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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gleitbacken; Gleiwitz; Glen; Glénaninseln; Glencoe; Glenmore nan Albin; Glenner; Glen Roy; Glens' Falls; Gletscher

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Gleitbacken - Gletscher.

Gleitbacken, -schienen, s. Geradführung.

Gleiwitz, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, Hauptort des Kreises Tost-G., 227 m ü. M., an der Klodnitz und den Linien Kosel-Oswiecim, G.-Schwientochlowitz, G.-Morgenroth und G.-Gleiwitzhütte, hat eine evangelische u. eine kath. Pfarrkirche, eine altkatholische Gemeinde, eine Synagoge, ein katholisches und ein evang. Waisenhaus, ein Krankenhaus, ein Asyl für alte, verarmte Bürger, ein öffentliches Schlachthaus, Gasleitung und (1885) mit der Garnison (2 Infanterie-Bataillone Nr. 18 u. 1 Eskadron Ulanen Nr. 2) 17,658 meist deutsche Einwohner, darunter 3202 Evangelische, 12,584 Katholiken und 1872 Juden. G. ist Mittelpunkt des kommerziellen Verkehrs der Bergwerks- und Hüttendistrikte Oberschlesiens. Außer der königlichen Eisengießerei Gleiwitzer Hütte mit Hochofengießerei und großer Maschinenbauanstalt (800 Arbeiter) hat G. bedeutende Eisengießereien, Maschinen- und Dampfkesselbau, Metallgießerei, Fabriken für Gasröhren, Eisen- und Drahtwaren, landwirtschaftliche Maschinen, Papier, Zement, eine große Schamottefabrik, Glashütte und Glasschleiferei, Dampftischlerei etc. Dem Handelsverkehr dienen eine Reichsbankstelle, eine Getreidebörse und mehrere Bankinstitute. G. hat ein Gymnasium, eine Oberrealschule und ist Sitz eines Landgerichts (für die sechs Amtsgerichte zu G., Nikolai, Peiskretscham, Pleß, Tost und Zabrze) und eines königlichen Hüttenamtes. Der Magistrat zählt 9, die Stadtverordnetenversammlung 36 Mitglieder. Der Ursprung der Stadt fällt in das 12. Jahrh. Vgl. Nitsche, Geschichte der Stadt G. (Gleiw. 1886).

^[Abb.: Wappen von Gleiwitz.]

Glen (gäl., Gleann), im schott. Gebirgsland, enges, vegetationsloses Thal im Gegensatz zu dem weiten, kultivierten Strath.

Glénaninseln (Les Glénans, spr. -ang-), Gruppe von neun kleinen Felseninseln an der südwestlichen Küste des franz. Departements Finistère, im Atlantischen Ozean, von gefährlichen Felsenriffen umgeben, unbewohnt. Die bedeutendste ist Penfret.

Glencoe (spr. glenkó), wildes Gebirgsthal in der schott. Grafschaft Argyll, südlich vom Loch Leven, mit dem kleinen See Treachtarn, welchem der Cona entströmt, an dessen Ufern Ossian geboren wurde. Hier die Stätte, an welcher 12. Febr. 1692 die Macdonalds meuchlings ermordet wurden.

Glenmore nan Albin (spr. glenmóhr, "großes Thal von Albion"), ein 90 km langes, enges Thal in Schottland, auf dessen Sohle die Lochs Neß, Oich und Lochy liegen, jetzt durch den Kaledonischen Kanal verbunden. Es erstreckt sich vom Moray Firth zum Loch Linnhe und trennt die Grampians von den nördlichen Hochlanden.

