört auf, sobald die Blutgefäße ihres Inhalts sich entledigen. Die periodische Anhäufung des Bluts in den Geweben als nächste Ursache der E. wird ihrerseits wieder bedingt durch den Einfluß gefäßerweiternder Nerven. Die Schwellkörper des männlichen Gliedes enthalten für gewöhnlich nur sehr wenig Blut; reizt man aber die gefäßerweiternden Nerven (Nervi erigentes), so erweitert sich ihr Höhlensystem und füllt sich plötzlich derartig mit Blut, daß dieses auch nicht annähernd mit derselben Schnelligkeit abströmen kann, mit welcher es einströmt. Hierdurch schwellen die Teile derartig an, daß sie sich fest anfühlen. Das nervöse Zentralorgan für die genannten Nerven liegt im Lendenmark. Mit dem Eintritt der ursprünglichen Innervationsverhältnisse an den Gefäßnerven geht der vorher angeschwollene Teil wieder in den Zustand der Schlaffheit zurück, d. h. er entledigt sich seiner Blutmasse.

Eremitage (spr. -ahsche, franz. [h]ermitage), Einsiedelei, im vorigen Jahrhundert häufige Gartenverzierung. Man errichtete an einem einsamen, waldigen Ort eine mit Baumrinde und Stroh einfach bekleidete Hütte, welche die Wohnung eines Eremiten darstellen sollte; kleine Kapelle, Glöckchen und dergleichen Spielereien durften dabei nicht fehlen (s. Baireuth). Auch ist E. Name des kaiserlichen, von Klenze 1840-52 erbauten Palastes in Petersburg, in welchem sich die kaiserlichen Kunstsammlungen, insbesondere die an niederländischen Gemälden äußerst reichhaltige Galerie, befinden.

Eremitage, franz. Rotwein, s. Hermitage.

Eremiten (griech., "Einsiedler") hießen im Gegensatz zu den Anachoreten (s. d.) späterhin diejenigen, welche ihren religiösen Übungen und Betrachtungen ganz einsam in Wäldern oder Einöden oblagen. Daher Eremitismus, Einsiedlertum, Eremitenleben.

Eremitenkrebse, s. v. w. Einsiedlerkrebse.

Eremit von Gauting, s. Hallberg-Broich.

Eremoblasten (griech.), Pflanzenzellen, die sich früher oder später aus dem Verband mit andern Zellen lösen, wie Pollenkörner und Pilzsporen.

Eremodicium (griech.), Versäumnis eines gerichtlichen Termins, das Versitzen einer Rechtssache von seiten des Klägers.

Erepticia bona (Ereptoria bona, lat.), Güter, welche erblos sind, weil der Erbe aus gesetzlichen Gründen, besonders wegen unerlaubter Handlungen etc., sie als erbunwürdig nicht erwerben kann; sie fallen entweder anderweitigen Miterben oder in Ermangelung solcher dem Staat anheim.

Ereption (lat.), Raub, Entreißung.

Eresburg (Heresburg), die alte Grenzfeste der Sachsen gegen die Einfälle der Franken im sächsischen Hessengau des Landes Engern, auf einer Berghöhe an der obern Diemel. Karl d. Gr. begann 772 die Sachsenkriege mit der Eroberung der E. und der Zerstörung der unweit derselben befindlichen Irmensäule und errichtete daselbst eine Kapelle, die aber 774 von den Sachsen zerstört wurde. Nachdem Karl die Feste 775 wiederhergestellt hatte, weihte Papst Leo III. 799 hier die Kirche des heil. Petrus, in der 938 Thankmar, König Ottos I. aufrührerischer Bruder, erschlagen wurde. An ihrer Stelle liegt jetzt Marsberg (Stadtberge) im preußischen Regierungsbezirk Arnsberg.

Erethismus (griech.), Reizbarkeit, derjenige Zustand des Organismus und einzelner Teile desselben, der bei einwirkenden Reizen stärkere oder größere Reaktionen bedingt als im Normalzustand. Im erethistischen Stadium mancher Fieber reagieren die Kranken auf die geringfügigsten Reize durch Zuckungen, Phantasieren etc., während sich umgekehrt das torpide Stadium durch schwere Erregbarkeit, Betäubung charakterisiert; vgl. Reizbarkeit.

Eretria, alte ionische, besonders im 6. Jahrh. v. Chr. durch Schiffahrt und Handel blühende Stadt auf der Südwestküste von Euböa, legte in Gemeinschaft mit dem nahen Chalkis in Thrakien und Italien zahlreiche Kolonien an, geriet dann aber mit demselben in einen langen Kampf um die reichste Ebene der Insel Euböa, das Lelantische Gefilde, welches schließlich an Chalkis fiel, wurde 490 v. Chr. von den Persern zerstört, weil sie den Aufstand der Ionier unterstützt hatte, aber mit Hilfe Athens wieder aufgebaut, erreichte indessen ihre vormalige Blüte nicht wieder. Die Einwohner hatten die Eigentümlichkeit, daß sie statt eines s ein r, besonders am Ende der Wörter, zu gebrauchen pflegten (Rhotazismus), weshalb sie in Athen zur Zielscheibe des Spottes dienten. Der Philosoph Menedemos (352-278) gründete hier eine philosophische Schule, die eretrische genannt, die jedoch nur eine Fortsetzung der elischen Schule war. Jetzt Nea Eretria, ein wegen der sumpfigen Umgebung ungesundes Städtchen.

Eretrische Schule, s. Elische Schule.

Erfahrung, Bezeichnung sowohl für einzelne auf sinnlicher Wahrnehmung oder Empfindung oder auf Beobachtung des innern Lebens beruhende Erkenntnisse: eine E., als für die Gesamtheit derartiger Erkenntnisse: die E. Die E., welche für das praktische Leben oder für die Wissenschaft von Bedeutung und Wert sein soll, ist weder bloß die Summe der alltäglichen Erfahrungen, wie sie jeder ohne Mühe machen kann, noch besteht sie in dem Erlebthaben irgend welcher ungewöhnlichen innern oder äußern Fakta (viele Menschen erfahren gar manches, ohne E. zu machen), sondern wird gewonnen, wenn man zum vollen Verständnis dessen gelangt, was man erfährt, von da zu Beobachtungen und Versuchen fortschreitet, über die hierdurch gewonnenen Ergebnisse weiter nachdenkt, sie miteinander vergleicht und prüfend gegeneinander abwägt. Auch darf man nicht bei den selbst-^[folgende Seite]