Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Freudenthal; Freund; Freunde, Gesellschaft der; Freundschaft

677

Freudenthal - Freundschaft.

der Höhe des Schwarzwaldes, über dem Forbachthal, an der Linie Stuttgart-F. der Württembergischen Staatsbahn, mit Amtsgericht, großem, von Arkaden umgebenem Marktplatz, einer 1601-1608 erbauten zweigetürmten Kirche, Wollspinnerei, Tuchmacherei, Seidenzwirnerei, Fabrikation von Messerwaren, Nägeln, Holzmosaikwaren, Sägemühlen und (1885) 6205 meist evang. Einwohnern. Zu F. gehören Christophsthal am Forbach, mit Eisenwerk, Stahl- und Sensenhammer, Woll- und Flachsspinnerei, und Kniebis (s. d.). Die Stadt wurde 1599 von vertriebenen Protestanten aus dem Salzburgischen gegründet.

Freudenthal, 1) Stadt in Österreichisch-Schlesien, westlich von Troppau, an der Eisenbahn von Olmütz nach Jägerndorf, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein Schloß des Deutschen Ritterordens, 7 Kirchen (darunter eine protestantische), ein Untergymnasium, Webschule, Krankenhaus, Flachsspinnerei, Lein-, Halblein- und Schafwollweberei, Farbenfabrikation, Bierbrauerei, Spiritusbrennerei, Garn- und Produktenhandel und (1880) 7595 Einw. Kaiser Ferdinand II. verlieh die Stadt 1621 dem Deutschordensmeister Erzherzog Karl als beständiges Eigentum des Ordens. -

2) Deutsche Ansiedelung im russ. Gouvernement Cherson, Kreis Odessa, mit 2072 evang. Einwohnern, einer neuen Kirche und einer Zentralfortbildungsschule.

Freund, 1) Hermann, dän. Bildhauer, geb. 15. Okt. 1786 zu Uthlede bei Bremen, besuchte die Akademie zu Kopenhagen und begab sich 1820 nach Rom, wo er in das Atelier Thorwaldsens trat. Hier hatte er namentlich einen wichtigen Anteil an den Arbeiten für die Frauenkirche in Kopenhagen, der Christusstatue und den Aposteln. Doch schuf er auch einige selbständige Werke: einen Merkur, ein Hirtenmädchen, das ein Lamm trinken läßt, u. a., welche, glücklich erfunden und nicht ohne Feinheit ausgeführt, ihn ganz als Schüler Thorwaldsens zeigen. Im J. 1827 kehrte er nach Kopenhagen zurück, wo er eine rege Thätigkeit als Lehrer und Dirigent des Kunstvereins entfaltete. 1836 vollendete er das Denkmal des Reformators Hans Tausen in Viborg. Sein Hauptwerk ist der Ragnarökrfries, der 1841 einen Platz im Schloß Christiansborg fand. Es war eine schwere Aufgabe, die phantastische nordische Sage, in welcher die Gestalten nur in schwankenden Umrissen erscheinen, plastisch zu verkörpern, und F. ist derselben nicht gerecht geworden, um so weniger, als die antikisierenden Thorwaldsenschen Formen in Widerstreit zur Idee des Gegenstandes stehen. Doch hat die Komposition den Vorzug einer energievoll dramatischen Wirkung. F. starb als Professor an der Kopenhagener Akademie 30. Juni 1840.

