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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Excentricität; Excentrik; Excentrisch; Excentrische Geschosse; Excentrische Scheibe; Exceptio

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Excentricität – Exceptio

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Excenter'

rungsschieber, wobei die Schieberstange durch ein besonderes Führungsstück oder bei kleinen Maschinen nur durch die Stopfbüchse des Schieberkastens gerade geführt wird, und für den Betrieb der Speisepumpen, bei welchem das Ende der Excenterstange direkt und drehbar mit dem Pumpenkolben (Plunger) verbunden ist.

Excentricität, in der Mathematik bei einem Kegelschnitt der Abstand eines Brennpunktes vom Mittelpunkt (lineare E.); im Gegensatz zur linearen E. bezeichnet als numerische E. jenen Abstand, dividiert durch die halbe Hauptachse. – In der Psychologie ist E. Bezeichnung der Gedanken oder Handlungen, die auf den Mangel eines einheitlichen, das Denken und Handeln stetig beherrschenden und nach vernunftgemäßen Begriffen regulierenden geistigen Kerns der Persönlichkeit hinweisen und dabei den Eindruck des überspannten und Phantastischen gewähren.

Excéntrik, soviel wie Excenter (s. d.).

Excentrisch (neulat.) heißen in der Geometrie solche in einer Ebene liegende Kreise oder solche Kugeln, die keinen gemeinschaftlichen Mittelpunkt haben. Ein excentrischer Winkel, im Gegensatz zu einem Centriwinkel, ist ein von zwei Sehnen eines Kreises, die sich nicht im Mittelpunkte desselben schneiden, gebildeter Winkel. – E. in der Ethik, s. Excentricität.

Excentrische Geschosse, eiserne Hohlkugeln mit excentrischer Schwerpunktslage, durch die man in der letzten Periode der glatten Geschütze eine regelmäßige Geschoßdrehung und erhöhte Trefffähigkeit erreichte. Die Ermittelung dieser Schwerpunktlage nannte man das Polen der Geschosse.

Excentrische Scheibe, s. Excenter.

