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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Faß

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Faß.

Faß, hölzernes, gewöhnlich in der Mitte etwas bauchiges Gefäß, wird vom Böttcher aus Nadel- oder Eichenholz, bisweilen auch aus Buchen- oder anderm Holz gefertigt. Man unterscheidet am F.: die Dauben (Taufeln, Faßstäbe), die langen, flachen, etwas gebogenen Holzstücke, aus welchen der Körper des Fasses zusammengesetzt ist; die Böden oder die beiden runden Bretter, welche das F. unten und oben verschließen; die Kimme oder Gargel, d. h. den Einschnitt oder die Rinne in den Dauben, in welche die Faßböden eingefalzt sind; den Frosch, denjenigen Teil der Dauben, der über die Böden hervorsteht; das Spundloch oder die runde Öffnung in einer der Dauben (Spunddaube), zu deren Verschluß ein hölzerner Stöpsel (Spund) dient; das Zapfenloch, welches mit dem Zapfen verschlossen wird und in einem der Böden zum Abziehen der Flüssigkeit angebracht ist. Die Faßbänder (Reifen) endlich, welche den ganzen Körper zusammenhalten, werden aus zähem Holz (Weiden, Haseln, Birken, Fichten) oder aus Bandeisen hergestellt. Zur Herstellung der Fässer werden die Stämme zu Kloben von der Länge der Dauben gleich der Höhe der Fässer verschnitten und alsdann die Kloben erst mit der Axt, dann mit der Spaltklinge in dünnere Stücke gespalten und nach sorgfältigem Trocknen u. Sortieren auf der Schneidebank mit dem Schneidemesser zu Dauben oder zu Bodenbrettern verarbeitet. Zuerst werden die äußere rundliche Fläche und die beiden ebenen oder windschiefen Flächen, in denen sich die Nachbardauben im Gebinde aneinander legen, geschnitzt und letztere auf einem langen Hobel, der Fugebank, gestrichen, d. h. glatt gehobelt. Eine Daube nach der andern wird, so zubereitet, innen an ein sogen. Schlagband mit Klammern dicht an die Nachbardaube geheftet, bis ein Gebinde, ringsum geschlossen, aufgesetzt ist. Mehrere aufgeschlagene Reifen halten dies zusammen. Bei Tonnen stehen nun die in der Mitte breitern, aber noch geraden Stäbe nach unten weit auseinander, und man setzt deshalb solch ein Gebinde im Innern einem Feuer aus, wodurch die Stäbe, bis nahe zur Verkohlung erwärmt, leicht biegsam werden, zieht sie mittels eines durch Winde angezogenen Seils zusammen und treibt weitere Reifen auf. In andern Fällen wird die Biegsamkeit des Holzes durch Kochen oder Dämpfen desselben erreicht. Nachdem sodann die innere Fläche und der obere und untere Rand des Gebindes bearbeitet sind, reißt man parallel mit den letztern mit einem hobelartigen Werkzeug (Kröse), das ein schmales Schneideisen führt, die Kimme ein, in welche die verjüngt zugeschnitzten Ränder der Böden eingesprengt werden. Zur Fertigstellung der Fässer wird deren Äußeres nur noch abgeputzt und je nach ihrem Zweck geölt oder gestrichen, zuvor aber werden erst die Spund- und Zapflöcher gebohrt. In heutiger Zeit werden im Großbetrieb die einzelnen Teile der Arbeit mehr oder weniger auf Maschinen vorgenommen, so das Hobeln der Dauben und besonders der geraden Böden, das Zusammenfügen der einzelnen Bodenstäbe mittels Dübel, das Rund- und Verjüngtzuschneiden der Böden, hauptsächlich das Einfräsen der Kimme, Bearbeiten der Faßränder, zuweilen sogar das Aufziehen der Bänder. Es sind Maschinensortiments konstruiert worden, auf denen Tonnen und andre Gebinde nahezu ohne jede Handarbeit gefertigt werden können. Wo sehr große Mengen von Fässern von Einer Form und Größe aus immer gleich gutem Holz gebraucht werden, wie bei den amerikanischen Petroleumquellen, ist die Fabrikation ausschließlich auf Maschinen sehr vorteilhaft. Von chemischen Fabriken, namentlich für Glycerintransport, werden jetzt auch eiserne Fässer angewendet, die aus einer cylindrischen Zarge von verhältnismäßig dünnem Blech bestehen und schwach gewölbte Böden haben. Ungefähr um ein Drittel der Faßlänge von jedem Ende entfernt sitzt ein dicker Holzwulst, der außen wieder mit einem eisernen Reifen beschlagen ist. Auf diesen beiden Wülsten wird das F. bei kurzem Transport gerollt. Statt der Holzwülste finden sich auch Ringe umgelegt, die aus hochkantig umgebogener an den Enden zusammengeschweißter Grubenschiene oder einem schwachen T-Eisen gebildet sind. Als größtes F. gilt allgemein das Heidelberger (735 hl), doch ist das 1790 erbaute F. in Ludwigsburg noch größer und hält 900 hl.

