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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Formschneidekunst - Forrest.

Formschneidekunst, die Kunst, in Holztafeln erhaben stehende Muster zum farbigen Abdruck auf Kattun und andre Gewebe sowie auf Papiertapeten, Wachstuch etc. auszuschneiden. Der Formschneider arbeitet mit mehreren Arten von Stecheisen, die denen der Holzschnitzer (Bildhauer) gleichen. Man gebraucht den Ausdruck F. und Formschneider, namentlich für die ältere Zeit, auch gleichbedeutend mit Holzschneidekunst (s. d.) und Holzschneider.

Formsteine, eigens geformte oder profilierte Ziegel, welche unter anderm zur Herstellung von Sockelkanten, Fenster- und Thüreinfassungen, Gesimsen verwendet werden, und für deren kleinere, häufig vorkommende Sorten in neuerer Zeit Normalien aufgestellt worden sind. Dieselben sind numeriert, und man versteht unter einer bestimmten Nummer stets ein bestimmtes Profil, so beispielsweise Nr. 1: kleiner Schmiegestein, 187 mm lang (Schmiege 70 mm lang); Nr. 2: großer Schmiegestein, 252 mm lang, etc. Ist so durch Nummern ein ganz bestimmtes Profil ausgedrückt, so wird ferner eine bestimmte Länge des Steins selbst durch angefügte Buchstaben bezeichnet, z. B. 1a, 1b etc.

Formula (lat.), Formel (s. d.); im römischen Zivilprozeß im Gegensatz zur frühern legis actio die Einleitung des Prozesses durch die im zivilen oder im prätorischen Recht gegebene Bezeichnung des streitigen Anspruchs. F. concordiae, s. v. w. Konkordienformel; F. consensus helvetica, s. Consensus; s. juramenti, Eidesformel (s. Eid).

Formular (neulat.), die vorgeschriebene Weise einer Handlung, Rede oder Schrift; insbesondere die Vorschrift, nach welcher Vollmachten, Kontrakte, Kurszettel, Wechsel u. dgl. abgefaßt werden sollen. Formulare im letztern Sinn werden entweder abgeschrieben, oder ausgefüllt; letztere werden vor der Ausfüllung Blankette genannt.

Formulieren (lat.), in eine bestimmte Ausdrucksform bringen, klar aussprechen.

Formylsäure, s. v. w. Ameisensäure.

Formyltrichlorid (Formylum trichloratum), s. v. w. Chloroform.

Formzahl, in der Forsttechnik eine Hilfszahl zur Massenermittelung von Bäumen und Beständen (s. Holzmeßkunde). F. ist der Quotient aus der Masse eines Baums und eines Vergleichskörpers (einer Walze oder eines Kegels) von gleichem untern Durchmesser und von gleicher Höhe. Je nachdem zum Vergleichskörper eine Walze oder ein Kegel gewählt wird, unterscheidet man Walzen- und Kegelformzahlen. Gegenwärtig sind allgemein Walzenformzahlen üblich. Wenn die Grundfläche eines Baums G, seine Höhe H, sein Holzmasseninhalt M genannt wird, so ist die Formzahl F = M / G × H, mithin die Baummasse M = G × H × F. G ergibt sich aus der Messung des Baumdurchmessers, H aus der Messung der Baumhöhe, die F. F wird aus Erfahrungstafeln (Formzahltafeln) entnommen.

Fornakalien, s. Fornax.

Fornarina (ital., "Bäckerin, Bäckerstochter"), die angebliche Geliebte Raffaels (s. d.).

Fornax (lat.), Ofen zum Heizen, Backen, Dörren, Schmelzen etc.; dann eine Göttin der Römer, welcher das Rösten des Korns im Backofen unterstellt war. Ihr zu Ehren wurden im Februar die Fornakalien gefeiert, eine Art Dankfest für den ersten Genuß des neugewonnenen Getreides, angeblich vom König Numa gestiftet.

Fornicaria (lat.), Freudenmädchen.

