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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Frauendistel - Frauenfrage.

mittelbar dabei Dom-Frauenburg, Sitz des Bischofs von Ermeland und eines Domkapitels, mit 225 Einw. und der 1329 gegründeten Domkirche mit dem Grabmal des Astronomen Kopernikus. F. ist 1287 angelegt und erhielt 1310 Stadtrecht.

Frauendistel, s. Silybum.

Frauendorf, 1) Pfarrdorf und beliebter Vergnügungsort, 5 km unterhalb Stettin im Kreis Randow in Pommern, auf dem hohen linken Ufer der Oder angenehm gelegen, mit (1883) 2166 Einw., bemerkenswert durch den 84 m hohen Juloberg mit vortrefflicher Aussicht und der Kaltwasserheilanstalt Schönsicht. -

2) Weiler in Niederbayern, bei Vilshofen, mit Gartenbaugesellschaft und Obstbaumschule; bekannt durch die dort erscheinende Gartenbauzeitung "Vereinigte Frauendorfer Blätter".

Frauendorn, s. Rosa.

Frauendreißigst (Dreißigtage), in Oberdeutschland, namentlich Bayern und Tirol, die Zeit vom Fest Mariä Himmelfahrt (15. Aug.) bis zum Fest Mariä Geburt (8. Sept.) oder dessen Oktave, die gegen 30 Tage umfaßt und im Volksglauben für besonders heilig und heilkräftig gilt.

Fraueneis (Frauenglas), s. Gips.

Frauenemanzipation, s. Frauenfrage.

Frauenfeld, Hauptstadt des schweizer. Kantons Thurgau, in fruchtbarer Gegend auf einem Bergvorsprung an der Murg, Station der Nordostbahnlinie Zürich-Romanshorn, ward seit den großen Feuersbrünsten von 1771 und 1788 größtenteils neu gebaut. Das epheuumrankte Schloß, einst Sitz der eidgenössischen Landvögte, ist die auffälligste Merkwürdigkeit des Städtchens, das daneben eine eidgenössische Artilleriekaserne, ein in edlem Stil erbautes Regierungsgebäude, ein stattliches Stadthaus, eine Kantonschule, mehrere industrielle Etablissements (auch im nahen Islikon) und (1880) 5811 Einw. hat. In der Umgebung liegen auf sonnigem Abhang die Gebäude der verlassenen Kartause Ittingen inmitten trefflicher Weingärten. Vgl. Pupikofer, Geschichte der Stadt F. (Frauenf. 1871).

Frauenflachs, s. Linaria.