Hinsichtlich der Berechnung des Rauminhalts der Fässer ist zu bemerken, daß jedes F. mit elliptisch gekrümmten Dauben der Summe dreier Kegel gleich ist, welche mit dem F. gleiche Höhe und von denen zwei den größten Querdurchschnitt (Kreisfläche der Spundtiefe) und einer die Bodenfläche des Fasses zur Grundfläche haben. Bezeichnet h die Höhe (Länge) des Fasses, D die Spundtiefe (den größten Durchmesser) und d die Bodenweite (den kleinsten Durchmesser), so ist der Rauminhalt des Fasses = (h*π/12) * (2D²+d²) und zwar in Litern, wenn die im Lichten gemessenen Ausdehnungen h, D und d in Dezimetern ausgedrückt sind. Sind letztere in Zentimetern gegeben, so müßte man, um Liter zu erhalten, die Zahl des Resultats noch durch 1000 dividieren. Ist die Krümmung der Dauben keine elliptische, oder läßt sich dieselbe überhaupt nicht genau feststellen, so gibt diese Regel den Inhalt doch näherungsweise. Eine andre Näherungsregel ist folgende: Man nimmt die doppelte Spundtiefe, vermehrt sie um die Bodenweite und dividiert die erhaltene Summe durch 3, erhebt das Resultat aufs Quadrat und multipliziert mit der Höhe mal π/4. Hiernach ist bei obiger Bezeichnung der Rauminhalt des Fasses = h * (π/4) * ((2D+d)/3)². Diese Formel ist besonders bei starker Krümmung der Dauben brauchbar. Ein drittes, weniger genaues Verfahren beruht darauf, daß das F. annähernd der Summe zweier abgestumpfter Kegel, die den größten senkrechten Querdurchschnitt (Kreisfläche der Spundtiefe) des Fasses zur Grundfläche und die halbe Länge desselben zur Höhe haben, gleich ist. Man erhält so (h*π/12)*(D²+Dd+d²). S. Visierkunst. Vgl. Barfuß, Die Kunst des Böttchers (8. Aufl., Weim. 1885); A. Schmidt, Der Großböttcher (Barm. 1880); Seidler, Berechnung und Konstruktion der Fässer (Weim. 1858), und die Tabellen zur Bestimmung des Inhalts der Fässer von Conradi (Berl. 1871), G. Müller (Liegn. 1872), Hilbert (Stuttg. 1873), M. Hirsch (Altona 1876), Gerstenbergk (Weim. 1882).

Faß, älteres Flüssigkeits- und Getreidemaß. Als Flüssigkeitsmaß war das F. in

^[Liste]

Preußen Biermaß à 200 Quart = 229,00 Liter

Leipzig bis 1885 Weinmaß à 5 Leipziger Eimer = 379,25 -

- Spiritusmaß à 3 Dresdener Eimer = 202,09 -

- Biermaß à 6 Eimer = 520,12 -

Sachsen Weinmaß à 6 Eimer = 404,17 -

- Biermaß à 5⅚ Eimer = 392,95 -

Bayern Biermaß à 24 Visiereimer = 1642,03 -

Österreich Weinmaß à 10 Eimer = 565,89 -

- Biermaß à 2 Eimer = 113,18 -

Als Getreidemaß war das F. in Hamburg und Altona seit 1844 gleich einem preußischen Scheffel, in Lübeck im Großverkehr für Weizen, Roggen, Gerste,