Fornikánt (lat. Fornicarius, Fornicator), einer, welcher sich wegen Unzuchtsvergehen in Untersuchung befindet; Fornikation, Hurerei; s. Unzuchtsverbrechen.

Fornix (lat.), in der Architektur ein einzeln stehender gewölbter Bogen, insbesondere Bezeichnung der ältern Triumphbogen, die noch von einfacherer Bauart waren, z. B. F. Fabii. Die Bezeichnung für die spätern Prachtbauten dieser Art war Arcus oder Porta triumphalis.

Forres ("Heldenstadt"), alte Stadt in Elginshire (Schottland), 4 km oberhalb der Mündung des Findhorn, hat einen Hafen, Wollgarnspinnerei und (1881) 4030 Einw. Dabei der sogen. Swenostein, ein Obelisk mit Skulpturen, angeblich Denkmal eines Siegs über den Dänenkönig Sueno (1012).

Forrest, 1) Edwin, nordamerikan. Schauspieler, geb. 9. März 1806 zu Philadelphia, betrat schon 1817 die Bühne daselbst in einer Frauenrolle, besuchte in der Folge mit einer Schauspielertruppe den Westen, wurde dann in New York, 1826 in Philadelphia angestellt und unternahm von hier aus mehrere Kunstreisen, überall Beifall erntend. Er war ein gerühmter Shakespeare-Darsteller in der Richtung der Kembleschen und Keanschen Schule; Othello und Macbeth, Coriolan, Lear und Spartacus waren seine Hauptrollen, wofür seine heldenhafte Persönlichkeit und Stimme wie seine oft maßlose Leidenschaftlichkeit ihn sehr geeignet machten. Dreimal erfreute er sich in London neben Macready des ungeheuersten Zulaufs. 1834 verheiratete er sich mit der Tochter des englischen Sängers Sinclair, mit der er überall Gastrollen gab, von der er sich jedoch später (1852) trennte. Er starb 12. Dez. 1872 in Philadelphia. F. gilt mit Recht für den eigentlichen Gründer der amerikanischen Schauspielkunst. Sein Leben beschrieben Rees (1874), Alger (1877, 2 Bde.) und Barrett (1881).

2) John, austral. Entdeckungsreisender, der sich besonders um die Kenntnis von Westaustralien verdient gemacht, geb. 22. Aug. 1847 zu Bunbury in Westaustralien, erhielt 1864 eine Anstellung im Vermessungsamt der Kolonie, unternahm 1869 im Auftrag der Regierung von Perth aus eine Reise ins Innere des Kontinents gegen NO., um auf vage Mitteilungen der Eingebornen hin nach Spuren der verschollenen Leichhardtschen Expedition zu suchen, und drang durch ein ödes, mit Salzsümpfen und Buschwerk bedecktes Gebiet fast bis zum 123.° östl. L. zwischen 28° und 29° südl. Br. vor. Eine Aufklärung über das Verbleiben Leichhardts brachte er nicht. Ein Bericht über diese Reise erschien im Journal der Londoner Geographischen Gesellschaft (Bd. 40, 1870). Nachdem F. 1870 eine zweite Reise die südliche Meeresküste entlang nach Südaustralien unternommen hatte, brach er im April 1874 mit seinem Bruder Alexander von der Championbai aus auf, um, dem Murchisonfluß folgend, von W. nach O. durch den Kontinent nach dem Überlandtelegraphen vorzudringen, den er nach sechsmonatlicher beschwerlicher Wanderung 30. Sept. bei der Peakestation (etwa 26° südl. Br.) erreichte. Von hier kehrte F. über Adelaide nach Westaustralien zurück. Die Regierung Westaustraliens votierte ihm dafür 500 Pfd. Sterl., die Regierungen Englands und Italiens ehrten ihn durch Verleihung von Orden, die Royal Geographical Society in London durch die goldene Medaille. Als stellvertretender Generalfeldmesser der Kolonie machte F. 1878 eine trigonometrische Vermessung des nordwestlichsten Distrikts Westaustraliens zwischen den Flüssen De Grey und Ashburton sowie 1882 des Gascoynedistrikts. Er be-^[folgende Seite]