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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gozo; Gozzi

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Gozo - Gozzi.

eine lange Reihe von Romanen und Novellen, die großenteils auch ins Deutsche übersetzt wurden. Wir nennen davon: "Le notaire de Chantilly" (1836); "Le médecin du Pecq" (1839); "Le plus beau rêve d'un millionnaire" (1840); "Le dragon rouge" (1843); "Aristide Froissard" (1844); "Les nuits du Père-La-Chaise" (1846); "La famille Lambert" (1856); "Les émotions de Polydore Marasquin" (1857); "Balzac chez lui" (1862) etc. Von einer Geschichte der Schlösser von Frankreich, die er begann, erschienen bloß 2 Bände unter dem Titel: "Les tourelles" (1839). Zugleich war G. auch als dramatischer Schriftsteller thätig. Das Odéontheater erhielt von ihm das Schauspiel "La main droite et la main gauche" (1842), welches verdienten Beifall fand. Weniger Glück machte er mit "Éve" (1843), "Notre-Dame des Abîmes" (1845) und "Le livre noir" (1848). Dessenungeachtet fuhr er eifrig fort, für das Theater zu dichten. In den Zeitraum 1851-1861 fallen die Stücke: "Le lion empaillé", "Trois rois, trois dames", "La queue du chien d'Alcibiade", "Louise de Nanteuil", "Le diamant et le verre", "La pluie et le beau temps" u. a. Gozlans Produkte haben alle einen gewissen ironischen Zug. Bei seiner südlichen Lebendigkeit leidet sein Stil vielfach an Überladenheit. Er starb 14. Sept. 1866 in Paris.

Gozo (Gozzo), brit. Insel im Mittelländischen Meer, nordwestlich bei Malta, 70 qkm (1,27 QM.) groß, hat mit dem benachbarten Eiland Comino (1881) 17,620 Einw., ist gebirgig, aber fruchtbar und gut angebaut. Hauptort ist Rabato; der britische Gouverneur und die Garnison befinden sich in dem 160 m hoch gelegenen Fort Chambray oder Castello del G. Zur Römerzeit hieß G. Gaulus; später teilte es mit Malta gleiches Schicksal.

Gozzi, 1) Gasparo, Graf, berühmter ital. Dichter, stammte aus einer alten venezianischen Familie und wurde 4. Dez. 1713 zu Venedig geboren. Seine frühzeitig geweckte Liebe zur schönen Litteratur erhielt besondere Nahrung durch seine Bekanntschaft mit der Malerin und Dichterin Luise Bergalli, die er 1739 heiratete, obwohl sie zehn Jahre älter war als er. Auf ihre Veranlassung übernahm er die Direktion des Theaters Sant' Angelo, die ihm aber mannigfache Verlegenheiten bereitete, so daß er sie bald seiner Frau allein überließ, um sich ganz seinen litterarischen Arbeiten zu widmen. Seine für das Theater Sant' Angelo bestimmten, großenteils aus dem Französischen übersetzten Dramen fanden nur geringen Beifall, desto größern aber die seit 1760 von ihm herausgegebene "Gazzetta Veneta", welche fast ganz sein Werk war. Noch bedeutender wurde sein "Osservatore Veneto", eine Zeitschrift nach dem Vorbild von Addisons "Spectator", die seit 1761 in einzelnen Nummern erschien und Gozzis Ruf als eines klassischen Schriftstellers, ganz besonders auch als eines der elegantesten Stilisten begründete. Schon wenige Jahre vorher hatte er sich durch seine vortreffliche Verteidigung Dantes gegen Bettinellis Angriffe: "Giudizio degli antichi poeti sopra la moderna censura di Dante" (Vened. 1758), als scharfsinniger und geistvoller Kritiker bewährt. Eine Zeitlang bekleidete er das Amt eines Zensors und Aufsehers über die Druckereien in Venedig. Bei einem Aufenthalt in Padua stürzte er sich in einem Anfall von Melancholie (nach andern im Fieber) in den unter seinen Fenstern vorüberfließenden Kanal, wurde jedoch gerettet. Später siedelte er ganz nach Padua über, wo er 26. Dez. 1786 starb. Von seinen Werken ist der "Osservatore Veneto" (Vened. 1768; Mail. 1827, 2 Bde., u. öfter) wegen seines gediegenen sittlichen Gehalts, der Feinheit der Satire und der Schönheit der Schreibart bei weitem das bedeutendste und daher bei den Italienern noch heute allgemein beliebt. Von ähnlichem Charakter ist: "Il mondo morale" (Vened. 1760, 3 Bde.), eine Sammlung kleiner Aufsätze, welche seit 1740 von G. in der Accademia de' Granelleschi vorgelesen wurden. Von seinen übrigen Werken sind zu erwähnen die "Lettere famigliari" (Vened. 1755; das. 1808, 2 Bde.) und seine Übersetzung des Longus. Unter seinen Gedichten sind die "Sermoni" in reimlosen Versen und Horazischer Manier sowie das didaktische "Il trionfo dell' umiltà" am bemerkenswertesten. Eine Gesamtausgabe von Gozzis "Opere" veranstaltete sein Freund Angelo Dalmistro (zuerst Vened. 1794-98, 12 Bde.; vollständiger, das. 1812, 22 Bde.; Padua 1818-26, 16 Bde.; Bergamo 1825-29, 20 Bde.). Zur Ergänzung dienen: "Alcuni scritti di G. G." und "Racconti di G. G." (Vened. 1830). Eine Sammlung seiner Gedichte gab Gargiolli (Flor. 1863) heraus. Auch Gozzis oben erwähnte Gemahlin erwarb sich einen geachteten Namen durch ihre musikalischen Dramen: "Agide", "Redi", "Sparta", "La Bradamante" sowie durch Übersetzungen der Lustspiele des Terenz, der Tragödien Racines etc.

