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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geschiebelehm; Geschirr; Geschlecht; Geschlechtseigentümlichkeiten

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Geschiebelehm - Geschlechtseigentümlichkeiten.

von Geschieben und Geröllen gehören die mit Eindrücken an der Oberfläche, in welche kleinere G. hineinpassen, welche häufig sich auch noch in denselben finden. Sie wurden zuerst in den Kalkgeröllen der Nagelfluh von St.-Saphorin zwischen Vevey und Lausanne durch Lartet entdeckt, sind aber später von vielen Lokalitäten beschrieben worden. Ebenso auffallend sind die innen hohlen G. und Gerölle von St. Loreto im Leithagebirge bei Wien, doch sind sie gleich den Eindrücken durch gegenseitige Reibung der vom Wasser oft in drehende Bewegung gesetzten G. und Gerölle wohl zu erklären. Da der Transport abhängig ist von der Tragkraft des Wassers, die bei den fließenden Gewässern abhängt von seiner Geschwindigkeit und Wassermasse, so bilden sich bei Verminderung derselben Geschiebebänke (z. B. am Strand in Buchten). Zu den Geschieben gehören auch die erratischen Blöcke. Vgl. Gerölle.

Geschiebelehm, s. Diluvium, S. 978.

Geschirr, das gesamte zu einem Fuhrwerk gehörige Riemen- und Lederzeug, soweit es zur Anschirrung der Zugpferde gehört, ist entweder ein Kumt- oder Sielengeschirr, je nachdem die Pferde mittels des um den Hals liegenden Kumtes oder bloß mittels eines um die Brust gelegten Riemens, des Brustblattes, ziehen. Das Kumt erhält seine Form durch die eisernen Kumtfedern, in manchen Gegenden (Süddeutschland) bei Last- und ländlichen Fuhrwerken statt deren durch das Kumtholz, das zu beiden Seiten oben in Hörnern endigt. Die Kumtfedern endigen oben in Riemenösen, unten die eine in eine Kettenöse, die andre in einen Kettenhaken (beim Militärgeschirr, beim Kutschgeschirr auch in Riemenösen); hierdurch wird es möglich, die Weite des Kumtes bis zu einer gewissen Grenze der Brust des Pferdes anzupassen. An den Kumtfedern ist innerhalb das Kumtkissen befestigt, ein mit Leder bekleidetes Polster, zwei Wülste bildend, deren größerer möglichst gleichmäßig an Hals und Brust des Pferdes, um das Durchziehen zu vermeiden, anliegen muß, während der kleinere Wulst nach vorn liegt. Oben wird das Kumt durch den Kumtfederriemen zusammengehalten und durch den Kumtdeckel bedeckt. Zu beiden Seiten des Kumtes sitzen an den Kumtfedern Blatthaken, Zugblätter oder Zugösen zum Einhaken oder Einschnallen der Zugtaue, Zugstränge, Zugriemen oder Zugketten. Kutschgeschirre haben meist aus mehrfachen Lagen von loh- und weißgarem Leder bestehende Zugriemen, Lastfuhrwerke Zugketten oder Zugseile. In neuerer Zeit sind, namentlich beim Militär, Drahttaue versucht und günstig beurteilt, aber noch nicht definitiv eingeführt worden. Der Kammdeckel, welcher hinter dem Widerrist liegt und dort mittels Gurte befestigt wird, ist der Träger der Zugstränge; von dem Kammdeckel läuft ein Riemen mit einer Schlinge zum Schweif, der sogen. Schweifriemen; von ihm führen Kreuz-, Trage- oder Schweberiemen zum Tragen der Zugtaue seitlich herunter. Die Stangenpferde haben zum Aufhalten des Fuhrwerks in gebirgigen Gegenden, oder wenn sie in der Gabel gehen, einen Umgang, d. h. einen breiten, aus mehrfachen Lagen von Leder bestehenden Riemen, am Kumt befestigt, mit Trageriemen am Rückriemen hängend, in den sich das Pferd mit den Hinterbacken beim Parieren hineinlegt. Zu diesem Zweck ist am untern Teil des Kumtes ein kurzer, starker Riemen (kurze Koppel) befestigt, in welchen die Steuerketten oder Steuerriemen eingehakt oder geschnallt sind, die an der Spitze der Deichsel sitzen. Beim Vier- und Sechsgespann sind die Mittel- und Vordergeschirre ähnlich den Stangengeschirren konstruiert; nur fehlen die Teile zum Parieren, also Umgang und kurze Koppel. Die Vorderpferde ziehen an den Zugtauen der Mittelpferde. Wird das Fuhrwerk nicht vom Bock, sondern vom Sattel aus gefahren, wie die Militärfuhrwerke, so ist nur zwischen Vorder- und Hinterzeug der Sattel eingefügt, an welchen jene durch Schnallriemen befestigt sind. Das G. ist in seiner Konstruktion bei der Artillerie von wesentlichem Einfluß auf die leichte Beweglichkeit (Evolutionsfähigkeit) der Geschütze und Munitionswagen und in neuerer Zeit vielfach verbessert worden. Bei dem Sielengeschirr führt statt des Kumtes ein breiter Riemen, das Brustblatt, um die Brust des Pferdes, der nach hinten in die Zugriemen oder Zugstränge ausläuft und gegen das leicht bei ihm vorkommende Durchziehen der Pferde häufig mit Rehfell gefüttert ist. Das Brustblatt wird durch den Halsriemen und durch den Kammdeckel in seiner Lage erhalten. Jedenfalls ist das Kumt das für den Zug zweckmäßigere G., weil es die Schulterbewegung weniger beeinträchtigt als das Sielengeschirr; letzteres hat allerdings den Vorzug, daß es für verschiedenartige Pferde leichter passend zu machen ist als das erstere. Über das zur Bekleidung des Kopfes der Pferde dienende Zaumzeug s. Zaum. - In der Weberei versteht man unter G. die Schäfte am Webstuhl nebst den Schnuren und Stäben, mittels welcher sie bewegt werden; daher Geschirrordnung, die Anordnung der Schäfte zur Hervorbringung eines bestimmten Musters. - Im Maschinenwesen begreift man unter G. die Nebenteile einer Maschine, wodurch die Bewegung fortgepflanzt wird, z. B. die Kammräder und Getriebe bei Mühlen etc.

