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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: F. et M.; Fettáhi; Fette

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F. et M. - Fette.

Stuhl für den Fetisch und eine Art Lager für ihn. Auch werden ihm wohl morgens und abends Opfer, in Milch, Tabak und Rum bestehend, dargebracht, und der Fetischdiener spricht mit ihm wie mit einem Freund, stellt ihn als Wächter auf seine Felder und ruft ihn in Zeiten der Gefahr laut und ernstlich an. Fetische besitzen die meisten ethnographischen Museen. Dem eigentlichen F. nahe verwandt ist die Verehrung von Tieren und Pflanzen, deren schädliche oder nützliche Wirkung der Naturmensch höhern sie beherrschenden und bewohnenden Geistern zuschreibt, welche die Neger Wongs nennen. Bei den nordamerikanischen Indianern wählt sich jeder ein während der Pubertätszeremonien (s. Pubertät) ihm im Traum erscheinendes Tier als Fetisch oder Totem (s. d.), welches er hinfort niemals töten oder verspeisen darf. Daß sich auch in die monotheistischen Religionen, selbst in das Christentum, F. als Rest oder Rückfall eingeschlichen hat, mag hier bloß angedeutet bleiben. Vgl. Fr. Schultze, Der F. (Leipz. 1871); Roskoff, Das Religionswesen der niedersten Naturvölker (das. 1880); Bastian, Der Fetisch an der Küste Guineas (Berl. 1884); Baudin, Fétichisme et féticheurs (Lyon 1884).

F. et M. (auch Fisch. et Mey.), bei botan. Namen Abkürzung für F. E. L. von Fischer, geb. 1782 zu Halberstadt, gestorben als Professor der Botanik in Petersburg 1854. Russische und nord amerikanische Pflanzen. - Mey. s. C. A. Meyer.

Fettáhi (Jahja), ein im Orient sehr gefeierter pers. Dichter, aus Nischapur gebürtig, starb 1448. Zart und sinnig ist sein kleiner allegorischer Roman "Husn u Dil" ("Schönheit und Herz"), der von W. Price ins Englische übersetzt worden ist (Lond. 1828). Das Unglaublichste aber in Wort- und Verskünstelei, in Zahl- und Namenwitzeleien leistet der Autor in seinem zweiten Werk: "Schabistân i Chajâl" ("Das Schlafgemach der Phantasie"), einer Art von Encyklopädie des gesamten menschlichen Lebens in acht Kapiteln, dessen erstes: "Vom Glauben und Islam", in Text und Übersetzung von H. Ethé veröffentlicht wurde (Leipz. 1868).

Fette, eine durch ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften scharf charakterisierte Gruppe von Körpern, welche ca. 76,5 Proz. Kohlenstoff, 12 Proz. Wasserstoff und 11,5 Proz. Sauerstoff enthalten und zu den verbreitetsten und wichtigsten Bestandteilen der Pflanzen und Tiere gehören. Sie sind, wenigstens in Spuren, wohl in jedem Pflanzengewebe enthalten und finden sich auch im tierischen Organismus in allen Organen, an einzelnen Stellen in größerer Menge angehäuft, und mit Ausnahme des normalen Harns in allen tierischen Flüssigkeiten. Das Pflanzenfett findet sich im Innern der Zelle und bleibt auch gewöhnlich da liegen, wo es entsteht, so daß es fast stets im Gewebe eingeschlossen vorkommt. In größerer Menge tritt es in den Samenlappen und Samen überhaupt auf. Im tierischen Organismus zeigt sich das Fett gewöhnlich in eignen Zellen eingeschlossen, in größerer Menge im Bindegewebe, im Panniculus adiposus unter der Haut, im Netz der Bauchhöhle, in der Umgebung der Nieren, im Knochen- und Nervenmark, im Gehirn, in der Leber und in der Milch, pathologisch in der sogen. Fettgeschwulst und der fettigen Degeneration der verschiedenen Gewebe. Man gewinnt die Pflanzenfette aus dem zerkleinerten, bisweilen erwärmten Rohmaterial gewöhnlich durch Pressen, auch durch Auskochen mit Wasser oder durch Extrahieren mit guten Lösungsmitteln des Fettes, namentlich Schwefelkohlenstoff und leichten Teerölen (Benzin, Canadol), im kleinen auch mit Äther. Das extrahierte Fett ist oft sehr rein, das gepreßte enthält meist Eiweiß- und Schleimstoffe und wird durch Absetzenlassen und Behandlung mit einer geringen Menge konzentrierter Schwefelsäure gereinigt (raffiniert), auch durch Sonnenlicht, Tierkohle, Wärme oder Chemikalien (chromsaures Kali) entfärbt. Tierische F. gewinnt man durch Pressen, meist aber durch Ausschmelzen aus den vorher genügend zerkleinerten Geweben, mit oder ohne Zusatz von Wasser. Vgl. Öle und Fette liefernde Pflanzen und Tiere.

