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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Erigĕron; Erigĕronöl; Erigieren; Erigŏne; Erik; Erika; Erin; Erinacĕus; Erinĕum; Ering; Eringerthal; Erinīt; Erinna; Erinnerung; Erinnerungsschwäche

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Erigeron - Erinnerungsschwäche

877 in Frankreich gestorben, oder er folgte, in Frankreich wegen ketzerischer Ansichten über Abendmahl und Prädestination angefeindet, einer Einladung Alfreds d. Gr. nach England, lehrte einige Jahre zu Oxford und starb 882 als Abt zu Malmesbury, von seinen der Wissenschaft mißtrauenden Mönchen erstochen. E. besaß eine damals seltene Kenntnis der griech. Sprache und übersetzte und kommentierte die Schriften des Dionysius Areopagita (s. d.), die durch ihn dem Abendlande zuerst zugänglich und die Grundlage der mittelalterlichen Mystik wurden. In den dogmatischen Kämpfen seiner Zeit stand er im Abendmahlsstreit auf der Seite des Ratramnus (s. d.), da er im Sakrament nur ein Andenken an das Leiden Christi und ein Zeichen des allgegenwärtigen Gottes sah; im Prädestinationsstreit Gottschalks (s. d.) nahm er in seiner Schrift «De praedestinatione» eine eigenartige Mittelstellung ein, indem er die Einheit der göttlichen Beschlüsse nebst der vollen menschlichen Freiheit verteidigte. Die eigene Ansicht E.s enthält sein Hauptwerk: «De divisione naturae» (hg. von Gale, Oxf. 1681; Schlüter, Münst. 1838; deutsch von Noack, in der «Philos. Bibliothek», Berl. 1874). Auf dem Grunde neuplatonischer Spekulation fortbauend, betrachtet er Theologie und Philosophie als wesentlich identisch, die Welt als eine Offenbarung des allein wahrhaft seienden Gottes nach verschiedenen Stufen der Entwicklung, den Gottmenschen als den Wendepunkt, wo der von Gott ausgehende Prozeß der Weltentwicklung wieder zu ihm zurückkehrt. E. ist der Begründer der Religionsphilosophie des Abendlandes und steht so hoch über seiner Zeit, daß erst spätere Jahrhunderte die von ihm ausgehende Bewegung verwerten und zugleich das Ketzerische einiger Lehren erkennen konnten. Honorius Ⅲ. verordnete 1225, daß sein Hauptwerk überall aufgesucht und verbrannt werde. Gesamtausgabe der Werke von Floß (in Mignes «Patrologia», Bd. 122, Par. 1853). – Vgl. Staudenmaier, J. S. E. und die Wissenschaften seiner Zeit (Frankf. a. M. 1834); Taillandier, Scot Érigène et la philosophie scolastique (Straßb. 1843); Nik. Möller, J. S. E. und seine Irrtümer (Mainz 1844); Christlieb, Leben und Lehre des Scotus E. (Gotha 1860); Huber, J. S. E., ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie und Theologie im Mittelalter (Münch. 1861); Kaulich, Das spekulative System des Scotus E. (Prag 1860); F. J. Hoffmann, Der Gottes- und Schöpfungsbegriff des J. S. E. (Jena 1876); Buchwald, Der Logosbegriff des J. S. E. (Lpz. 1884).

Erigĕron L., Pflanzengattung aus der Familie der Kompositen (s. d.); man kennt gegen 100 Arten, die in den gemäßigten Zonen sowie in den Gebirgsgegenden der Tropen eine ausgedehnte Verbreitung besitzen. Es sind einjährige ausdauernde Gewächse von sehr verschiedenartigem Habitus. Die gemeinste europ. Art ist das Beruf- oder Flohkraut (E. acris L.), ein zweijähriges Kraut mit aufrechtem Stengel und kleinen, trugdoldig angeordneten Blütenkörbchen, deren rötlich-lilafarbene Strahlblümchen nach unten umgerollt sind. Diese Pflanze wächst fast überall an trocknen Ackerrainen, auf grasigen, steinigen Hügeln u. s. w. und gilt unter dem Volke als heilkräftig. Eine einjährige, ursprünglich amerik. Art, E. canadensis L., mit kleinen, gelblichweißen Blütenkörbchen, ist schon vor langer Zeit in Europa eingewandert und auf Sandboden ein oft sehr lästiges Unkraut. Mehrere Arten haben wegen ihrer Schönheit in den Gärten Aufnahme gefunden. Zu dieser gehören vorzugsweise: E. speciousum Dcc., aus Kalifornien, mit hellblauen, E. glabellum Nutt., aus Nordamerika, mit blaßvioletten Strahlenblüten und gelber Scheibe sowie das in neuerer Zeit eingeführte E. aurantiacum Rgl. mit dunkel orangeroten Blüten.

