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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Erzgebirgische Eisenbahn; Erzguß; Erzherzog; Erzherzogshut; Erzieher; Erzieherin; Erziehung

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Erzgebirgische Eisenbahn – Erziehung

es sich, daß trotz der geringen Ertragsfähigkeit des Bodens die Bevölkerung, wenigstens des sächs. Teiles, zu den dichtesten (207 auf 1 qkm), allerdings auch zu den ärmsten Deutschlands gehört. Auf der böhm. Seite dagegen sind die Bewohner vielfach genötigt, auswärts ihr Brot zu suchen (Musikbanden, Harfenistinnen, hauptsächlich aus dem böhm. Bezirk Preßnitz). Besiedelt wurde das E. von Kolonisten aus Thüringen und Ostfranken, deren Mischmundart jetzt mehr und mehr der meißnischen weicht. (S. Deutsche Mundarten, Bd. 5, S. 32 b.) Infolge der Niederlassung von Bergleuten des E. im Oberharz, zwischen 1520 und 1620, hat sich ihre Mundart dort inmitten niederdeutscher Bevölkerung bis heute erhalten. Das E. wird, seit ein Erzgebirgsverein thätig ist, in neuerer Zeit auch gern von Touristen besucht. – Vgl. Berlet, Wegweiser durch das sächs.-böhmische E. (7. Aufl., Annab. 1893); Moser, Reisehandbuch für das sächsische E. und das Vogtland (Lpz. 1882); Weymann, Führer durch das böhmische E. (Karlsb. 1881); J. Burgkhardt, Das E., eine orometrisch-anthropogeogr. Studie; H. Schurtz, Die Pässe des E. (beide in den «Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde», Stuttg. 1888 u. 1890); Hardenberg, Das E. Praktisches Reisehandbuch für den Touristen (Dresd. 1888); von Süßmilch, gen. Hörnig, Das E. in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart (Annab. 1889); Grohmann, Das Obererzgebirge in Sage und Geschichte (ebd. 1892); Kohlschmidt, Sächsisches E. (Schwarzenb. 1893); Karte von Gaebler (1 : 125000, östl. Blatt, Chemn. 1892). – Über das Ungarische und Siebenbürgische E. s. Karpaten.

Erzgebirgische Eisenbahn, von Riesa nach Chemnitz, 1847 von Riesa nach Limmritz (29 km) seitens der Erzgebirgischen Eisenbahngesellschaft eröffnet, Ende 1850 vom sächs. Staate erworben und der Königlich Sächs. Staats-Eisenbahndirektion zu Döbeln (später Chemnitz) unterstellt; später nach Chemnitz (1852) und Zwickau (1858) fortgesetzt (64,7 km), mit der Abzweigung Schönbörnchen-Meerane-Gößnitz (12,2 km); hiernach erhielt die ganze Anlage die Bezeichnung «Niedererzgebirgische Staatseisenbahn».

Erzguß, diejenige Operation, mittels deren aus den als Erz bezeichneten Mischungsmetallen oder Legierungen (Bronze, Stahlbronze, Kanonen- und Glockenmetall u. s. w.) durch Gießen im flüssigen Zustande in Formen die betreffenden Gegenstände (Statuen, Kanonen, Glocken u. s. w.) hergestellt werden. (S. Metallgießerei und Bildgießerei.)

Erzherzog (Archidux), Titel der Prinzen des Hauses Österreich wegen ihrer angeblich von Kaiser Friedrich Ⅰ. 1156 ausgesprochenen Gleichstellung mit den Kurfürsten, die als Verwalter von Erzämtern (s. d.) auch Erzfürsten hießen. Allgemeine Anerkennung fand der Titel erst 1453 auf Anordnung Kaiser Friedrichs Ⅲ.

Erzherzogshut, Erzherzogskrone. Die Sonderbenennung der Prinzen des österr. Kaiserhauses als Erzherzöge hat auch zur Schaffung einer eigenen Erzherzogskrone von eigentümlicher Form geführt, einem Mittelding zwischen Fürstenhut und Krone. (S. Tafel: Kronen Ⅰ, Fig. 13.)

