Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

945

Evakuieren - Evangelische Allianz.

dem Bedarf nicht mehr genügen, liegt es den Krankentransportkommissionen ob, aus Wagen, die der Chef des Feldeisenbahnwesens zur Verfügung stellt, Hilfslazarettzüge an Ort und Stelle einzurichten. Lazarett- und Hilfslazarettzüge bilden zusammen den Begriff der Sanitätszüge. Ihnen gegenüber stehen die Krankenzüge, bestimmt zum Transport der Leichtverwundeten und aller derjenigen, deren Zustand eine längere Fahrt in sitzender Stellung gestattet. Die freiwillige Krankenpflege ist hier zu besonderer Mitwirkung berufen, namentlich liegt derselben die Gestellung des Begleitpersonals ob. Ausnahmsweise darf dieselbe auch auf Antrag des kaiserlichen Kommissars Lazarettzüge aus eignen Mitteln errichten. - Die Vorschriften über die E. sind enthalten in der Kriegssanitätsordnung vom 10. Jan. 1878, § 130 ff., und in den Beilagen 42-46.

Evakuieren (lat.), entleeren, räumen.

Evaleszieren (lat.), stärker werden, zunehmen.

Evalvation (lat.), Schätzung, Wertbestimmung, insbesondere die Bestimmung des Geldwertes von Sachen, dann von fremden Münzen in amtlichen Tarifen. Evalvieren (valvieren), abschätzen.

Evan, s. Evoe.

Evander (griech. Euandros, "Gutmann"), ein Heros der Latiner, Sohn des arkadischen Königs Echemos und der Timandra oder des Hermes und der Nymphe Carmenta (s. d.). Er soll 60 Jahre vor Trojas Zerstörung eine pelasgische Kolonie aus Pallantion in Arkadien nach Latium geführt und am linken Ufer des Tiber eine Stadt gebaut haben, die er nach seiner Vaterstadt Palatium nannte, und von welcher der palatinische Hügel seinen Namen empfing, nachdem ihm der damalige König Faunus ein Stück Land dazu eingeräumt hatte. Er führte die Buchstabenschrift, Musik und andre Friedenskünste ein sowie den Kultus der Ceres, des Neptunus Consus und des lykäischen Pan und stiftete zu Ehren des letztern das Fest der Luperkalien. Den Äneas nahm er freundlich bei sich auf und schickte ihm in dem Kriege gegen die Rutuler 400 Reiter zu Hilfe unter seinem Sohn Pallas, der in diesem Krieg von der Hand des Turnus seinen Tod fand. Die Römer verehrten E. unter den einheimischen Heroen (indigetes), und noch Dionysios will seinen Altar am Fuß des Aventinischen Bergs gesehen haben.

Evaneszieren (lat.), hin-, verschwinden; Evaneszénz, das Hinschwinden.

Evangeliarium (griech., Evangelienbuch), in der alten Kirche Name eines Buches, welches die zum öffentlichen Vorlesen bestimmten Evangelien enthielt. Man stattete diese Bücher mit besonderer Pracht aus. Auch bei Synoden, bei Eidesleistungen, bei Krönungen und Bischofsweihen, ferner als Beschwörungsmittel bei Feuersbrünsten etc. kommt das E. vor. Evangelistarium nennt die griechische Kirche den nach Sonntagen angelegten Index dazu oder aber auch die Zusammenstellung der zum Vorlesen bestimmten Auswahl evangelischer Abschnitte.

Evangelical Friends (engl., spr. iwandschéllikäl frennds), s. Quäker.

