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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gebauer; Gebende; Geber; Gebern; Gebesee

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Gebauer - Gebesee.

kann, sowie auch, weil Wohnungsaufwand und Einkommen ebensowenig einander immer entsprechen.

Die Veranlagung der G. ist in der Praxis meist sehr mangelhaft. Dieselbe erfolgt in Preußen und Österreich nach einem Ertragskataster, in Baden, Hessen und Württemberg nach einem Wertkataster. In Orten, in welchen viele Vermietungen vorkommen, kann einfach der Mietzins (in Preußen nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre) zur Bemessung benutzt werden, indem von demselben die Erhaltungskosten in Abzug kommen (in Österreich 15 Proz. vom Bruttomietwert in speziell benannten Städten, 30 Proz. in allen andern Orten). Die Höhe der Miete läßt sich durch Fassion der Eigentümer unter Benutzung einer durch den Mieter auszuübenden Kontrolle feststellen. Daneben können Kaufpreise als Mittel der Kontrolle und Berichtigung verwendet werden. Die nicht vermieteten Wohnungen (in Österreich in Orten, in welchen wenigstens die Hälfte der Wohnungen, in Preußen in Orten, wo gewohnheitsmäßig Wohnungen vermietet werden) lassen sich dann nach dem möglichen Mietertrag einschätzen. In allen andern Fällen, in welchen das Eigenbewohnen die Regel, ist das Steuerobjekt nach äußern Merkmalen zu bemessen. In Österreich werden diese Wohnungen nach der Zahl der Stockwerke und der bewohnbaren Räume in zwölf Klassen eingeteilt (Hausklassensteuer); Bayern erhebt in kleinen Ortschaften und einzelnen Höfen mit wenig vorkommenden Vermietungen eine Arealsteuer, indem neben den für die Grundsteuer maßgebenden Bodenklassen der Flächeninhalt von Bauplatz und Hofraum der Bemessung zu Grunde gelegt wird. Preußen wirft auf dem Lande die G. aus nach Größe, Bauart und Beschaffenheit der Gebäude und nach den Gesamtverhältnissen der zugehörigen Besitzungen; doch soll bei größern Besitzungen nie ein höherer Ertrag als bei einem Gebäude gleicher Beschaffenheit in den nächsten Landstädten angenommen werden. Die französische, 1798 eingeführte Thür- und Fenstersteuer ist ausschließlich eine solche vom Eigentümer erhobene Hausklassensteuer, welche von den Mietern nach ihrem Anteil an den Öffnungen wieder eingezogen werden darf. Dieselbe wird in festen Kontingenten den einzelnen Gemeinden zugewiesen und dann nach einem bestimmten Tarif auf die einzelnen Pflichtigen verteilt (Ertrag 1885: 45 Mill. Frank). Die Sätze dieses Tarifs sind verschiedene je nach der Größe der Ortschaft (sechs Klassen) und des Hauses, nach der Art und Zahl der Öffnungen (Fenster, Thüren) und nach dem Stockwerk. Ebensowenig wie eine Thür- und Fenstersteuer ist die alte Herdsteuer (Herdgeld) eine zweckmäßig angelegte Steuer, welche früher in England von je einem Herd (als Kennzeichen der Wohnung) mit 2 Schilling erhoben wurde, wozu bei Häusern mit 10-20 Fenstern 2, bei solchen mit mehr Fenstern 6 Schill. hinzukamen. Dieselbe wurde 1695 durch eine 1851 aufgehobene Fenstersteuer ersetzt, welche vor der Herdsteuer den Vorzug hatte, daß die Wohnräume bei der Steuereinschätzung nicht betreten zu werden brauchten. Von der Steuer befreit sind in Preußen die dem Staat, Provinzen, Kreisen, Gemeinden gehörigen, zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch bestimmten Gebäude, dann gottesdienstliche Gebäude sowie solche, die dem öffentlichen Unterricht dienen. Zeitweilige Befreiungen als Reizmittel werden in Österreich für Neu-, Zu- und Umbauten gewährt. In den Jahren 1881-83 ergab die G. in Dänemark 2,3 Mill. Mk., Bayern 3,7, Preußen 28,1, Großbritannien 33,9, Italien 50,7, Österreich 50,8, Ungarn 17,5 Mill. Mk.

