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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Exostra - Experto credite.

Exostra (griech.), Vorrichtung im griech. Theater, durch welche den Zuschauern der Ausgang gewisser Szenen gezeigt wurde, die nicht vor den Augen derselben aufgeführt werden konnten; auch eine hölzerne Brücke, die von einem beweglichen Turm auf die Mauer einer belagerten Stadt gelassen wurde.

Exoterisch (griech., "außen stehend"), für Uneingeweihte bestimmt, gemeinfaßlich (Gegensatz: esoterisch).

Exoteromanie (griech.), Schwärmerei für Fremdes, Ausländisches.

Exotisch (grch.), ausländisch; exotische Gewächse, die aus ihrer fernen Heimat zu uns gebracht worden sind und wegen des verschiedenen Klimas entweder das ganze Jahr oder während des Winters in Gewächshäusern gezogen werden, oder, wenn sie im freien Land stehen, oft im Winter eingeschlagen oder bedeckt werden müssen; viele ertragen aber auch unser Klima so gut wie die bei uns heimischen Pflanzen.

Ex pacto et convento (lat.), nach Vertrag und Übereinkommen.

Expandieren (lat.), ausbreiten, ausdehnen; expansibel, ausdehnbar; Expansibilität, Ausdehnbarkeit; Expansion, Ausdehnung (s. d.).

Expansionsgeschosse, Geschosse, die durch eine beim Abfeuern erfolgende Ausdehnung ihres hintern Teils in die Züge gepreßt werden. Expansionshöhlung, der hohle Teil des Geschosses, in welchen die Pulvergase eintreten, oder in den sie einen festen Körper (ein eisernes Kulot beim Minié-Gewehr, einen Expansionsspiegel aus Blei und Zinn beim ältern schweizerischen Vierpfünder) hineintreiben.

Expansionsmaschine, s. Dampfmaschine, S. 462.

Expansionssteuerung, s. Dampfmaschine, S. 462.

Expansiv (lat.), sich ausdehnend; Expansivkraft, Spannkraft, s. Aerostatik.

Expatriieren (lat.), aus dem Vaterland verweisen, des Heimatsrechts berauben; Expatriation, Landesverweisung, Auswanderung; Expatriierungsgesetz wird insbesondere das Reichsgesetz vom 4. Mai 1874, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, genannt, wonach inländische Geistliche, welche gegen dies Gesetz handeln, der Staatsangehörigkeit verlustig erklärt und demnächst aus dem Reichsgebiet ausgewiesen werden können.

Expedieren (lat.), ab-, ausfertigen, fortschicken, befördern; expediatur, es werde ausgefertigt, als Substantiv s. v. w. Ausfertigungsorder; Expediens, Auskunftsmittel, Ausflucht; Expedient, Ausfertiger, Ausschreiber; expedit, s. v. w. expediert; auch hurtig, gewandt, anstellig; Expedition, Ab-, Ausfertigung, Beförderung, Versendung; Ort derselben; ein zu einem bestimmten (kriegerischen oder wissenschaftlichen) Zweck unternommener Zug, Fahrt; Expeditor, s. v. w. Expedient.

Expektorantia (lat.), Auswurf befördernde Mittel, wie Ipekakuanha, Terpentinöl, Scilla, Senega, Colombo, Liquor ammonii anisatus; in zweiter Reihe auch die betäubenden Mittel, wie Morphium. Über die Anwendung vgl. Husten.

Expektoration (lat.), Herzensergießung. Herzenserleichterung; in der Medizin s. v. w. Auswurf.

Expektorieren (lat.), etwas aushusten; reflexiv: seinem Herzen durch Aussprechen Luft machen.

Expellieren (lat.), aus-, vertreiben, fortjagen.

Expendieren (lat.), auszahlen, auslegen; Expensae, Kosten, Auslagen, besonders Gerichtskosten; Expensarium, Kostenverzeichnis; Expension, Auszahlung, Ausgabe; expensiv, kostspielig.