Exceptĭo, Exception (lat.), Ausnahme, Einschränkung; in juristisch-technischer Bedeutung die Einrede (s. d.). Wenn Kläger und Beklagter im alten Rom vor dem Prätor verhandelt hatten, unterschrieb der Prätor in einer Formel den Streitfall durch eine an den Richter erteilte Anweisung. Auf heutige Verhältnisse übertragen etwa so: «Wenn es klar ist, daß A. Meyer dem C. Schulze (aus dem an dessen Order ausgestellten eigenen Wechsel vom 15. Sept. 1892 per 15. Dez. 1892) zweitausend Mark schuldet, verurteilen Sie ihn zur Zahlung von zweitausend Mark samt 6 Proz. Zinsen seit 15. Dez. 1892. Wenn es nicht klar ist, weisen Sie die Klage ab.» Die Erfordernisse der Schuld hatte, soweit sie sich unmittelbar aus dem Wechselrecht ergeben, der Richter sämtlich zu untersuchen und festzustellen, also zunächst, daß der Wechsel echt war. Dahin gehörte aber auch die Erörterung solcher vom Beklagten vor dem Richter geltend gemachten Einreden, aus denen sich ergiebt, daß gesetzlich eine Wechselschuld nicht entstanden oder erloschen sei, z. B. daß der Beklagte handlungsunfähig war, als er den Wechsel ausstellte, oder daß der Wechsel nachträglich in der Summe gefälscht sei, oder daß ihn der Beklagte dem Kläger gezahlt habe. Man faßte diese Verteidigung unter dem Ausdruck zusammen, der Beklagte schulde nicht von Rechts wegen (ipso jure). Nun ging aber der Prätor weiter, er gestattete kraft seiner Amtsgewalt dem Beklagten Einreden, von denen im Gesetz damals noch nichts stand. Das war eins der Mittel, durch welche der Prätor der Billigkeit (s. d.) die Schranken des Rechts öffnete, ähnlich wie in England und Nordamerika zwischen equity und common law unterschieden wird. ↔ Wollte sich der Beklagte auf solche durch Billigkeit gestützte Einreden berufen, so mußte er sie gegen den Anspruch strengen Rechts vor dem Prätor geltend machen. Dieser machte dann einen entsprechenden Vorbehalt in der Formel, so z. B. die berühmte E. doli (Einrede der Arglist). Dieselbe war als Ausnahme von der Anweisung zur Verurteilung gefaßt: si in ea re nihil dolo malo A. A. factum sit neque fiat (es sei denn, daß Kläger sich einer Arglist schuldig gemacht hat oder arglistig fordert). Nun würde sich der Beklagte vor dem Richter haben berufen dürfen, der Wechsel sei über eine Spielschuld ausgestellt, oder Beklagter habe keine Valuta erhalten u. dgl. Es gab eine Reihe von Geschäften, bei denen es dieser Einrückung der E. doli in die Formel nicht bedürfte, weil dieselbe von vornherein einen Zusatz erhielt, welcher jene E. mit umfaßte: Der Richter sollte zu dem verurteilen, was der Beklagte nach Treu und Glauben ex bona fide leisten müsse. Das war der Fall bei den sog. Bonae fidei-Kontrakten, z. B. dem Depositum (s. d.), Commodatum (s. d.), dem Kauf, der Miete. Heute versteht es sich von selbst bei Verträgen und Rechtsgeschäften aller Art und in allen Prozessen, daß nur zu dem zu verurteilen ist, was der Beklagte nach Treu und Glauben schuldet. Heute haben wir keine Prozeßformel mehr, der Richter urteilt nicht nach der Anweisung eines Oberbeamten, sondern nach dem Gesetz oder einer sonst gültigen Rechtsnorm. Gleichwohl zerlegen die Juristen auch noch heute die Rechtsverhältnisse in Anspruch (actio) und Gegenanspruch (exceptio). Sie reden weiter noch von replica, welche dem Kläger gegen die E. des Beklagten, und von duplica, welche dem Beklagten gegen die replica des Klägers zusteht. Das sind Hilfsmittel der jurist. Konstruktion, wie sich solcher auch andere Wissenschaften bedienen. Und diese, die korrekte Erfassung, Durchdringung und Aburteilung eines vorliegenden Rechtsfalles erleichternden Hilfsmittel sind auch nicht ohne praktische Bedeutung. Denn wenn der Grund der Ungültigkeit des erhobenen Anspruchs in einer dem Beklagten zustehenden E. liegt, so kann der Anspruch gültig werden, wenn die E. z. B. durch Anerkennung des Anspruchs, Verzicht auf die E. hinwegfällt. In ähnlicher Weise kann eine Replik oder eine Duplik hinweg fallen. Jede E. wird mittels Einrede im Sinn des heutigen Prozesses geltend gemacht, aber nicht jeder Einrede liegt eine E. im Sinne der Römer zu Grunde. Außer der E., replica und duplica doli, welche in zahlreichen Prozessen, – in Wechselprozessen auf Grund Art. 82 der Wechselordnung – noch heute verhandelt werden, spricht man z. B. von einer E. non adimpleti contractus. Bei allen gegenseitigen Verträgen, wie Kauf, Gesellschaft u. s. w. kann der Beklagte, wenn er nicht nach dem Gesetze oder der Vertragsberedung vorzuleisten hat, fordern, daß der Kläger seine Verbindlichkeit erfülle, wenn er die Erfüllung des Beklagten fordert. Dies macht der Beklagte geltend, wenn Kläger z. B. die Waren fordert, ohne den Preis bezahlt zu haben. War die Erfüllung ungenügend und hatte z. B. die gelieferte Ware Mängel, so fordert der auf den Kaufpreis belangte Beklagte vor der Zahlung bessere Erfüllung mit der E. non rite adimpleti contractus. Mit der E. divisionis beansprucht der Korrealschuldner (s. Einer für Alle) z. B. einer von mehrern Bürgen, welcher auf die

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 460.