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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Exekutionsordnung - Exemtion.

von Todesurteilen. Auch im Staatsrecht und namentlich bei sogen. zusammengesetzten Staatskörpern spricht man von E., worunter die Anwendung von Zwangsmaßregeln gegen Bundesstaaten, welche ihren Pflichten gegen den Gesamtstaat oder gegen den Staatenbund nicht nachkommen, verstanden wird. So bestand zur Zeit des vormaligen Deutschen Bundes eine besondere Exekutionskommission, welche aus den Mitgliedern der Bundesversammlung gewählt wurde, und eine besondere Exekutionsordnung regelte das in derartigen Fällen einzuschlagende Verfahren. Der letzte Beschluß in dieser Hinsicht war der Beschluß des deutschen Bundestags vom 7. Dez. 1863, daß in Holstein E. stattfinden solle, deren Ausführung dann Hannover und Sachsen übertragen wurde. Auch die Verfassungsurkunde des neuen Deutschen Reichs vom 16. April 1871 (Art. 19) enthält die Bestimmung, daß Bundesglieder, welche ihren verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht nachkommen, dazu im Weg der E. anzuhalten sind, die vom Bundesrat zu beschließen und vom Kaiser zu vollstrecken ist.

Exekutionsordnung, in prozessualischer Bedeutung der Inbegriff derjenigen rechtlichen Grundsätze, welche sich auf die gerichtliche Zwangsvollstreckung (s. d.) beziehen. Auch die Staatsgrundgesetze zusammengesetzter Staaten oder Staatenbündnisse enthalten Exekutionsordnungen, in welchen die Vorschriften über die Anwendung von Zwangsmaßregeln gegen renitente Bundesglieder enthalten sind. In letzterer Beziehung ist namentlich die E. des vormaligen Deutschen Bundes vom 3. Aug. 1820 zu erwähnen. Das Deutsche Reich hat keine solche E.; nur die Bestimmung im Art. 19 der Reichsverfassung gehört hierher (s. Exekution).

Exekutive (lat.), s. v. w. Exekutivgewalt (s. Vollziehende Gewalt); auch Bezeichnung für eine Behörde, welcher der Vollzug der Beschlüsse einer andern Behörde oder Körperschaft obliegt.

Exekutivgewalt (Potestas rectoria, franz. Pouvoir exécutif), s. v. w. Vollziehende Gewalt (s. d.).

Exekutivklage, Klage im Urkundenprozeß (s. d.).

Exekutivprozeß, im frühern gemeinen Prozeßrecht das summarische Prozeßverfahren, welches bei sofort urkundlich erweisbaren Forderungen den Gläubigern die Vorteile schleuniger Zwangsvollstreckung gewährte. Aus dem E. des gemeinen Rechts ist der nunmehrige Urkundenprozeß (s. d.) hervorgegangen.

Exekutor (lat.), Ausführer, Vollstrecker; Beamter, welchem die zwangsweise Beitreibung öffentlicher Abgaben obliegt. Exekutorisch, mittels Zwanges erfolgend, die Exekution (s. d.) betreffend. Exekutorische Urkunden, solche, auf Grund deren die sofortige Zwangsvollstreckung (s. d.) zulässig ist.