Expensilation (lat.), Rückempfangsbescheinigung über ausgeliehenes Geld, wobei der Gläubiger in Gegenwart des rückzahlenden Schuldners im Buch bemerkt, daß die Schuld bezahlt sei; überhaupt Quittungsausstellung im Kontobuch.

Experientia est optima rerum magistra, latein. Sprichwort: Erfahrung ist die beste Lehrmeisterin, Probieren geht über Studieren.

Experimént (lat., "Probe, Versuch"), dasjenige Verfahren, bei welchem der Naturforscher selbstthätig in den gewöhnlichen Gang der Naturerscheinungen eingreift und nach seiner Willkür die Kräfte der Natur mit- oder gegeneinander wirken läßt, wodurch sich das E. von der Beobachtung, die es nur mit von der Natur selbst eingeleiteten Erscheinungen zu thun hat, unterscheidet. Die Experimente sind die Fragen, welche der Naturforscher der Natur vorlegt, und die, richtig gestellt, stets richtig beantwortet werden. Die alten Philosophen kannten das E. nicht, deshalb blieben auch ihre Kenntnisse der Naturerscheinungen trotz des Aufwandes von vielem Scharfsinn höchst mangelhaft. Erst Baco von Verulam wies der Naturforschung die richtigen Bahnen, indem er das E. und die sogen. exakte Methode der Forschung im Gegensatz zu der philosophierenden Grübelei in den Vordergrund stellte. Die großartigen Fortschritte, welche die Naturwissenschaft in der neuern Zeit gemacht hat, verdankt sie wesentlich der Anwendung des Experiments, und so werden denn auch gegenwärtig alle Disziplinen, die das E. fordern, mit Vorführung von Experimenten gelehrt, um die Wirkungen der Naturkräfte dem Zuhörer unmittelbar vorzuführen. In solchem Sinn spricht man von Experimentalchemie, Experimentalphysik, Experimentalphysiologie, Experimentalgeologie. Anleitungen zur Ausführung von Experimenten zur Selbstbelehrung und beim Unterricht geben unter andern: Frick, Physikalische Technik (5. Aufl., Braunschw. 1876); Weinhold, Vorschule der Experimentalphysik (3. Aufl., Leipz. 1883); Derselbe, Physikalische Demonstrationen (das. 1881); Stöckhardt, Schule der Chemie (19. Aufl., Braunschw. 1881); Lehmann, Physikalische Technik (Leipz. 1885); Heumann, Anleitung zum Experimentieren bei Vorlesungen (Braunschweig 1876-79); Bauer-Hinterberger, Lehrbuch der chemischen Technik (2. Aufl., Wien 1865); Arendt, Technik der Experimentalchemie (Leipz. 1881, 2 Bde.); Emsmann-Dammer, Experimentierbuch (4. Aufl., das. 1885); Cyon, Methodik der physiologischen Experimente und Vivisektionen (Gießen 1876); Gscheidlen, Physiologische Methodik (Braunschw. 1879); Sachs, Handbuch der Experimentalphysiologie der Pflanzen (Leipz. 1865). Alle Zweige der Naturwissenschaft behandelt: Dammer, Der Naturfreund (Stuttg. 1885 ff.)

Experimentieren, Experimente anstellen.

Experimentum in corpore vili (lat.), an einem wertlosen Körper angestelltes Experiment, z. B. eine gefährliche Operation, deren Ausführbarkeit man an einem zum Tod Verurteilten versucht.

Expérten (lat.), Sachverständige (s. d.).

Expertise (franz.), Untersuchung durch Sachverständige; expertisieren, etwas durch Sachverständige untersuchen lassen.

Expérto credite (lat., "Glaubt es dem, der es selbst erfahren"), oft citierte Worte aus Vergils "Äneide" (11, 283), die sich auch in Ovids "Ars amandi" (3, 511) und, in "Crede experto" umgestellt, bei Silius Italicus ("Punica", 7, 395) finden. In den makkaronischen Gedichten von Antonius de Arena (gest. 1544) heißt es: "Experto crede Roberto", in welcher Form das Citat ebenfalls oft gebraucht wird. Auch ist in Moscherosch' 1643 erschienener "Ge-^[folgende Seite]