Frauenfrage. Die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu regeln, ist eine Aufgabe, welche von den bestimmenden Faktoren des sozialen Lebens zu allen Zeiten anerkannt und bei den einzelnen Kulturvölkern in verschiedener Weise gelöst wurde. Eine eigentliche F. sah erst das moderne Zeitalter entstehen. Dieselbe ist das Resultat einerseits der rationalistischen Ideen des vorigen Jahrhunderts und anderseits der Rückwirkung, welche eine völlige Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse seit dem Ende des Mittelalters auf die Lage des weiblichen Geschlechts ausübte. Die F. erscheint somit als das hervortretende Bewußtsein von dem Vorhandensein eines Widerspruchs zwischen den Anforderungen, welche vom Standpunkt einer rationellen Gesellschaftsorganisation aus wirklich oder vermeintlich zu erheben sind, und der thatsächlich den Frauen zugewiesenen Stellung. Sie bildet einen besondern Teil der allgemeinen sozialen Frage und berührt, im weitesten Sinn genommen, alle Seiten der weiblichen Existenz, die rechtliche, wirtschaftliche, sittliche und politische. Mit der Frage zugleich entstand die Frauenbewegung als die Gesamtheit aller Bestrebungen, welche auf die Beseitigung jenes Widerspruchs durch eine Neuregelung der Beziehungen des Weibes zur übrigen Gesellschaft gerichtet sind. Die Frauenbewegung begann mit dem Ausbruch der französischen Revolution zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Was sie damals erstrebte, war die völlige Gleichberechtigung beider Geschlechter im öffentlichen und privaten Leben. Mit innerer Konsequenz folgte auf die "Erklärung der Menschenrechte" die von Olympia de Gonges formulierte "Erklärung der Frauenrechte". Die Hauptforderungen lauteten auf aktives und passives Wahlrecht und auf Zulassung zu allen Ämtern. Die Frauen erschienen in den bestehenden Klubs und beteiligten sich an den Debatten, auch gründeten sie besondere Frauenklubs und verfochten ihre Sache in eignen Journalen. Als aber ein Teil derselben ihre Geschlechtsgenossinnen öffentlich aufforderte, männliche Kleidung anzulegen, um auch jede äußerliche Unterscheidung der Geschlechter zu beseitigen, entzog der Konvent ihnen das Versammlungsrecht und verfügte die Schließung ihrer Klubs. Damit hatte die Bewegung vorläufig ihr Ende erreicht. Aufs neue tauchte sie zur Zeit der Julirevolution (1830) auf. Seit dieser Zeit wurde die Bezeichnung Frauenemanzipation üblich. Diesmal trat die Bewegung in engster Verbindung mit dem französischen Sozialismus auf und kulminierte mit dem Saint-Simonismus, der neben seiner Weibergemeinschaft eine Art sozialistischer Madonna, die femme libre, suchte. Realere Gestalt gewann sie erst mit ihrem erneuten Auftreten zur Zeit der Februarrevolution (1848). Von nun ab verbreitete sie sich auch nach andern Ländern, gestaltete sich aber doch nach Umfang und Charakter bei den einzelnen Völkern verschieden. In Europa ist England dasjenige Land, in welchem nicht nur die Emanzipationsbestrebungen am weitesten gediehen sind, sondern wo auch zuerst eine praktische Lösung der F. in Angriff genommen wurde. Auf Anregung des dortigen sozialwissenschaftlichen Kongresses wurde der erste Verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts gegründet, dem bald weitere folgten. Von diesen Vereinen sind Handels- und Gewerbeschulen, Arbeitsnachweisungsbüreaus und andre Einrichtungen zur Verbesserung des Frauenloses geschaffen worden. Ein Teil der Bestrebungen richtet sich besonders auf die Beseitigung der ungünstigen Lage, in welcher die Frauen Englands im Widerspruch zu ihrem sonstigen gesellschaftlichen Ansehen hinsichtlich des bürgerlichen Rechtsverkehrs sich befinden. Eine wesentliche Verbesserung derselben ist durch das Ehefrauen-Eigentumsgesetz von 1882 geschaffen worden. Nicht ohne Erfolg ist man bemüht gewesen, den Frauen einzelne Staats- und Ehrenämter zugänglich zu machen. Im Vordergrund indessen stehen die Bestrebungen für das aktive Wahlrecht. Für die Munizipalwahlen ist den selbständigen steuerzahlenden Frauen dasselbe bereits 1869 erteilt worden, nicht aber den Ehefrauen, die man durch ihre Männer genügend vertreten erachtet. Das Verlangen nach Erteilung des Stimmrechts für die Parlamentswahlen blieb bisher ohne Erfolg, doch haben die hierauf gerichteten, jährlich sich wiederholenden Anträge seit längerm bedeutende Minoritäten bei den Abstimmungen erzielt. In Deutschland hat es an einer politischen Frauenbewegung bisher gänzlich gefehlt, man verfolgt hier nur unmittelbar praktische Ziele. Seit den 60er Jahren ist in Versammlungen und Vereinen eine rege Thätigkeit, vor allem von den Frauen selbst, entfaltet worden, und wie in England gibt auch hier eine Reihe neugeschaffener Institute für Bildung und Erwerb sowie die angebahnte Reform der Mädchenerziehung in den Schulen Zeugnis von der Wirksamkeit der Bemühungen. Besonders zeichnete sich Schweden durch das aus, was der Staat