Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

981

Extraktion - Extravasation.

Bestandteile, wie Schleim, Eiweiß, Chlorophyll, abgeschieden worden sind. Bei der Bereitung des Auszugs muß mit möglichst wenig Flüssigkeit eine möglichst konzentrierte Lösung dargestellt und die vegetabilische Substanz doch vollständig erschöpft werden (vgl. Auslaugen). Die auf irgend eine Weise gewonnenen Extraktbrühen müssen bei einer den Siedepunkt des Wassers nicht erreichenden Temperatur möglichst schnell eingedampft werden, damit von den flüchtigen Bestandteilen nichts verloren gehe und die Extraktivstoffe durch die Einwirkung der Luft sowenig wie möglich verändert werden. Aus denselben bildet sich nämlich besonders in höherer Temperatur leicht ein unlösliches Oxydationsprodukt (Extraktabsatz, Apothema), welches die Lösungen der E. trübt. Von den alkoholischen und ätherischen Auszügen destilliert man den Alkohol und Äther ab, der zu demselben Zweck (aber nicht zu jedem andern) wieder verwendbar ist. Die gemischten, kolierten oder filtrierten Auszüge werden (eventuell nach der Destillation) im Wasserbad unter beständigem Rühren (mit Rührapparaten) auf die Hälfte eingedampft, dann zum Absetzen zwei Tage beiseite gestellt und nach dem Dekantieren weiter verdampft. Sehr empfehlenswert sind Verdampfapparate mit Luftverdünnung, weil in ihnen die schädliche Einwirkung der Luft auf die Extraktbrühen fast vollständig vermieden und ein Verdampfen bei niederer Temperatur ermöglicht wird. Man kann sie ohne Luftpumpe konstruieren, indem man den retortenförmigen Verdampfapparat mit einer großen, eiförmigen Vorlage luftdicht verbindet, die in einem Kühlfaß steht. Nach dem Erwärmen auf etwa 60° sperrt man durch einen Hahn die Verbindung zwischen Verdampfapparat und Vorlage, verdrängt aus letzterer die Luft durch Wasserdampf, verschließt sie dann wieder luftdicht, setzt sie mit dem Verdampfapparat in Verbindung und wiederholt dies Verfahren. Heizt man dann den Verdampfapparat mit Dampf und kühlt die Vorlage gut, so tritt bei 55° rapide Verdampfung ein; bei Anwendung einer Luftpumpe reicht man mit Heizung auf 40°. Zur Darstellung von Extrakten aus frischen narkotischen Vegetabilien wäscht man diese schnell ab, zerkleinert sie mit dem Stampfmesser, zerstößt sie dann im Mörser zu Brei, verdünnt diesen mit 5 Proz. Wasser, preßt aus, mischt den Preßkuchen abermals mit 5 Proz. Wasser, preßt wieder, erhitzt die Flüssigkeit bis 80°, koliert, verdampft bis auf den zehnten Teil vom Gewicht des Vegetabils, mischt den Rückstand mit dem gleichen Gewicht Alkohol, gießt nach 24 Stunden vom Bodensatz ab, preßt letztern aus und verdampft die filtrierten Flüssigkeiten. Die trocknen E. werden durch starkes Eindampfen und Austrocknen der in kleine Flocken zerzupften Masse bei 35-40° erhalten. Die trocknen narkotischen E. läßt die Pharmacopoea germanica unter Zusatz von Süßholzwurzelpulver bereiten, wobei dann zwei Teile des trocknen Extrakts einem Teil Extrakt von Musdicke entsprechen. Das Pulver wird erst zugesetzt, wenn der Auszug bis zur Extraktkonsistenz verdampft ist, und die völlige Austrocknung geschieht dann in einem mäßig erwärmten Raum. Diese Präparate sind nur wenig hygroskopisch und bewahren in verschlossenen Gefäßen ihre Pulverform sehr lange. E. finden namentlich als Arzneimittel in großer Zahl Verwendung, doch werden auch aus Farbhölzern und Gerbmaterialien E. für die Technik dargestellt; ebenso hat man Gewürzextrakte (lösliche Gewürze), Kaffeeextrakt und das Fleischextrakt als fast einziges Präparat aus tierischen Substanzen dargestellt. Im Handel führen aber auch bisweilen die nicht eingedampften spirituosen Auszüge den Namen E., der in diesem Fall gleichbedeutend ist mit Tinkturen.

