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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Goethe-Gesellschaft - Gotische Sprache.

Berlin behufs Gründung einer Goethe-Gesellschaft den Aufruf zu einer konstituierenden Versammlung, die unter zahlreicher Beteiligung 20. und 21. Juni in Weimar stattfand und die Goethe-Gesellschaft definitiv begründete. Dieselbe steht unter dem Protektorat des regierenden Großherzogs von Sachsen-Weimar, hat ihren bleibenden Sitz in Weimar und ist im Großherzogtum mit den Rechten einer juristischen Persönlichkeit beliehen. Als Zweck verfolgt sie "die Pflege der mit Goethes Namen verknüpften Litteratur sowie die Vereinigung der auf diesem Gebiet sich bethätigenden Forschung". Zum ersten Präsidenten ward Reichsgerichtspräsident Simson in Leipzig erwählt; zugleich wurde ein zweckentsprechendes Statut angenommen und ein geschäftsführender Ausschuß eingesetzt; zum Organ der Gesellschaft aber bestimmte man das von Ludw. Geiger seit 1880 herausgegebene "Goethe-Jahrbuch". Nach § 2 ihres Statuts wird die Goethe-Gesellschaft jährlich Generalversammlungen abhalten sowie größere Veröffentlichungen veranstalten, welche auf G. und dessen Wirken Bezug haben. Daneben wird sie der Fortführung des "Goethe-Jahrbuchs" ihre Thätigkeit zuwenden, Anregung zur theatralischen Darstellung Goethescher Werke und zu gleichmäßiger Bearbeitung und Inszenierung derselben sowie zu Vorlesungen aus und über G. geben, ferner die Schaffung einer Goethe-Bibliothek anstreben, nicht minder auch Erwerbungen für das Goethe-Archiv und das Goethe-Museum ins Auge fassen, überhaupt aber dafür Sorge zu tragen bestrebt sein, daß wie Goethes eignem Wirken und Schaffen, so auch der Goethe-Forschung immer weitere Gebiete im geistigen Leben der Nation erschlossen werden. - Zum Direktor des Goethe-Archivs ward Professor Erich Schmidt aus Wien berufen. Auch die Einrichtung des weimarischen Goethe-Hauses zum Goethe-Museum wurde eifrig in Angriff genommen und dasselbe 3. Juli 1886 nach einer würdigen Einweihungsfeier der Öffentlichkeit übergeben. Die Herausgabe der "Schriften der Goethe-Gesellschaft", im Auftrag des Vorstandes herausgegeben von Erich Schmidt, begann mit der Veröffentlichung der "Briefe von Goethes Mutter an die Herzogin Anna Amalia", herausgegeben von Burkhardt. Bei der ersten Generalversammlung 1. und 2. Mai 1886 konnte die Zahl der bis dahin beigetretenen Mitglieder bereits auf 1660 festgestellt werden; im August 1886 war sie auf 2500 angewachsen.

Goethe-Gesellschaft u. Goethe-Museum, s. Goethe, S. 559 f.

Goetheknochen, s. Schädel.

Goethe-Stiftung, eine 1849 bei der Feier von Goethes 100. Geburtstag zu Dresden gegründete Stiftung, mit dem Zweck, in einem zweijährigen Turnus einen Ehrenpreis von 3000 Mk. für die beste Leistung auf einem von ihr bestimmten Kunstgebiet (Poesie, Malerei, Plastik, Musik etc.) zu verteilen.

Goethit (Nadeleisenerz, Rubinglimmer, Pyrrhosiderit), Mineral aus der Ordnung der Hydroxyde, kristallisiert rhombisch in meist säulen-, nadel- bis haarförmigen, auch dünn tafelartigen Formen, die, zu Drusen oder büschelförmigen Gruppen vereinigt, auch in Bergkristall oder Amethyst eingewachsen sind. Es findet sich ferner in stängeligen, faserigen Aggregaten von nierenförmiger, traubiger, halbkugeliger Gestalt, derb in stängelig-körniger und schuppiger Zusammensetzung. Es ist gelblich- bis schwärzlichbraun, kantendurchscheinend bis undurchsichtig, mit Diamant- oder Seidenglanz, Härte 5-5,5, spez. Gew. 3,8-4,2, besteht aus Eisenhydroxyd H2Fe2O4^[H_{2}Fe_{2}O_{4}] mit 89,9 Eisenoxyd, etwas Manganoxyd und Kieselsäure. Fundorte: Cornwall, Oberkirchen im Westerwald, Zwickau, Eiserfeld im Siegenschen, Přibram, Nordamerika. Wird auf Eisen verhüttet.