Erigĕronöl, das ätherische Öl von Erigeron canadensis L., in Nordamerika als blutstillendes Mittel benutzt, besteht zum größten Teile aus rechtsdrehendem Limonen.

Erigieren (lat.), auf-, emporrichten, erheben; erigībel, aufrichtbar.

Erigŏne, Tochter des Ikarios (s. d.). – E. heißt auch der 163. Planetoid.

Erik, s. Erich.

Erika, s. Erica; Erikaceen, s. Ericaceen.

Erin, der alte kelt. Name von Irland.

Erinacĕus (lat.), der Igel.

Erinĕum Pers., s. Filzkrankheit der Blätter.

Ering, Bezirk im schweiz. Kanton Wallis, s. Hérens.

Eringerthal, Hochthal in der Schweiz, s. Hérens (Val d’).

Erinīt (von Erin, Irland), Name für zwei ganz verschiedene Mineralien. Das von Haidinger so genannte ist smaragdgrün, von nierenförmiger Gestalt mit konzentrisch schaliger Zusammensetzung und chemisch das wasserhaltige arsensaure Kupferoxyd 5 CuO, As2O5 + 2 H2O ^[5 CuO, As<sub>2</sub>O<sub>5</sub> + 2 H<sub>2</sub>O]; es findet sich nicht, wie ursprünglich angegeben, zu Limerick in Irland, sondern in Cornwall, daher der Name E. überhaupt hierfür nicht mehr passend ist. – Thomsons E. ist ein rotes, bolus- oder steinmarkähnliches Mineral, ein wasserhaltiges Thonerdesilikat mit 6,4prozentigem Eisenoxyd, aus den Klüften der Basaltberge von Antrim in Irland.

Erinna, griech. Dichterin, war nach einer Angabe, die am meisten Zustimmung gefunden hat, eine Zeitgenossin der Sappho (s. d.). Nach einer andern Angabe lebte sie um 350, nach einer dritten, die berichtet, daß Naukydes eine Bildsäule von ihr fertigte, um 400 v. Chr. Sie soll nur 19 J. alt geworden sein. Erhalten sind von ihr nur fünf Verse von den 300 des Gedichts «Die Spindel», außerdem unter ihrem Namen drei Epigramme, die jedoch nicht vor dem 4. Jahrh. verfaßt sind. Vielleicht lebten zwei Dichterinnen dieses Namens. Die Fragmente sind in Bergks «Poetae lyrici graeci» (4. Aufl., Tl. 3, Lpz. 1882) gesammelt und von Fr. W. Richter («Sappho und E.», Quedlinb. 1833) ins Deutsche übertragen worden.

Erinnerung, s. Gedächtnis.

Erinnerungsschwäche, eine Form der Amnesie (s. d.). Die E. beruht entweder darauf, daß der Gedächtnisinhalt infolge von Vernichtung der organischen Grundlage im Hirn bleibend verloren gegangen ist, oder darauf, daß irgendwelche Einflüsse die Rückkehr im Gedächtnis noch aufbewahrter Eindrücke ins Bewußtsein hemmen. Letztere Form findet sich vorübergehend schon bei geringern Störungen des Selbstbewußtseins (Angst, Verlegenheit), desgleichen bei allen tiefern, die mit Gedächtnisschwäche im engern Sinne verbunden sind; erstere ist Kennzeichen zahlreicher ausgebreiteter Krankheiten des Gehirns, besonders seiner grauen Rindenschicht. Die E. erstreckt sich in beiden Fällen entweder nur auf einen Teil der gesammelten Erfahrungen (Amnesia partialis) oder auf alle (Amnesia totalis). Die erstere zeigt sich entweder als Unfähigkeit, einzelne Eindrücke aus allen möglichen geistigen und