Glenner (Lugnezer Rhein), der 28 km lange, violette Bergstrom des Graubündner Alpenthals Lugnez (Lungnez), einer der obersten Nebenflüsse des Vorderrheins, fließt als Vriner Rhein durch die obere Thalstufe von Vrin und nimmt unterhalb Obercastels den aus dem St. Petersthal oder Vals hervorschäumenden Valser Rhein auf. Dieser letztere kommt aus den von der Adulagruppe zu Thal gehenden Eisströmen (Lenta-, Kanal- und Fanellagletscher). Im Unterlauf des G. münden von der rechten Seite rauschende, tief ausgewaschene Tobelthäler (das Duviner, Pitascher und Rieiner Tobel) in den Schluchtenweg des G. In dieser Schlucht brachten die Lugnezer Weiber das Heer, welches Graf Rudolf von Montfort 1355 in das Thal führte, mit Hilfe schwerer herabgewälzter Steine in Verwirrung. Seitdem heißt die Schlucht das Frauenthor. Wie das ganze Bündner Oberland, ist auch das Lugnez von einem überwiegend rätoromanischen katholischen Völklein (3747 Einw. in 16 Gemeinden) bewohnt; nur Vals am Platz oder St. Peter, der Hauptort des St. Petersthals, und St. Martin sind, jenes ausschließlich, dieses vorwiegend, deutsch und nur Duvin protestantisch. Das Bad Peiden hat die durch die Überschwemmungen von 1868 verloren gegangene Sauerquelle erst 1873 wieder gefunden.

Glen Roy (spr. reu), malerisches Seitenthal des Glenmore (s. d.) in Schottland, berühmt geworden durch seine drei sogen. Parallelstraßen (parallel roads), d. h. 13 km lange, an den Bergabhängen übereinander hinziehende Unterterrassen, welche den jeweiligen Strand eines Sees bezeichnen, der allmählich zusammenschrumpfe und jetzt verschwunden ist.

Glens' Falls, Stadt im nordamerikan. Staat New York, am Hudson, oberhalb Albany, wo der Fluß Fälle bildet, mit Sägemühlen und (1880) 4900 Einw.

Gletscher (in Tirol Ferner, in Glarus Firre, Firn, in Kärnten Keß, Käß, in den Tauern Kahr, franz. Glacier, in den Pyrenäen Serneille, ital. Ghiacciaja, Vedretto, norweg. Brae [Sneebrae, Jisbrae], isländ. Jökull), Eisströme, welche ihren seeartigen Ursprung in den Firnschneefeldern haben und sich langsam thalabwärts bewegen. Die Firnschneefelder (A der Figur, S. 424) bilden sich in der Region des "ewigen Schnees" aus den atmosphärischen Niederschlägen, in den höchsten Thälern der Hochgebirge, unter großen nördlichen und südlichen Breiten im Innern des polaren Binnenlandes. Durch Druck darüber ausgebreiteter neuer Schneefälle und durch Zusammensintern wird der zuerst lockere Schnee in grobkörnigen (Firn, névé) umgewandelt, und echte Firnfelder können sich mithin nur dort bilden, wo in hoch gelegenen Kesselthälern die Schneemassen sich aufhäufen, während selbst hoch hinausragende, aber einzeln gestellte Gipfel keine Firnfelder und deshalb auch keine G. besitzen. Im weitern Verlauf des Prozesses vereist der grobkörnige Firnschnee mehr und mehr in den tiefsten Lagen des Firnfeldes, tritt als Gletschereis an einer tiefsten Stelle (Firnlinie) aus dem Firnschneesee in Stromesform aus und fließt nun im engen Anschluß an die Konfiguration des zu Thal führenden Wegs, mit ihm sich verbreiternd oder verengernd, und Bergriegel, welche quer durch das Thal ziehen, übersteigend, langsam hinab. Trotz mannigfacher Übergänge zwischen Firnschnee, Firneis und Gletschereis sind die Substanzen in ihren typischen Varietäten gut unterscheidbar und charakterisieren sich in erster Linie durch einen abnehmenden Gehalt an eingeschlossener Luft. So fand Nicolet in 1 kg Firnschnee 64, in der gleichen Menge weißen, blasenreichen Firneises 15 und im blauen, blasenfreien Gletschereis 1 ccm Luft. Das Gletschereis hat eine von sonstigem, durch direktes Frieren aus Wasser entstandenem Eis verschiedene Struktur. Unterwirft man ein Stück Gletschereis der Abschmelzung, so zerfällt dasselbe nach einiger Zeit in einzelne Stücke, welche nach der optischen Untersuchung kristallographische Individuen sind, aus denen also die Gletschermasse in Aggregatform zusammengesetzt ist. Die Größe dieser Gletscherkörner schwankt selbst im einzelnen G., ist am obern Ende geringer als an den tiefern Stel-^[folgende Seite]