Gebauer, Johann, tschech. Sprachforscher, geb. 8. Okt. 1838 zu Oubislavica bei Neupaka, studierte in Gitschin und Prag, bekleidete seit 1866 Lehrerstellen an den Realschulen zu Pardubitz und Prag, habilitierte sich 1873 hier als Dozent der tschechischen Sprache und wurde 1881 zum ordentlichen Professor an der tschechischen Universität ernannt. Er schrieb (in tschechischer Sprache): "Etymologische Sprachanfänge" (Prag 1868); "Die slawischen Sprachen" (das. 1869); "Beitrag zur Geschichte der böhmischen Selbstlauter" (das. 1870); "Ein Wort zu den Rasuren in der Königinhofer Handschrift" (das. 1870); "Beitrag zur Geschichte der böhmischen Rechtschreibung und alttschechischen Aussprache" (das. 1871); eine "Monographie über den alten böhmischen Schriftsteller S. Flaska" (1873); "Versuch, den Lautwechsel durch die Mechanik der Sprachwerkzeuge zu erklären" (1873) u. a. Auch hat G. manche Übersetzungen aus dem Bulgarischen und Sanskrit veröffentlicht und neuerdings (1886) durch einen Aufsatz im Prager "Athenäum" den Streit über die Echtheit der "Königinhofer Handschrift" in energischer Weise wieder angeregt.

Gebende (Gebände, "Bandwerk"), eine schon im Nibelungenlied erwähnte Kopftracht der Jungfrauen, später der Frauen überhaupt, bestand anfangs aus einem gesteiften Bande, das Wangen und Kinn umschloß, wozu im 13. und 14. Jahrh. eine Kopfbinde kam, die wie ein Reif oder, wenn sie oben geschlossen war, wie ein Barett den Kopf umschloß und durch das genannte, am Kinn schmäler werdende Band gehalten wurde (s. nebenstehende Abbildung). Die Farbe des Gebendes war meist weiß, seltener rot oder grün.

^[Abb.: Gebende.]

Geber, im Prämiengeschäft der Prämienzahler, im Gegensatz zum Nehmer; Schluß auf geben und nehmen, eine Schlußform im Stellgeschäft. Vgl. Börse, S. 238.

Geber (Gafar, Gabar), eigentlich Abu Abdallah Dshafar ibn Muhammed, mit dem Beinamen al Ssadik (der Wahrhafte), arab. Gelehrter, geb. 699, der sechste Imam (Oberhaupt der Aliden), starb 765 in Medina. Er war ein eifriger Astrolog und wegen seiner Wahrsagekunst (aus dem Gliederzucken) berühmt. Man schreibt ihm gegen 500 Schriften zu, von welchen besonders "Sidera apparentia nativitatum", "Liber divinationis", "Valpitationes membrorum", "Electiones dierum" und "Tabulae de cognitione ingressus annorum, mensium et dierum" vielfach übersetzt worden sind. G. wird oft vermengt mit seinem berühmten Schüler Abu Musa Dshabir ibn Hajján, dem bedeutendsten Chemiker der Araber, der im Abendland ebenfalls unter dem Namen G. oder Dschabir (s. d.) geht. - Ein dritter G., Dschaaber ben Aflah, lebte zu Ende des 11. oder zu Anfang des 12. Jahrh. in Sevilla und schrieb unter anderm ein Werk: "De astronomia libri IX" (hrsg. von Apian, Nürnb. 1534), in welchem namentlich die Ptolemäische Theorie der zwei untern Planeten, jedoch mehr heftig als gerecht, angegriffen wird.

Gebern (Guebern), s. Parsen.

Gebesee, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Weißensee, an der Gera und der Eisenbahn Nordhausen-Erfurt, mit einer alten, 731 von Bonifacius gegründeten Kirche u. (1885) 2162 evang. Einw.