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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Forth - Fortoul.

diese der Zustand geschaffen und im Fall 3 auch nur eine Handlung begangen worden ist, so liegt die Schwierigkeit hauptsächlich in der Unterscheidung zwischen realer Konkurrenz (Fall 2) und dem fortgesetzten Verbrechen, und es handelt sich also darum, zu bestimmen, wann z. B. mehrere Diebstähle so zu bestrafen seien, als ob nur ein einziger begangen wäre, oder so, daß die verwirkte schwerste Strafe erhöht würde. Als Merkmal für das erstere, d. h. also für das fortgesetzte Verbrechen, bezeichnen einige die Einheit des verbrecherischen Entschlusses, andre die Einheit des Entschlusses und des Objekts, auf welches derselbe gerichtet ist; nach der erstern Anschauung wären ehebrecherische Handlungen, mit Frau A. und B. verübt, fortgesetzte Verbrechen, wenn dieselben aus Einem Entschluß hervorgehen, nach der andern nur die bei Frau A. erfolgten Wiederholungen. Andre sagen: das Bewußtsein des Kausalzusammenhanges der einzelnen Handlungen müsse vom ersten bis zum letzten Akt fortdauern und außer der Gleichzeitigkeit des Entschlusses noch eine gewisse Kontinuität der Handlungen vorhanden sein. Danach würden als fortgesetzte Verbrechen gelten: mehrere nacheinander verübte Diebstähle, um die Mittel zu einer Reise zu erlangen; eine Reihe hintereinander gegen dieselbe Person ausgestoßener Schimpfworte; wiederholte Eingriffe in die Kasse durch denselben Einnehmer. Die neuern Lehrer des Strafrechts geben den Versuch auf, den Begriff des fortgesetzten Verbrechens theoretisch festzustellen, und verweisen auf die Lösung der Frage im einzelnen Fall. Auch darüber ist viel gestritten, ob nach dem deutschen Strafgesetzbuch diese Theorie noch Platz greife. Vgl. außer den Lehrbüchern und Kommentaren: Schwarze, Zur Lehre vom fortgesetzten Verbrechen (Erlang. 1857); Merkel, Zur Lehre vom fortgesetzten Verbrechen (Darmst. 1862); John, Das fortgesetzte Verbrechen (Berl. 1860); Buri, Zur Lehre von der Teilnahme an dem Verbrechen (Gieß. 1830).

Forth, Fluß in Schottland, entspringt als Duchray am Ostabhang des Ben Lomond und hat einen sehr gewundenen, aber nur im obern Teil raschen Lauf. Sein bedeutendster Zufluß ist der Teith, welcher ihm die Wasser der Loch Katrine, Loch Sennachar u. a. zuführt. Nach einem Laufe von 97 km mündet der F. bei Kincardine in den Firth of Forth. Für Seeschiffe von 300 Ton. ist der Fluß bis Alloa, für kleinere bis Stirling schiffbar. Eine Brücke über den Firth of Forth, bei Queensferry, ist seit 1882 im Bau und soll 1890 vollendet werden. Dieser großartige Bau (s. Tafel "Brücken II", Fig. 3) besteht aus drei Cantilevers aus Stahl, die auf drei Gruppen von je vier Pfeilern ruhen. Die Pfeiler haben einen Durchmesser von 21,3 m, erheben sich 27-36 m über den Meeresboden und sind innerhalb eiserner Caissons aus Granit, Hausteinen und Konkret ausgeführt. Die mittlere Gruppe der Pfeiler steht auf der Insel Inchgarvie. Die zwei Hauptöffnungen haben eine Spannweite von je 521,2 m, die zwei Seitenöffnungen von je 205,7 m. Die zur Brücke führenden Viadukte haben 15 Bogen (10 im S., 5 im N.), von denen 2: 54,5 m, 13: 51,2 m breit sind. Die Gesamtlänge der Brücke ist 2466,1 m, die Schienen liegen 45,7 m über dem höchsten Wasserstand, und die Cantileversäulen haben eine Höhe von 107 m. Die Kosten des Baues, der von Fowler geleitet wird, sind auf 1,600,000 Pfd. Sterl. veranschlagt.