2) Carlo, Graf, berühmter ital. Lustspieldichter, Bruder des vorigen, geb. 1722 zu Venedig, verfaßte schon in seiner Jugend burleske Gedichte im toscanischen Dialekt. Die zerrütteten Vermögensumstände seiner Familie bewogen ihn jedoch, in seinem 16. Jahr Kriegsdienste zu nehmen. Er wurde in Dalmatien verwendet, kehrte aber nach drei Jahren nach Venedig zurück, um die unterbrochenen Studien wieder aufzunehmen. Lebhaften Geistes und mit großer Empfänglichkeit für das Komische ausgestattet, schrieb er mehrere satirische Stücke und wurde eins der thätigsten Mitglieder der Società de' Granelleschi, welche es sich zur Aufgabe gemacht hatte, alle Geschmacklosigkeit mit den Waffen des Spottes zu verfolgen. Gozzis Satire wendete sich namentlich gegen die elenden Stücke des Abbé Chiari, sodann aber auch gegen Goldoni, indem er beiden gegenüber die alte Commedia dell 'arte mit ihren nationalen Typen Pantalon, Harlekin Brighella etc. in Schutz nahm. Großes Aufsehen erregte seine "Tartana degli influssi per l'anno bisestile" (1757), die zwar Goldoni in einem längern Gedicht angriff, aber nur um neuen Spott von seiten Gozzis zu ernten. Um Sacchi und seiner in der nationalen Komödie ausgezeichneten Gesellschaft wieder aufzuhelfen und zugleich noch wirksamer den französischen Geschmack zu bekämpfen, dramatisierte G. 1761 das venezianische Ammenmärchen von den drei Pomeranzen: "Fiaba dell' amore delle tre melarance", und schuf damit eine neue Gattung von Lustspielen, die er dramatische Märchen (fiabe dramatiche) nannte. Unter den Stücken dieser Gattung, die er rasch nacheinander folgen ließ, und die eine Zeitlang großen Erfolg hatten, ist in Deutschland besonders "Turandot, Prinzessin von China" durch Schillers Bearbeitung bekannt geworden. Aber obwohl voll Leben und echt volkstümlich, vermochten die Fiabe doch nicht den Geschmack des Publikums auf die Dauer zu befriedigen. Als daher die Gesellschaft Sacchi selbst infolge des Eintritts einer neuen Schauspielerin, Signora Ricci, sich vorzugsweise der Tragödie zuwandte, gab auch G. seine bisherige Richtung auf, schrieb fortan regelmäßige Stücke, in denen er sich Calderon zum Muster nahm, und übersetzte auch Erzeugnisse