2) Wilhelm, Philolog, geb. 27. Jan. 1806 zu Kempen im Posenschen von israelitischen Eltern, studierte seit 1824 in Berlin und Breslau, eröffnete 1828 in letzterer Stadt eine jüdische Religionsschule, die er aber, von seinen orthodoxen Glaubensgenossen angefeindet, bald wieder schloß, lebte hierauf meist privatisierend, war jedoch inzwischen Lehrer am Elisabethanum in Breslau und verwaltete 1848-51 provisorisch das Direktorat des Gymnasiums zu Hirschberg, machte 1851 eine größere Reise nach England, 1853 nach Graubünden und Tirol, um das dortige Romanisch kennen zu lernen, war 1855-70 Direktor der nach seinem Plan organisierten höhern israelitischen Gemeindeschule in Gleiwitz und lebt seitdem in litterarischer Thätigkeit zu Breslau. Sein sehr verdienstliches Hauptwerk ist das umfassende "Wörterbuch der lateinischen Sprache" (Leipz. 1834-45, 4. Bde.). Im Anschluß daran verfaßte er: "Gesamtwörterbuch der lateinischen Sprache" (Bresl. 1844-1845, 2 Bde.) und das "Lateinisch-deutsche und deutsch-lateinisch-griechische Schulwörterbuch" (Berl. 1848-1855, 2 Tle.); schon vorher war die Ausgabe von Ciceros Rede "pro Milone" (Bresl. 1828) erschienen. Später hat er sich auf die Fabrikation von allerhand Unterrichtsbüchern geworfen, wie der vielberufenen "Präparationen zu den griechischen und römischen Schulklassikern", auch zum "Alten Testament" (letztere mit Marx, Leipz. 1862 ff.) und der "Prima", einer Sammlung von Unterrichtsbriefen zur Vorbereitung für das Abiturientenexamen. Mehr Anerkennung verdienen: "Wie studiert man Philologie?" (5. Aufl., Leipz. 1885); "Triennium philologicum oder Grundzüge der philologischen Wissenschaften" (das. 1874-76, 6 Bde.; 3. Aufl. 1885 ff.); "Tafeln der griechischen, römischen, deutschen, englischen, französischen und italienischen Litteraturgeschichte" (das. 1873-75, 6 Tafeln); "Cicero historicus. Ciceros Geschichtsangaben" (das. 1881).

Freunde, Gesellschaft der, s. Quäker.

Freundschaft, im allgemeinen jedes Verhältnis gegenseitiger Zuneigung zwischen Personen, welches auf dem Bewußtsein äußerer oder innerer Gleichartigkeit beruht. Ersteres Merkmal unterscheidet dieselbe von bloßer Sympathie, welche auf unbewußter Gleichartigkeit, letzteres von der Liebe als derjenigen Zuneigung, welche auf bewußter Ungleichartigkeit und wechselseitiger Ergänzung (z. B. in der Geschlechtsliebe) beruht. Liegt der F. nur äußere Gleichartigkeit (gleiche Abstammung, gleiche Welt- und gesellschaftliche Stellung, Gleichalterigkeit, gleiche geschäftliche oder Vergnügungszwecke etc.) zu Grunde, so heißt sie weltliche (wozu die sogen. Blutsfreundschaft, Geschäftsfreundschaft, Waffenbrüderschaft, Zechbrüderschaft etc. gehören); liegt ihr dagegen innere Gleichartigkeit (der Überzeugung, des Geschmacks, der Gesinnung) zu Grunde, so heißt sie geistliche F., welche je nach der Übereinstimmung im Denken, Fühlen oder Wollen als Geister-, Seelen- oder Charakterbundaustritt. Letztere wird in höherm Sinn wohl allein F. genannt, während für die freundschaftlichen Verbindungen der erstern Art die Bezeichnung der Blutsverwandtschaft (F. heißt im Volksmund die gesamte Geschlechtsangehörigkeit), der Kameradschaft, der Association etc. ausreicht. Der Umstand, daß das Gleichartige in jenem Fall zugleich das Höhere im Menschen ist, hebt die Neigung zum andern um der Gleichartigkeit willen auf eine höhere Stufe und läßt sie mit Achtung für wahrhaft Achtungswürdiges verbunden sein. Über der anerkannten Gleichheit in demjenigen, was edlen Persönlichkeiten allein für das wahre Wesen des Menschen gilt, tritt die Ungleichheit in äußern Dingen (Rang, Stand, selbst Geschlecht) in den Hintergrund; wirkliche F. kennt weder Geburts- noch Besitzunterschiede. Dennoch ist, mit der Liebe verglichen, der F. ein egoistischer Zug nicht abzusprechen; während der Liebende in der Geliebten das Gegenteil, liebt der Freund im Freunde das Ebenbild seiner selbst, jener in der andern die andre, dieser im andern streng genommen nur sich. Daher steht die Liebe dem Wohlwollen, welches dem fremden Wollen als fremdem sich unterordnet, die F. dagegen dem Mitgefühl näher, welches das fremde Gefühl als eignes wiederholt. Daher erlischt die F., sobald die Übereinstimmung aufgehört hat, während die Liebe von vornherein den Gegensatz anerkennt und, wenn dieser allmählich zu schwinden beginnt und (wie in der Ehe) wachsender Gleichartigkeit Platz