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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gendebien; Gendron; Gêne; Genealogie

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Gendebien - Genealogie.

Brigaden eingeteilt ist, aber hinsichtlich ihrer polizeilichen Thätigkeit unter den Zivilbehörden (Landrat) steht, gibt es noch eine Abteilung Hafengendarmerie in Swinemünde, ebenfalls zum Polizeidienst bestimmt. Die Zahl der G. beträgt in Preußen und Elsaß-Lothringen zusammen 57 Offiziere, 3908 G., davon 1860 berittene. Die Stellen der G. werden mit ausgedienten Unteroffizieren besetzt, die eine sechsmonatliche Probedienstzeit durchzumachen und ein Examen abzulegen haben. Unabhängig von dieser Landgendarmerie sind die Stabsordonnanzen, welche, im Frieden einzeln den Kavallerieregimentern entnommen, als berittene Ordonnanzen den Truppenbefehlshabern vom Brigadekommandeur aufwärts permanent zugeteilt sind und im Kriegsfall den Stamm zu den sogen. Stabswachen (s. d.) bilden; ferner die Leibgendarmerie, die mit gleicher Bestimmung einen Teil des militärischen Hofstaats des deutschen Kaisers bildet und unter dem Befehl eines Flügeladjutanten steht. Zum Polizeidienst bei einer mobilen Armee dienen die Feldgendarmen (s. d.). Vgl. Winkelmann, Der Gendarmeriedienst (Berl. 1879); Derselbe, Der Gendarmerieprobist (das. 1880).

Gendebien (spr. schangd'bjäng), Alexandre, hervorragender Führer der demokratischen Partei in Belgien, geb. 4. Mai 1789 zu Mons, trat als Advokat und als Mitarbeiter des Oppositionsblatts "Courrier des Pays-Bas" durch die Verteidigung de Potters 1829 in dem von der Regierung gegen diesen anhängig gemachten Prozeß in den Vordergrund der Ereignisse, knüpfte erfolgreiche Verbindungen mit den Häuptern der französischen Bewegungspartei an und suchte auf jede Weise die Trennung Belgiens von Holland herbeizuführen. Nach der Revolution Mitglied des Nationalkongresses, übernahm er in der provisorischen Regierung sowie unter der Regentschaft Surlet de Chokiers das Justizministerium, das er später mit der Präsidentschaft des obersten Gerichtshofs vertauschte. Nach der Wahl des Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg trat er in die heftigste Opposition gegen das seitdem befolgte Regierungssystem. Doch schmolz seine Partei immer mehr zusammen, und als er selbst 23. Aug. 1833 in der Anklage gegen den Minister Lebeau eine vollständige Niederlage erlitten hatte, besonders aber seit 1839, als er in der Repräsentantenkammer die Ratifikation der 24 Artikel und die Abtretung Luxemburgs nicht zu verhindern vermochte, trat er zurück, legte sein Amt als Gemeinderat und als Vorstand des Advokatenstandes nieder und beschränkte seine Thätigkeit auf die Ausübung seines Berufs als Advokat. Später war er unter den Vorkämpfern der belgischen Freidenker; 30 Jahre lang, bis zu seinem Tod, bekleidete er den Posten eines Generaleinnehmers der Brüsseler Hospitäler. Er starb 6. Dez. 1869. Vgl. Juste, Alexandre G. (Brüssel 1874).