Exelmans (spr. -mang), Remy Joseph Isidore, Graf, franz. Marschall, geb. 13. Nov. 1775 zu Bar le Duc, begann 1791 seine militärische Laufbahn in einem Freiwilligenbataillon unter Oudinot, zeichnete sich 1799 im neapolitanischen Krieg unter Championnet und als Murats Adjutant im Kriege gegen Österreich 1805 aus. Nach der Schlacht von Eylau zum Brigadegeneral ernannt, folgte er Murat nach Spanien, ward aber gefangen und nach England gebracht. 1811 gelang es ihm, zu entfliehen und in einer kleinen Barke über den Kanal zu setzen, worauf er als Großstallmeister in die Dienste des Königs Murat trat. Wieder in die französische Armee eingetreten, machte er den russischen Feldzug als Befehlshaber der Gardegrenadiere mit, befehligte im Feldzug 1813 eine Division im 2. Kavalleriekorps unter Sebastiani und 1814 dieses Korps selbst. Bei der ersten Restauration zu den Bourbonen übergegangen, schloß er sich nach Napoleons Rückkehr von Elba demselben sofort an und erhielt den Oberbefehl über das 2. Armeekorps, welches, durch Thielemann bei Wavre festgehalten, an der Schlacht bei Waterloo nicht teilnahm. Doch gelang es ihm, 1. Juli bei Versailles zwei preußische Husarenregimenter zu überfallen und zu vernichten. 1816 proskribiert, lebte er in Belgien und in Nassau, bis ihm 1823 die Rückkehr nach Frankreich gestattet ward. Ludwig Philipp berief ihn 1831 in die Pairskammer, in welcher er besonders beim Prozeß Armand Carrels durch energische Erklärungen gegen die Hinrichtung Neys sich populär machte. Am 15. Aug. 1849 ward er zum Großkanzler der Ehrenlegion und 11. März 1851 von Ludwig Napoleon III., für den er sich als einer der ersten erklärt hatte, zum Marschall von Frankreich ernannt. Er starb infolge eines Sturzes mit dem Pferd bei Sèvres 22. Juni 1852. - Sein Sohn Joseph Maurice, geb. 19. April 1816, trat 1831 in die Marine, wurde 1851 Fregattenkapitän, 1864 Konteradmiral, 1874 Vizeadmiral und starb 25. Juli 1875 in Rochefort.

Exempel (lat. Exemplum), Beispiel, Muster; arithmetische Aufgabe; warnendes Beispiel (ein E. statuieren). Exempli causa oder gratia, abgekürzt e. c. oder e. g., beispielshalber, zum Beispiel; exempla illustrant, Beispiele erläutern; exempla sunt odiosa, Beispiele sind verhaßt oder gehässig, d. h. man will, um niemand zu nahe zu treten, keine Beispiele anführen; exempla docent, Beispiele belehren.

Exemplar, Muster, Vorbild; einzelner Abdruck eines Buches, Kupferstichs; einzelnes Stück einer Sammlung; exemplarisch, musterhaft; auch zum abschreckenden Beispiel dienend (z. B. exemplarische Strafe); Exemplarität, Musterhaftigkeit.

Exemplifizieren (lat.), durch Beispiele erweisen, erläutern; auf etwas als Beispiel hinweisen; Exemplifikation, Erläuterung durch Beispiele; exemplificatio documenti, beglaubigte Abschrift einer Urkunde.

Exemt (exempt), s. v. w. eximiert, s. Eximieren.

Exemtion (lat.), Ausnahme, Befreiung von einer sonst allgemein auferlegten Last (Steuer-E.); insbesondere im kanonischen Recht Befreiung von der geistlichen Jurisdiktion des Diözesanbischofs oder sonstiger ordentlicher Kirchenbeamten und Unterstellung unter einen höhern Kirchenobern oder unter den Papst selbst. Früher gab es eine Menge Klöster und Kapitel, die der ordentlichen bischöflichen Gerichtsbarkeit entzogen waren; die Universitäten genossen ebenfalls dieses Privilegium; ja, ganze Orden, z. B. die Cistercienser, Cluniacenser, Prämonstratenser etc., wurden auf diese Weise dem Papst unmittelbar unterworfen. So entstanden vielfach Prälaturen, die gar keiner Diözese mehr angehörten (praelaturae nullius dioeceseos; ja, die selbst die bischöfliche Gewalt (jus episcopale vel quasi) an sich gebracht hatten. Um die natürlich unter einem solchen Unwesen sehr in Verfall geratene Kirchendisziplin wiederherzustellen, gab das Konzil von Trient die Jurisdiktion über die Eximierten den Bischöfen wenigstens als päpstlichen Delegaten, in einigen Punkten selbst schlechthin zurück, und auch die Exemtionen der einzelnen Dignitäten und der Kapitel erlitten große Einschränkung. Einzelne exemte Bischöfe, die also unmittelbar unter dem päpstlichen Stuhl stehen, gibt es jetzt noch; solche sind der Bischof von Ermeland, der Fürstbischof von Breslau, die Bischöfe von Hildesheim und Osnabrück, der apostolische Feldvikar in Österreich, die Bischöfe von