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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geldern; Geldernscher Erbfolgekrieg; Geldherrschaft

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Geldern - Geldherrschaft.

schaft zu; er starb 1402. Sein Bruder und Nachfolger Rainald IV. mußte die Stadt Emmerich einem frühern Versprechen zufolge dem Herzog von Kleve überlassen. Da auch er kinderlos starb (1423), so kam die Regierung an seinen Großneffen Arnold von Egmond, über welchen dessen Vater Johann, Herr von Arkel, die Vormundschaft führte. Auch der Kaiser Sigismund hatte 1424 diese Nachfolge bestätigt, doch schon 1425 widerrief er diese Bestätigung und setzte den Herzog Adolf von Berg und Jülich als Herzog von G. ein. Ein langjähriger Krieg war die Folge hiervon, da nun auch Arnold Ansprüche auf Jülich erhob; derselbe endete schließlich damit, daß sich das Haus Egmond in G. und Adolf und seine Erben in Jülich behaupteten. Herzog Arnold lag mit seinen Städten, besonders mit Nimwegen, in fortwährendem Hader, und da er dem Lande drückende Steuern auferlegte, bildete sich eine Verschwörung gegen ihn, an der seine eigne Gemahlin, die herrschsüchtige und gewaltthätige Katharina von Kleve, und sein Sohn Adolf teilnahmen. Anfangs gewann Arnold das Übergewicht, und Adolf mußte das Land räumen; allein nachdem er zurückgekehrt war, bemächtigte er sich des Vaters durch Verräterei 1465 und hielt ihn auf Schloß Büren in harter Gefangenschaft. Karl der Kühne von Burgund benutzte die willkommene Gelegenheit, sich einzumischen, wozu ihm der allgemeine Unwille über Adolfs Grausamkeit den Vorwand bot; er zwang diesen zur Freigebung des Vaters und setzte ihn gefangen (1471), worauf er Arnold 1472 das Herzogtum G. für 92,000 Goldgulden abkaufte. Adolf erhielt indes nach dem Tod Karls des Kühnen (1477) die Freiheit wieder und ward von den Gentern an die Spitze einer Partei gestellt, die eine Heirat zwischen Maria von Burgund und ihm erzwingen wollte; doch fand er bald darauf bei der Belagerung von Tournai seinen Tod. Nun suchte zwar Katharina, Adolfs Schwester, für dessen Sohn Karl die Regierung zu führen; doch vermochte sie sich gegen Maximilian von Österreich, auf den durch seine Vermählung mit Maria die burgundischen Ansprüche übergegangen waren, nicht zu behaupten, und dieser nahm 1483 das Land in Besitz. Allein Karl gab seine Ansprüche nicht auf, sondern sammelte mit französischer Unterstützung ein Heer und bemächtigte sich 1492 und 1493 seines väterlichen Erbes wieder. Alle Versuche Maximilians, G. wiederzuerobern, waren vergeblich, und auch die niederländischen Statthalter, Erzherzog Philipp und nachher Margarete, vermochten nichts gegen Karl auszurichten, welcher 1507 in Brabant und Holland eindrang, 1511 Harderwijk und Bommel eroberte, 1512 vor Amsterdam erschien und 1514 Groningen einnahm. Erst 1528 ward er von Karl V. gezwungen, in dem Vertrag von Gorinchem G. und Zütphen von jenem zu Lehen zu nehmen. 1534 machte Herzog Karl, da er kinderlos war, den Versuch, G. an Frankreich zu bringen; allein dem widersetzten sich die Stände aufs heftigste und nötigten ihn zur Abtretung des Landes an den Herzog von Kleve, Wilhelm den Reichen, 1538; noch in demselben Jahr starb Karl. Mit den Franzosen verbündet, behauptete sich Wilhelm längere Zeit mit Glück; endlich erschien aber Karl V. selbst am Niederrhein und nötigte ihn, in einem Vertrag vom 7. Sept. 1543 G. nochmals an ihn abzutreten, das nun definitiv mit den habsburgisch-burgundischen Niederlanden vereinigt wurde. Die niederländische Revolution hatte eine Trennung Gelderns zur Folge, indem der nördliche Teil desselben 1579 der Utrechter Union beitrat und daher holländisches G. genannt wurde, der südliche Teil aber Spanien treu blieb und daher spanisches G. hieß. Während das holländische G. fortwährend das Schicksal der Generalstaaten teilte, kam das spanische G. (das sogen. Oberquartier G., jetzt zum Regierungsbezirk Düsseldorf gehörig) durch den Utrechter Frieden (1713) samt der Hauptstadt G. an Preußen außer Venloo, das an die Generalstaaten, und Roermonde, das nebst den übrigen spanischen Niederlanden an Österreich fiel. Im Frieden von Basel (1795) jedoch fiel ein Teil desselben und 1801 im Lüneviller Frieden das Ganze als Departement Roer an Frankreich. Im Frieden von Paris (1814) wurde G. zum Teil mit Holland, zum Teil mit Preußen vereinigt. Vgl. van Span, Historie van Gelderland (Utrecht 1814); Nijhoff, Gedenkwaardigheden uit de geschiedenis van Gelderland (neue Ausg., Arnh. 1851-75, 6 Bde.); Derselbe, Het voornaemste uit de geschiedenis van Gelderland (das. 1869); Meester, Geschiedenis van de staten van Gelderland (Harderwijk 1864).