Geschlecht (lat. Sexus), im physiologischen Sinn überhaupt der Gegensatz der Zeugungsverhältnisse, der in letzter Instanz ausgedrückt wird durch die Hervorbringung des weiblichen Eies einer- und des männlichen Samens anderseits; im naturhistorischen Sinn (Genus oder Sippe, auch Gattung [s. d.] genannt) der Inbegriff mehrerer Arten, die wesentliche Merkmale untereinander gemein haben und sich hinsichtlich der Organisation zunächst stehen, z. B. Menschengeschlecht, Pferdegeschlecht, Ahorngeschlecht; im historischen Sinn (Stirps) Inbegriff von Individuen, die von einem gemeinschaftlichen Stamm entspringen. Über G. im grammatischen Sinn s. Genus.

Geschlechtseigentümlichkeiten (Geschlechtscharaktere), die Kennzeichen, an welchen man bei Tieren und Pflanzen getrennten Geschlechts das männliche und weibliche Individuum voneinander unterscheiden kann. Sie sind nicht bloß auf die Geschlechtswerkzeuge und deren Hilfsapparate beschränkt (primäre G.), sondern finden sich auch an andern Teilen des Organismus (sekundäre G.). So haben bei manchen Tieren die Männchen besondere Hautanhänge (Hörner, Bärte etc.), lebhaftere Färbungen (z. B. bei vielen Vögeln und Insekten), stärker entwickelte Stimme (Gesang der männlichen Vögel); bei andern sind die Weibchen mit eigentümlichen Bildungen ausgestattet. Beim Menschen zeigen sie sich zunächst darin, daß der Mann eine bedeutendere Größe als das Weib zu erreichen pflegt; außerdem ist der männliche Körper wegen der kräftigern Ausbildung seines Knochen- und Muskelsystems durch eckigere Formen charakterisiert, während beim Weib, wo das Unterhautfettgewebe reichlicher vorkommt, alle Körperformen runder sind. Das Weib hat verhältnismäßig einen längern Rumpf, der Mann längere Extremitäten. Bei letzterm ist der Gesichtsteil