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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frauenhaar; Frauenhäuser; Frauenkauf; Frauenkrankheiten; Frauenlob

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Frauenhaar - Frauenlob.

Frauenhaar, s. Adiantum; rotes F., s. Asplenium.

Frauenhäuser, s. Prostitution.

Frauenkauf (Brautkauf), die den Anschauungen in den zivilisierten Ländern ziemlich entgegengesetzte Sitte der meisten Naturvölker, die Braut ihren Eltern gegen eine vereinbarte, meist aus so und so viel Stück Herdenvieh bestehende Summe abzukaufen. Die Frau wird dadurch zur Sklavin und zum absoluten Eigentum des Mannes, so daß er mit ihr nach seinem Belieben schalten und walten, ja selbst über ihr Leben verfügen kann. Vgl. Frauenraub.

Frauenkrankheiten, das Gebiet derjenigen Krankheiten meist chronischer Art, welche der Frau als solcher in ihrem durch die anatomischen und physiologischen Verhältnisse bedingten Gegensatz zu dem Mann eigentümlich sind. Ausgeschlossen sind diejenigen akuten Erkrankungen, welche sich unmittelbar an das Wochenbett anschließen und als besondere Gruppe unter dem Namen Wochenbett-, Puerperalkrankheiten abgegrenzt werden. Die F. im engern Sinn umfassen die Erkrankungen der eigentlich dem Geschlechtsleben des Weibes dienenden Organe, insbesondere der äußern Geschlechtsteile, der Scheide, der Gebärmutter und Eierstöcke mit ihren Adnexen. Die häufigsten derselben sind akute und chronische Katarrhe der Scheide und der Gebärmutter, Lageveränderungen der Gebärmutter, welche nach vorn oder hinten zu gebeugt oder sogar geknickt sein kann, Vorfall derselben bei starker Erschlaffung der haltenden Gebärmutterbänder. Ferner die mangelhaften oder fehlerhaften Entwickelungen des Geschlechtsapparats, welche entweder angeboren sind, oder bei allgemeiner schlechter Ernährung und schwächlichen Individuen auftreten, Anomalien der Menstruation, welche man als Amenorrhöe (s. d.) und Dysmenorrhöe (s. d.) bezeichnet, und endlich die ebenso häufigen wie wichtigen Krebsgeschwülste der Gebärmutter und die Cysten und andern Geschwülste der Eierstöcke. Die Leiden der weiblichen Brust bilden ein Grenzgebiet der F. und der eigentlichen Chirurgie. In das Gebiet der F. fallen ferner eine Reihe von Störungen, welche, von Erkrankungen der Gebärmutter ausgehend, die Harnblase und den Mastdarm in Mitleidenschaft ziehen. Demnächst gehören hierher im weitern Sinn des Wortes eine große Zahl von Krankheitsprozessen, welche, wie man sich technisch ausdrückt, reflektorisch von Geschlechtsleiden aus angeregt werden und sich an örtlich entfernten und funktionell verschiedenen Organen abspielen. Der Geschlechtsapparat des Weibes ist außerordentlich nervenreich und hat gleichzeitig sehr ausgedehnte und vielseitige, sogen. reflektorische Beziehungen zu den Organen des Darmkanals, dem Herzen und dem Gehirn, soweit es Sitz der Psyche ist. Demgemäß übertragen sich krankhafte Zustände der Genitalien auf dem Weg des nervösen Reflexes auf diese Organe und dokumentieren sich hier als Verstimmungen und Funktionsstörungen in mannigfachster Art. Im weitesten Sinn gehört demnach in den Bereich der F. auch ein guter Teil der als Hysterie bekannten Nerven- und Gemütsstörungen. Die Ursachen dieser mannigfachen Erkrankungen, soweit dieselben nicht angeboren sind, sind in Schädlichkeiten zu suchen, welche den weiblichen Geschlechtsapparat zur Zeit seiner vollen Entwickelung treffen. Besonders Erkältungen, geschlechtliche Extravaganzen etc. während der Menstruation, ferner unzweckmäßiges Verhalten während der Schwangerschaft