Gendron (spr. schangdrong), Auguste, franz. Maler, geb. 1818 zu Paris, genoß lange Zeit den Unterricht Delaroches, bereiste zu wiederholten Malen Italien und sandte von dorther auch seine ersten Bilder, die ihm einen Namen machten. Dahin gehören: der von Boccaccio kommentierte Dante (1844), die im Mondschein tanzenden Willis und die Nereiden. Von seinen übrigen Schöpfungen, oft ernsten, elegischen Charakters, nennen wir: den von Engeln getragenen Leichnam der heil. Katharina (1847), die Insel Kythera (1848), eine junge Christin, die ihren Geliebten bekehrt (1849), die sehr krasse Darstellung des von einer Druidin vollzogenen Menschenopfers (1850), Tiberius auf Capri, die Sylphen, Francesca da Rimini und Paolo in der Unterwelt (1852), den elegischen Herbstabend (1853), einen Sonntag in Florenz im 15. Jahrh. (im Museum des Luxembourg), ein von ihren Gespielinnen im Abendrot zu Grabe getragenes Mädchen (1859) und aus den letzten Jahren besonders die thörichten Jungfrauen, den Mann in den mittlern Jahren zwischen zwei Geliebten (1873), den Dank an Äskulap, Landschaft in Toscana (1875) und den Tribut Athens an den Minotauros (1876). Neben diesen Ölbildern führte er auch in der Kirche St.-Gervais, im Louvre und in andern öffentlichen Gebäuden dekorative Malereien aus, die rhythmischen Schwung und Adel der Gestalten zeigen. Er starb 12. Juli 1881 in Paris.

Gêne (franz., spr. schähn), Zwang, den man sich oder einem andern auferlegt; genieren (spr. sche-), lästig fallen, beengen; reflexiv: sich Zwang anthun, Umstände machen; gênant (spr. schänang oder -nánt), lästig, beengend, das freie Benehmen hindernd.

Genealogie (griech., Geschlechterkunde), im weitern Sinn die Ableitung eines Dinges von seinem Ursprung, so daß von einer G. der Wörter, Sprachen, Systeme, Begriffe, Pflanzen, Tiere etc. die Rede sein kann; im engern Sinn die Kenntnis des Ursprungs, der Fortpflanzung und Verbreitung der Geschlechter (genera) sowohl in ihrer unmittelbaren Aufeinanderfolge als in ihrem verwandtschaftlichen Zusammenhang. Muß hiernach die G. als unentbehrliche Hilfswissenschaft der Geschichte angesehen werden, so ist auf der andern Seite ihr Studium auch für den Rechtsgelehrten höchst notwendig, da sie bei Erbschaftsstreitigkeiten etc. entscheidend ist. Man unterscheidet einen theoretischen und einen praktischen Teil. Der erstere behandelt die Grundsätze, nach welchen bei der Auseinandersetzung der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu verfahren ist; der zweite zeigt die Anwendung und weist die besondern Verhältnisse und die darauf beruhenden Gerechtsame nach. Die wissenschaftliche Behandlung der G. beschränkt sich auf berühmte Familien, nämlich auf solche, welche außer den engern persönlichen Verhältnissen eine allgemeinere Wichtigkeit entweder für ganze Staaten oder für Teile derselben erlangt haben, wie z. B. die fürstlichen Familien. Um die verwandtschaftlichen Verhältnisse (s. Verwandtschaft) mit Leichtigkeit übersehen zu können, hat man genealogische Tafeln (Stammtafeln, Geschlechtstafeln), in welchen die Verwandten männlichen und weiblichen Geschlechts verzeichnet sind, doch nur den Namen nach und mit Angabe der Geburts-, Vermählungs- und Sterbetage, außerdem solcher Notizen, welche das einzelne Individuum kenntlich machen und es im wesentlichen von den übrigen Stammgenossen unterscheiden. In den Successionstafeln werden die zur Succession berechtigten, in den historischen Stammtafeln nur die merkwürdigen Personen aufgeführt. Jetzt sind diese Tafeln gewöhnlich so eingerichtet, daß der Stammvater oben steht und durch Striche die Verhältnisse der Abstammung und Verwandtschaft angedeutet werden. Früher pflegte man diese Tafeln oft in Gestalt eines Baums einzurichten, daher der Name Stammbaum (arbor consanguinitatis). Vater und Mutter stehen an der Wurzel; die Nachkommen verbreiten sich in die Zweige, doch so, daß jede Linie einen Zweig bildet. Man unterschied sodann die einzelnen Linien durch die Farbe. Angeheiratete Personen wurden angehängt. Eine besondere Art der Geschlechtstafeln sind die Ahnentafeln; s. Ahnen.