Extraktion (lat.), Ausziehung (auch einer mathematischen Wurzel); Herkunft, insbesondere gute.

Extraktivstoffe, organische, leicht veränderliche, nicht kristallisierbare Substanzen von nicht näher bekannter Beschaffenheit, welche durch verschiedene Lösungsmittel aus vegetabilischen und animalischen Substanzen ausgezogen werden. Sie bilden die Gesamtheit derjenigen in einer bestimmten Flüssigkeit vorhandenen Pflanzen- und Tierbestandteile, welche man noch nicht voneinander zu trennen vermochte; doch ist es immer mehr gelungen, aus dieser unbestimmten Masse der E. einzelne chemische Verbindungen rein abzuscheiden und näher zu erforschen, und diese Körper rechnet man dann nicht mehr zu den Extraktivstoffen.

Extraktor (lat., "Herauszieher", auch Ejektor, "Auswerfer"), Vorrichtung am Schloß der neuern Hinterladegewehre, welche nach dem Schuß die Metallhülse der Patrone selbstthätig aus dem Lauf entfernt. Näheres s. Handfeuerwaffen.

Extra lineas (lat., "außerhalb der Linien"), außer Rechnung, außer Ansatz, z. B. Gerichtskosten e. l., wenn diese Kosten nicht berechnet werden.

Extramundan (lat.), außerweltlich.

Extra muros (lat.), außerhalb der Mauern, d. h. der Stadt.

Extrane (Extraneer, lat.), Ausländer, Fremde, bei den Fürstenschulen und ähnlichen Anstalten die nicht in der Anstalt selbst wohnenden Schüler (s. Alumnus); auch Auswärtige, welche die Entlassungsprüfung an einer höhern Lehranstalt mitmachen (s. Entlassungsprüfungen). Vgl. Extern.

Extraordinär (lat.), außergewöhnlich.

Extraordinarium (lat.), das Außergewöhnliche, im Finanzwesen der Belauf der außerordentlichen (einmaligen) Etatsposten (der außerordentlichen Einnahmen, bez. Ausgaben) im Gegensatz zu den ständigen (ordentlichen, laufenden, fortdauernden Etatspositionen); s. Etat.

Extraordinarius (lat.), außerordentlicher Lehrer (s. Professor).

Extra ordinem (lat.), außer der Ordnung.

Extraparochial (neulat.), nicht zum Kirchspiel (Parochie) gehörig.

Extrasteuer, eine außergewöhnliche, zur Deckung eines vorübergehenden Bedarfs auferlegte Steuer. Extraströme, s. Induktion.

Extraterritorialität, s. v. w. Exterritorialität.

Extrauterin (lat.), in abnormer Weise außerhalb des Uterus befindlich, sich ausbildend, z. B. extrauterine Schwangerschaft.

Extravagant (lat.), ausschweifend, ungereimt.

Extravaganten (lat.), ein Teil des Corpus juris canonici. Man unterscheidet die Extravagantes Joannis XXII. und die Extravagantes communes, beides ursprünglich Privatsammlungen, von denen erstere, von Zenzelinus de Cassanis kommentiert, aus 20 Dekretalen des Papstes Johann XXII., letztere, nach und nach entstanden und in ihrer heutigen Gestalt von Johann Chappuis (1500) herrührend, aus Dekretalen von Urban IV. bis Sixtus IV. besteht. Vgl. Bickell, Über die Entstehung und den Gebrauch der beiden Extravagantensammlungen des Corpus juris canonici (Marb. 1825).

Extravaganz (lat.), Ausschweifung, Ungereimtheit; extravagieren, ab-, ausschweifen; ungereimt handeln, sich albern benehmen.

Extravasation (lat.), Bluterguß (s. Blutung); bisweilen übertragen s. v. w. übersprudelnder Worterguß.