und nach der Geburt wirken schädlich auf den Geschlechtsapparat ein, sei es dadurch, daß die zur Zeit der Menstruation mit Blut überfüllte Schleimhaut der Gebärmutter leichter von einem Katarrh befallen wird, oder daß durch zu frühes Aufstehen nach der Entbindung die Gebärmutter in eine fehlerhafte Lage gerät u. a.; jedenfalls stehen die meisten Erkrankungen mit den genannten wichtigsten Epochen im weiblichen Geschlechtsleben im Zusammenhang. Anderseits ist ein großer Prozentsatz von F. auf unzweckmäßige oder sogar schädigende Erziehung zurückzuführen. Diese Ursachen, welche auf sozialer Basis beruhen, bestehen bei den ärmern Volksschichten darin, daß die Mädchen im jugendlichen Alter zu anstrengender Arbeit auf dem Feld oder gar in Fabriken mit verdorbener Luft herangezogen werden, so daß bei der Überanstrengung des jugendlichen Körpers der Geschlechtsapparat sich nicht normal entwickeln kann, oder darin, daß die Mädchen von Jugend auf ihr Leben in sitzender Weise als Näherinnen verbringen und dadurch die Bleichsucht und mannigfache von letzterer herrührende F. erwerben, und endlich durch den zu diesen Schädlichkeiten häufig hinzukommenden frühzeitigen oder übermäßigen Geschlechtsgenuß. Bei den wohlhabenden Volksklassen wirkt die der modernen Erziehung eigentümlich Verweichlichung der weiblichen Jugend schädigend auf die Widerstandsfähigkeit der Sexualorgane, ferner die vielfach auch außerhalb der Schule sitzende ungesunde Lebensweise. In neuester Zeit ist man, unter Anerkennung dieser Thatsachen, bemüht, diesen Übelständen abzuhelfen, sei es auf legislatorischem Weg, welcher den Fabriken verbietet, Kinder in Arbeit zu nehmen, sei es durch zweckmäßige Stärkung und Abhärtung des weiblichen Körpers durch Turnunterricht in der Schule, Schwimmen etc. Anerkannt muß jedenfalls werden, daß bei der heutigen erschreckend großen Verbreitung der F. nicht allein das Wohl einer einzelnen Person oder Familie gefährdet ist, sondern aller Schichten der gesamten Bevölkerung. Die Behandlung der mannigfachen F. ist in neuerer Zeit durch die gründliche Untersuchung der organischen Veränderungen bei den einzelnen Krankheiten sowie durch den rapiden Aufschwung der modernen Chirurgie derartig gefördert worden, daß die F. heute eine wichtige Spezialwissenschaft der Gesamtmedizin darstellen. Die Richtung in der Behandlung der F. ist jetzt eine wesentlich operative. Durch eine ganze Reihe glücklich ersonnener Operationen, an die früher gar nicht zu denken war, werden jetzt die tiefstgehenden Leiden kranker Frauen geheilt oder wenigstens erträglich gemacht. Zu nennen sind hier: die Amputationen kranker Teile, ja die totale Entfernung der Gebärmutter, der teilweise oder gänzliche Verschluß der Scheide zur Heilung des Gebärmuttervorfalls, die Ovariotomie und die Operation der verschiedenen Formen der Blasenscheidenfistel. Hervorragende Vertreter dieser operativen Richtung sind: Spencer Wells in England, Marion Sims in Amerika, Koeberlé und Péau in Frankreich, Gustav Simon, Schröder, Hegar, Martin in Deutschland u. a. Die Lehre von den F. heißt Gynäkologie (s. d.). Vgl. Scanzoni, Lehrbuch der Krankheiten der weiblichen Sexualorgane (5. Aufl., Wien 1875); Schröder, Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane (6. Aufl., Leipz. 1883); Hewitt, F. (deutsch, 2. Aufl., Stuttg. 1873); Sims, Klinik der Gebärmutterchirurgie (deutsch, 3. Aufl., das. 1873); Winckel, Lehrbuch der F. (Leipz. 1886).

Frauenlob, mit seinem Familiennamen (nach neuerer Forschung) Heinrich zur Meise (Henricus ad parum), deutscher Meistersänger, geb. 1270 als Sohn