Evangelienharmonie, Zusammenarbeitung der vier Evangelien in eine zusammenhängende Darstellung unter möglichster Wahrung des gesamten Textbestandes und ohne Zuthaten des Bearbeiters. Das erste Werk dieser Art lieferte in griechischer Sprache um 170 Tatian in seinem "Diatessaron" (d. h. durch vier), welches besonders in syrischen Gemeinden stark verbreitet und noch um die Mitte des 4. Jahrh. in Edessa beim Gottesdienst im Gebrauch war, aber später als ketzerisch verdammt wurde, so daß der Bischof Theodoret um 400 in seinem Sprengel alle Exemplare konfiszieren und vernichten ließ. So ging das "Diatessaron" verloren, doch kennen wir den Inhalt desselben zum größten Teil aus einem vom heil. Ephräm (s. d.) dazu verfaßten Kommentar. Es begann mit den Anfangsworten des Evangeliums Johannis und scheint mit dem Texte der Evangelien ziemlich frei umgegangen zu sein. Ein zweites "Diatessaron" bearbeitete Ammonius von Alexandria im 3. Jahrh., indem er das Evangelium des Matthäus zu Grunde legte und auf die andern Evangelien durch Randbemerkungen verwies. Es war gleichfalls in griechischer Sprache abgefaßt. Von deutschen Bearbeitungen der Evangelien ist die älteste der "Deutsche Tatian", eine althochdeutsche Übersetzung von Tatians "Diatessaron", das in lateinischer, aber stark veränderter Ausgabe 544 von Viktor von Capua erschienen war. Dieser deutsche Tatian wurde neuerdings (Paderb. 1874) von Sievers herausgegeben. Vgl. Zahn, Tatians Diatessaron (Erlang. 1881). Selbständige harmonistische Arbeiten in deutscher Sprache sind der "Krist" des Mönchs Otfried zu Weißenburg und der "Heliand", beide aus dem 9. Jahrh. Augustin gab für derartige Bemühungen eine wissenschaftliche Direktive in seinem Werk "De consensu evangelistarum". Bestimmtere Grundsätze strebte man seit der Reformation an (Calvin, Chemnitz, Osiander u. a.). Damals wurde auch zuerst die Bezeichnung E. (harmonia evangelica) gebraucht und zwar für die von Martin Chemnitz begonnene und von Joh. Gerhard vollendete Bearbeitung der vier Evangelien. Eine Zusammenstellung des griechischen Textes der vier Evangelien zu wissenschaftlichen Zwecken wird von neuern Theologen Synopsis (s. d.) genannt.

Evangelienpult, ursprünglich auf der Brüstung des Predigtstuhls, dann auf der Brüstung des Lettners in den christlichen Kirchen befindliches Pult, von welchem die Evangelien vorgelesen wurden; s. Adlerpult.

Evangelienseite (Brotseite), anfangs, als noch der Hauptaltar im Westen der christlichen Kirche stand, die südliche, später, nachdem derselbe an die Ostseite verlegt war, die nördliche Seite des Altars. Hier stand das Brot zum Abendmahl.

Evangelisch, das, was dem Evangelium gemäß ist; danach ist Evangelische die ursprüngliche Bezeichnung für alle Protestanten, die Lutheraner wie Reformierten, weil sie ihre Glaubenssätze nur aus dem Evangelium im weitern Sinn, d. h. der Bibel, nicht, wie die katholische Kirche, auch aus der Tradition ableiten. Der Name evangelische Kirche wurde seit der Reformation offiziell auf alle protestantischen Landeskirchen angewandt, erst in der neuesten Zeit hat man vorzugsweise die unierte Kirche (s. Union) so bezeichnet im Gegensatz zu den altlutherischen und reformierten Kirchen. Aber auch innerhalb der unierten Kirche nehmen die Anhänger der modernen orthodox-pietistischen Richtung, weil sie an der unbedingten Autorität der biblischen Urkunden, als dem lautern Evangelium, buchstäblich festhalten wollen, den Titel Evangelische für sich allein in Anspruch, ein Recht, das ihnen allerdings mit Rücksicht auf ihre Ausdeutung der Lehre Jesu von der freiern Richtung entschieden bestritten wird.

Evangelische Allianz (Evangelischer Bund, Evangelical Alliance), eine Vereinigung der einzelnen protestantischen Kirchen und Sekten, namentlich in Großbritannien und Nordamerika, zur Förderung der protestantischen Sache und zur Abwehr der rö-^[folgende Seite]