Forth- und Clydekanal (auch Forth- und Glasgowkanal), ein 62 km langer Kanal im mittlern Schottland, 1768-90 erbaut, verbindet Grangemouth (an der Mündung des Carron in den Forth) mit Glasgow und dem untern Clyde, hat 39 Schleusen, steigt auf 47,8 m und ist 3 m tief. Der 50 km lange Unionkanal verbindet ihn mit Edinburg.

Fortifikation (lat.), Befestigungskunst; auch die Behörde einer Festung, der die Verwaltung der letztern in fortifikatorischer Beziehung obliegt. Fortifizieren, befestigen; fortifikatorisch, auf F. bezüglich.

Fortiguerra, Dichter, s. Forteguerri.

Fortin (franz., spr. -täng), kleines Fort.

Fortin, früheres türk. Getreidemaß, = 4 türk. Kilo = 141,064 Lit.

Fortissimo (ital.), s. Forte.

Fortiter in re, suaviter in modo (lat.), sprichwörtlicher Ausdruck: "Stark in der Sache, mild in der Art der Ausführung"; wird auf Aquaviva, den vierten Jesuitengeneral, zurückgeführt.

Fortlage, Karl, Philosoph, geb. 12. Juni 1806 zu Osnabrück, ward 1829 Privatdozent in Heidelberg, 1845 in Berlin, 1846 als Professor der Philosophie nach Jena berufen, wo er 8. Nov. 1881 starb. Ursprünglich, wie seine Jugendschrift "Die Lücken des Hegelschen Systems" (Heidelb. 1832) beweist, Hegelianer, ging er, durch Kants und besonders Fichtes und Benekes Studium veranlaßt, zu einer Verschmelzung der Wissenschaftslehre mit der empirischen Psychologie und zu einem Standpunkt über, den er selbst als transcendentalen Pantheismus bezeichnet hat. Seine beiden philosophischen Hauptwerke sind: "Genetische Geschichte der Philosophie seit Kant" (Leipz. 1852) u. "System der Psychologie" (das. 1855, 2 Bde.); außerdem sind zu erwähnen: "Darstellung und Kritik der Beweise für das Dasein Gottes" (Heidelb. 1840); "Das musikalische System der Griechen" (Leipz. 1847); "Acht psychologische Vorträge" (Jena 1869, 2. Aufl. 1872); "Sechs philosophische Vorträge" (das. 1869); "Vier psychologische Vorträge" (das. 1874); "Friedrich Rückert und seine Werke" (Frankf. 1867); "Beiträge zur Psychologie als Wissenschaft aus Spekulation und Erfahrung" (Leipz. 1875).

Fortlaufendes Konto, s. Kontieren.

Fort Madison (spr. fort mäddis'n), Hauptort der Grafschaft Lee im nordamerikan. Staat Iowa, am Mississippi, an Stelle eines 1808 erbauten Forts gegründet, mit Zuchthaus und (1880) 4679 Einw.

Fortore, Fluß in Mittelitalien, entspringt an den östlichen Abhängen des Apennin, südlich von San Bartolommeo in Galdo, verfolgt nördliche, dann nordöstliche Richtung, bildet mit einem großen Teil seines Laufs die Grenze zwischen den Provinzen Campobasso und Foggia und mündet nach einem Laufe von 90 km, westlich von der Lagune von Lesina, in das Adriatische Meer.

Fortoul (spr. -tuhl), Hippolyte Nicolas Honoré, franz. Schriftsteller und Minister, geb. 13. Aug. 1811 zu Digne (Niederalpen), war längere Zeit als Kritiker in verschiedenen Oppositionsblättern thätig und erhielt 1845 eine Professur der Litteraturgeschichte zu Toulouse, 1846 zu Aix. Nach der Februarrevolution schloß er sich der bonapartistischen Partei an. Nachdem er vom 28. Okt. 1851 bis 2. Dez. d. J. Marineminister gewesen, erhielt er das Portefeuille des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Er verfolgte in dieser Stellung streng katholische Tendenzen. Er starb 7. Juli 1856 in Bad Ems. Als Schriftsteller war F. einer der ersten Gegner des Romantizismus. In seinen kleinen didaktischen Romanen: "Simiane" und "Steven" (zusammen u. d. T.: "Grandeur de la vie privée", Par. 1838, 2 Bde.) sucht er zu beweisen, daß der soziale Fortschritt zunächst vom Familienleben