Die F. sind bei gewöhnlicher Temperatur starr (Talg), weich (Butter, Schmalz) oder flüssig (Öle); ihr Geruch, bedingt durch geringe Beimischungen, ist oft angenehm (Palmöl, Kakaobutter etc.), weicht aber bei längerer Aufbewahrung meist einem sehr unangenehmen (die F. werden ranzig); reine F. sind stets geruch- und geschmacklos. Oft wird der Geschmack durch Beimischungen modifiziert und beim Ranzigwerden sehr widerwärtig. Alle reinen F. sind farblos und reagieren neutral; sie sind leichter als Wasser, kristallisieren meist in Schuppen, lösen sich nicht in Wasser und werden von demselben nicht benetzt, können aber darin bei Gegenwart schleimiger Stoffe äußerst fein verteilt werden und bilden dann eine Emulsion. Sie sind löslich in Äther, Schwefelkohlenstoff, Benzin, manche auch in Alkohol; sie geben auf Papier einen bleibenden Fettfleck; alle schmelzen unter 100°, erstarren bei einer mehr oder weniger tief unter dem Schmelzpunkt liegenden Temperatur (Unterschied von Wachs und Walrat), nehmen bisweilen nur sehr langsam ihre ursprüngliche Härte wieder an und schmelzen, solange sie weich sind, sehr viel leichter. Die flüssigen F. (Öle) erstarren meist unter 0°, Leinöl erst bei -27°. Alle F. sind nicht flüchtig, sie beginnen bei etwa 300° unter Zersetzung zu sieden und geben bei höherer Temperatur flüssige und gasförmige Zersetzungsprodukte, von welchen das die Augen zu Thränen reizende Acrolein besonders charakteristisch ist. Bei starker Erhitzung an der Luft entzünden sich die F. und verbrennen mit leuchtender, rußender Flamme. Reine F. halten sich an der Luft unverändert oder trocknen unter Aufnahme von Sauerstoff ein (trocknende Öle), und zwar erfolgt das Austrocknen um so schneller, je vollständiger Schleim und Eiweißstoffe abgeschieden worden waren, während die nicht trocknenden F. bei Gegenwart von eiweißartigen Körpern, welche vielleicht als Fermente wirken, sich an der Luft schnell zersetzen, Sauerstoff aufnehmen und unter Bildung flüchtiger fetter Säuren ranzig werden. Bei feiner Verteilung der F., z. B. wenn Gewebe damit getränkt sind, kann die Sauerstoffabsorption so energisch verlaufen, daß die dabei entwickelte Wärme zur Selbstentzündung hinreicht.

Die F., welche in der Natur vorkommen, sind niemals reine chemische Verbindungen. Abgesehen von Verunreinigungen, wie Farbstoffe, Eiweißkörper, riechende Substanzen etc., stellen sie Gemische dar von mindestens drei einfachen Fetten (Stearin, Palmitin und Olein kommen am häufigsten vor), und diese zerfallen beim Behandeln mit Ätzkali in eine fette Säure (welche sich mit dem Kali verbindet) und in einen Alkohol, das Glycerin. Letzteres verbindet sich beim Erhitzen wieder mit fetten Säuren, und so kann man aus Stearinsäure, Palmitinsäure, Oleinsäure und Glycerin Stearin, Palmitin und Olein erzeugen. Diese einfachen F. nennt man Glyceride. Das Glycerin kann sich aber in drei Verhältnissen mit Säuren verbinden und gibt z. B. mit Stearinsäure Monostearin, Distearin und Tristearin.