Erzieher, im weitern Sinne jeder, der die Erziehung (s. d.) eines unerwachsenen Menschen leitet; im engern Sinne soviel wie Hauslehrer (s. d.).

Erzieherin, Helferin oder Vertreterin der Mutter bei Erziehung der Kinder, meistens auch mit dem Unterricht betraut, während die sog. Kindergärtnerinnen und Bonnen nur die körperliche Pflege und Beaufsichtigung jüngerer Kinder zu führen, oder falls sie Ausländerinnen sind, ihre Muttersprache zu lehren haben. Die E. haben meistens eine pädagogische und wissenschaftliche Vorbildung genossen und eine Lehrerinnenprüfung bestanden. Sie beanspruchen daher auch eine ihrer Bildung und der Wichtigkeit ihrer Aufgabe entsprechende Stellung, worüber in verschiedenen Ländern gesetzliche Bestimmungen bestehen. Deutsche E. gehen vielfach ins Ausland. Um diesen, falls sie in bedrängte Lage kommen, vorübergehende Aufnahme sowie Rat und Hilfe zu gewähren, bestehen in den größeren Städten des Auslandes, wie in London und Paris, Heimstätten für E. (S. Lehrerinnen.)

Erziehung, im allgemeinen jede Einwirkung auf unmündige Menschen, wodurch dieselben angeregt und in den Stand gesetzt werden, sich auf die Stufe der Mündigkeit zu erheben. Diese Einwirkung kann eine zufällige, unbewußte oder eine absichtliche, zielbewußte, planmäßige sein. Unabsichtliche Einwirkungen erfährt das Kind z. B. durch die Sprache, die es sich nach und nach aneignet, durch das Leben überhaupt, das es in verschiedenfacher Beziehung mit dem Volks- und Zeitgeiste in Berührung bringt, durch die äußern Verhältnisse, in denen es aufwächst, durch den besondern Umgang, durch Schicksale, durch die Natur, insbesondere durch die natürliche Beschaffenheit der Landschaft, u. s. w. Im engern Sinne hat man jedoch unter E. nicht diese, sondern eine planmäßige Einwirkung Erwachsener zur Erreichung des genannten Zieles zu verstehen. Da die Entwicklung des Menschen eigenen innern Gesetzen folgt und von den besondern Anlagen der Zöglinge abhängig ist, so wird der Erzieher seine Aufgabe hauptsächlich darin zu sehen haben, dieselbe anzuregen, zu unterstützen, vor Störungen zu bewahren und in der rechten Richtung zu erhalten. Die Stufe der Mündigkeit ist erreicht, wenn der Zögling in den Stand gesetzt ist und es als seine Aufgabe erkennt, fernerhin sein eigener Erzieher zu sein. Die E. hat sowohl die geistige wie die körperliche Ausbildung des Menschen zu betreiben. Auch die Ausbildung für einen bestimmten Beruf hat die E. zur rechten Zeit zu berücksichtigen; aber immer kommt es darauf an, daß dabei zugleich die Ausbildung der sittlichen Persönlichkeit, des sittlichen Charakters des Zöglings im allgemeinen wie in Beziehung auf die besondere Berufssphäre unabhängig weiter gefördert wird. Erfordernis für eine gute E. ist die auf vielfache Beobachtung, nicht bloß auf die Theorie, gegründete genaue Kenntnis des Entwicklungsganges und der Entwicklungsgesetze des menschlichen Geistes und Körpers von seiten des Erziehers sowie die Kenntnis der Mittel, welche anzuwenden sind, um die Entwicklung in rechter Weise anzuregen, zu unterstützen und in der rechten Richtung zu erhalten. Die Einwirkung des Erziehers auf den Zögling ist teils eine indirekte, regulierende, den verschiedenen Eindrücken und Einflüssen gegenüber, welchen letzterer ausgesetzt ist, teils eine direkte durch seine ganze Persönlichkeit, insbesondere durch Belehrung und Unterricht (s. Unterrichtswesen) und durch Pflege, Gewöhnung und Zucht (s. Schulzucht). Die Gesetze und Regeln für die Thätigkeit des Erziehers werden in der Erziehungslehre oder Pädagogik (s. d.) dargestellt. Die nächste Stätte der E. ist naturgemäß das