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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gelbschoten; Gelbsehen; Gelbspinner; Gelbsteißkassike; Gelbsucht

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Gelbschoten - Gelbsucht

Gelbschoten, chinesische, die Früchte einiger Gardenia-Arten, die einen gelben Farbstoff liefern (s. Färbepflanzen und Gardenia).

Gelbsehen, Xanthopsie, diejenige Störung des Sehvermögens, bei der alle hellen Gegenstände gelblich gefärbt erscheinen; sie findet sich bisweilen bei der Gelbsucht (s. d.) und wird hier wahrscheinlich von der Gelbfärbung der durchsichtigen Augenmedien bedingt. Auch nach dem Genusse des Santonins (s. d.) tritt G. ein. Diese merkwürdige Santoninwirkung ist im wesentlichen als Violettblindheit aufzufassen, indem durch die Einwirkung des Santonins auf die Sehnervenausbreitung in der Netzhaut die violett empfindenden Nervenfasern zuerst erregt, dann vorübergehend ermüdet oder gelähmt werden; in der That geht dem G. zunächst immer ein kurzes Stadium des Violettsehens voraus.

Gelbspinner, eine Art des Seidenspinners, s. Seidenraupe und Seidenzucht.

Gelbsteißkassike, s. Beutelstare.

Gelbsucht, gallige Dyskrasie oder Cholämie (Ikterus, Morbus regius), die gelbliche Verfärbung der äußern Haut und der sichtbaren Schleimhäute, ist keine selbständige Krankheit, sondern nur ein eigenartiges Krankheitssymptom, das sich bei verschiedenartigen Erkrankungen des Gallenapparats und mancherlei andern Affektionen einstellen kann und durch die Beimischung von Gallenbestandteilen, insonderheit von Gallenfarbstoff und Gallensäuren, zum Blute und zu den Gewebssäften zu stande kommt. In den weitaus häufigsten Fällen entsteht die G. dadurch, daß die in der Leber fertig gebildete Galle infolge mechan. Hindernisse nicht aus der Leber und Gallenblase in den Zwölffingerdarm abfließen kann, deshalb von den Blut- und Lymphgefäßen aufgesogen (resorbiert) wird und so in das Blut gelangt: d. i. der sog. Resorptions- oder Lebericterus (Icterus hepatogenes); in andern, seltenern Fällen ist die Gelbfärbung dadurch bedingt, daß innerhalb der Blutgefäße eine Zersetzung der roten Blutkörperchen erfolgt und deren Farbstoff in Gallenfarbstoff verwandelt wird: d.i. der sog. Bluticterus, G. ohne Gallenresorption (Icterus haematogenes).

Eine Resorption der Galle und damit G. erfolgt regelmäßig, sobald durch eine mechan. Ursache der Gallenabfluß gehindert wird und hierdurch die Galle innerhalb der Gallenwege unter einem höhern Drucke steht als das Blut innerhalb der Lebergefäße. Am häufigsten kommt es zu einer derartigen mechan. Behinderung des Gallenabflusses beim Katarrh der Gallenwege, wenn infolge von Diätfehlern ein Magenkatarrh sich auf den benachbarten Zwölffingerdarm ausbreitet und eine Verschwellung und Verstopfung der Gallenwege zur Folge hat (sog. katarrhalische G.), weiterhin bei Einklemmung von Gallensteinen (s. d.) im Gallengang, bei krampfhafter Kontraktion des letztern, bei Kompression der Gallenwege durch Geschwülste, Narbenmassen u. dgl. Die Erkrankungen des eigentlichen Leberparenchyms pflegen nur dann mit G. verbunden zu sein, wenn sie einen abnormen Druck auf die Gallenwege ausüben. Auch die Ursachen des sog. Bluticterus sind sehr verschieden: heftige Gemütsbewegungen, gewisse Vergiftungen (Äther, Chloroform, Chloral, Phosphor, Schlangenbisse) und manche schwere Infektionskrankheiten (Pyämie, Kindbettfieber, Rückfallstyphus u. a.) gehen nicht selten mit galliger Verfärbung der Haut einher.