Geldern, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, an der Niers und an den Linien Venloo-Wesel-Haltern und Neuß-Kleve-Zevenaar der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, 2 katholische und eine evang. Pfarrkirche, ein Rathaus mit sehenswertem Rittersaal, Seiden-, Tuch-, Schuh-, Knopf-, Seifen-, Likör-, Schreibmaterialien- und Hutfabrikation und (1885) 5690 meist kath. Einwohner. - G., bis 1371 Residenz der Grafen und Herzöge von G., ward 1097 erbaut, erhielt 1328 Stadtrechte und war eine wichtige Festung, die sich in wechselndem Besitz befand; so stand sie 1543-1703 (mit Ausnahme von 1578-87) unter spanischer Herrschaft, ward 1703 von Preußen besetzt, dem die Stadt fortan verblieb, nur daß sie vorübergehend (1794-1814) zu Frankreich gehörte. Die Festungswerke ließ Friedrich II. 1764 schleifen.

Geldernscher Erbfolgekrieg, s. Geldern, Herzogtum.

Geldherrschaft (Geldoligarchie, Argyrokratie, Plutokratie), der Zustand eines Volkes, in welchem Geldmänner vermöge ihres Kapitalbesitzes das öffentliche Leben in Staat und Gesellschaft beherrschen. Der Wert des einzelnen Menschen an sich ist unter ihr gesunken, es gelten in ihr bloß die Kapitalien. Der Mittelstand, welcher sonst unter vorhandenen Umständen die Gegensätze ausgleicht, ist geschwunden; die Nation spaltet sich in Überreiche und in Proletarier. Die Zentralisierung des Staats ist bei solcher Herrschaft aufs höchste getrieben; das Spekulantentum will für seine Zwecke alles gewinnen. Die Abhängigkeit der untern Volksklassen ist unter diesen Umständen um so größer, weil sie, veranlaßt durch gänzlichen Mangel an Kapitalien oder an Grundstücken (Pauperismus), gezwungen sind, ihre volle Arbeitskraft ununterbrochen zu Markte zu bringen. Dem massenhaften Arbeitsausgebot gegenüber liegt die Nachfrage nach Arbeitern in den Händen weniger; diese beuten planmäßig und rücksichtslos die Volkskraft aus. Infolge dieser Abhängigkeit lernt der hoffnungslose Arme das Gesetz verachten. Seine Begriffe von Recht und Unrecht verwirren sich. Es sammelt sich der Zündstoff des Kommunismus an, und die Schrecken der Massenarmut greifen um sich. In den konstitutionellen Staaten vermag die G. nur indirekt ihren Einfluß auf die Verfassung und die Staatsgewalten zur Geltung zu bringen; sie kommt dagegen leichter zur Blüte unter der Regierung des modernen Cäsarismus (Imperialismus). Im Altertum stand die Geldoligarchie oftmals un-^[folgende Seite]