Gotisch, den Goten eigentümlich; bezeichnete früher (noch bei Lessing) allgemein das dem Klassisch-Antiken entgegengesetzte Mittelalterliche, daher s. v. w. altertümlich, altdeutsch, auch wohl altfränkisch und einfältig oder roh.

Gotischer Baustil, s. Baukunst und Baustil.

Gotische Schrift, in der Buchdruckerei Bezeichnung einer Schriftart, welche sich aus den Buchschriften des Mittelalters entwickelt hat, und die in der Form ihrer Versalien sich mehr der lateinischen oder Antiquatype nähert, in den kleinen Buchstaben (den gemeinen) hingegen mehr der deutschen oder Frakturtype gleichkommt. Sie zerfällt in zahlreiche, meist nach ihrer Form benannte Abarten (s. Schriftarten). Auch s. v. w. Mönchsschrift (s. d.).

Gotische Sprache, die Sprache derjenigen Völker, welche im 2. Jahrh. n. Chr. an der Weichsel bis gegen die Donau wohnten und der großen Verbindung der Goten angehörten oder diesen verwandt waren. Die g. S. bildete einen Hauptzweig der Germanischen Sprachen (s. d.), welcher am nächsten mit den skandinavischen Sprachen verwandt ist, eine Thatsache, welche ihre ausreichende Erklärung darin findet, daß die ursprünglichen Sitze der Goten (in der jetzigen Provinz Preußen) den skandinavischen Völkern sehr nahelagen. Das schwedische Gotland darf übrigens nicht mit den Goten in Zusammenhang gebracht werden, beide Völkernamen sind in ihrer Form ursprünglich verschieden; in gotischer Sprache würde die skandinavische Völkerschaft Gautôs heißen, während Gutans der Name der Goten war. Die Spaltung des großen Gotenstammes in mehrere Völkerschaften (Ost- und Westgoten, Gepiden) können wir sprachlich nicht verfolgen, da unsre Überlieferungen allein auf die Westgoten zurückgehen; die dialektischen Verschiedenheiten müssen aber mindestens sehr geringfügig gewesen sein, da die westgotische Bibelübersetzung ohne weiteres auch bei den Ostgoten in Italien in Gebrauch genommen wurde. Die nicht sehr umfangreichen Überreste der gotischen Sprache, die wir noch besitzen, sind für die Sprachforschung ein höchst wertvoller Schatz, denn von keiner andern germanischen Sprache sind gleich alte Überreste vorhanden. So liegt z. B. zwischen den ältesten Denkmälern unsrer hochdeutschen Sprache und den gotischen Denkmälern ein Zwischenraum von nahezu 400 Jahren. Die wichtigsten Überreste sind die Fragmente der gotischen Bibelübersetzung des Ulfilas (gest. 381 n. Chr.). Sie bestehen in bedeutenden Fragmenten der vier Evangelien, welche der "Codex argenteus" (jetzt in Upsala) enthält, in Bruchstücken aus den Paulinischen Briefen an die Römer, die Korinther, Galater, Epheser, Philipper, Kolosser, Thessalonicher, an Timotheus, Titus und Philemon. Aus dem Alten Testament sind nur spärliche Bruchstücke der Bücher Esra und Nehemia übriggeblieben. Außerdem sind noch Bruchstücke einer Auslegung des Evangeliums Johannis, einige Urkunden aus den Zeiten Theoderichs d. Gr., das Bruchstück eines gotischen Kalenders und einige unzusammenhängende Zeilen und Namen vorhanden. Zwar berichten die griechischen Schriftsteller, daß Ulfilas das gotische Alphabet erfunden habe; doch wissen wir jetzt, daß diese Thätigkeit des Ulfilas nur darin bestand, daß er das griechische Alphabet der gotischen Sprache anpaßte, indem er fehlende Zeichen aus dem Runenalphabet, zum Teil