Die G. beginnt gewöhnlich mit einer gelblichen Färbung der weißen Augenhaut (der Sklerotika), woran sich schon nach wenigen Tagen eine bald nur leicht gelbliche, bald intensiv safrangelbe Verfärbung der äußern Haut anschließt, die in den höchsten Graden der G. in das Grünliche, selbst Mahagonifarbene bis schwärzliche geht (Icterus niger oder Melanicterus). Am intensivsten ist diese Färbung an allen Körperstellen, an denen die Oberhaut sehr zart und dünn ist, so an der Ellenbeuge und auf der Brust, und daß auch die äußerlich sichtbaren Schleimhäute gelb gefärbt sind, erkennt man mit Leichtigkeit, wenn man an der Lippe oder dem Zahnfleisch durch einen Fingerdruck das Blut entfernt, wobei nicht ein weißer, sondern ein gelber Fleck entstebt. Bei Lampen- und Kerzenlicht verschwindet übrigens die Gelbfärbung der Haut und der Sklerotika vollständig, sodaß man die G. in den Abendstunden nicht erkennen kann. Auch der Harn des Kranken erscheint dunkelgelb oder selbst braun und bildet beim Schütteln einen gelben Schaum; zuweilen sind auch andere Säfte des Körpers, wie der Speichel, Schweiß, die Milch u. dgl. gallig gefärbt. Infolge des verhinderten Übertritts der Galle in den Darmkanal liegt die Verdauung der Gelbsüchtigen schwer danieder; es bestehen gewöhnlich große Appetitlosigkeit, Übelkeit, auffallender Widerwille gegen Fleisch- und Fettnahrung und anhaltende Stuhlverstopfung; die Ausleerungen sind gänzlich gallenarm, weiß, thonartig fest, und bei längerer Dauer der Krankheit tritt gewöhnlich starke Abmagerung ein. Weiterhin ruft die Anwesenheit der Gallensäuren im Blute eine Reihe charakteristischer Störungen hervor: die Kranken sind in der Regel verdrießlich, mürrisch und sehr leicht reizbar, klagen über große Mattigkeit, Schwäche und Abspannung, über Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit, ja bisweilen stellen sich sogar schwerere Hirnsymptome, wie Schwindel, Delirien, Krampfanfälle, Schlafsucht u. dgl. ein (sog. bösartige G., Icterus gravis). Bisweilen ist Gelbsehen vorhanden, weil auch die brechenden Medien des Augapfels gelblich verfärbt sind. Fast immer besteht Pulsverlangsamung, die bis zu 40, ja bis zu 20 Schlägen in der Minute herabsinken kann. Viele Kranke werden von einem unerträglichen Hautjucken gequält; die Haut selbst ist gewöhnlich trocken, spröde und mit kleinen Schüppchen bedeckt.

Dauer und Verlauf der G. ist je nach der vorliegenden Grundursache verschieden. Während leichtere Fälle, namentlich die so häufige katarrhalische Form, gewöhnlich binnen wenigen Wochen in Genesung übergehen, erstrecken sich andere über Monate, selbst über Jahre, ja in einzelnen Fällen bleibt die icterische Färbung bis zum Lebensende bestehen. Die Genesung giebt sich zuerst immer dadurch zu erkennen, daß die Stuhlentleerungen anfangen sich wieder zu färben, dann wird der Harn allmählich wieder heller, und erst ganz zuletzt verschwindet die gelbe Hautfarbe. Als günstige Zeichen gelten auch die Zunahme des Appetits und die Besserung der Gemütsstimmung.

Die Behandlung der G. ist je nach dem vorhandenen Grundleiden verschieden; in allen Fällen ist aber ein sorgfältig geregeltes diätetisches Verhalten von der größten Bedeutung. Gelbsüchtige sollen sich vor Gemütsaufregungen jedweder Art, vor körperlichen Anstrengungen, übermäßiger geistiger Thätigkeit und vor Erkältungen sorgfältig in