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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Grütli; Grütliverein; Grützbeutel; Grütze; Grützmacher; Grützner; Gruyer

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Grütli - Gruyer

später von Gudius, Grävius und Burmann wieder herausgegeben wurde (4 Bde., Amsterd. 1707). Auch gab er eine große Anzahl lat. Klassiker heraus. – Vgl. J. von Hulst, Jean Gruytère (Lüttich 1847).

Grütli oder Rütli (d. h. gereutetes Land), eine Bergwiese im schweiz. Kanton Uri, 8 km nordwestlich von Flüelen, am Westufer des Vierwaldstättersees (Urnersee), am östl. Absturz des Sonnenbergs (1002 m) gelegen, ist berühmt als Wiege der schweiz. Volksfreiheit. Hier war es, wo nach der Sage in der Nacht vom 7. zum 8. Nov. 1307 Stauffacher von Steinen (Schwyz), Walter Fürst von Attinghausen (Uri) und Arnold an der Halden aus dem Melchthal (Unterwalden) mit 30 Gesinnungsgenossen schworen, ihre Lande von der Herrschaft der habsburg. Vögte zu befreien. 1859 wurde das G. durch die Subskription der schweiz. Schuljugend angekauft und ist jetzt unveräußerliches Nationaleigentum. Ein Denkmal zur Erinnerung an den Schwur vom 8. Nov. 1307 wurde 18. Mai 1884 eingeweiht. Kaum 2 km nördlicher, dem Schwyzer Hafenplatz Brunnen gegenüber, ragt aus dem Wasser der Mythenstein hervor, eine Felsensäule mit der Inschrift: «Dem Sänger Tells, Friedrich Schiller, die Urkantone, 1859».

Grütliverein, polit. Verein der Schweiz, fast ausschließlich aus Arbeiterkreisen sich rekrutierend, wurde Mai 1838 in Genf von Ostschweizern unter Leitung von Joh. Niederer, des großen Pädagogen Pestalozzi bedeutendstem Mitarbeiter zur Pflege vaterländischer Gesinnung gegründet. Sein specifisch polit. Gepräge erhielt der Verein durch Albert Galeer, Professor der deutschen Sprache in Genf. Größere Ausdehnung aber erlangte er erst seit der durch den Sonderbundskrieg herbeigeführten Erstarkung der radikalen Partei in der Schweiz. Die Kantonsregierungen von Luzern und Bern erklärten den Verein als «polit. Wühler und Verbreiter gemeingefährlicher Grundsätze» für aufgehoben, und 1852 verlangte das Großherzogtum Baden von der Eidgenossenschaft die Unterdrückung des Vereins, weil er «Völkersolidarität und Revolutionspropaganda zum Ziele habe»; allein der schweiz. Bundesrat unter Führung von Jak. Stämpfli schützte den Verein. Seitdem hat er stark an Mitgliederzahl zugenommen und sich den Zielen der socialdemokratischen Partei immer mehr genähert; Anfang Juni 1893 wurden in der Urabstimmung mit großer Mehrheit neue Statuten angenommen, in denen der Verein seine Zugehörigkeit zur Socialdemokratie ausspricht. Seit 1. Okt. 1851 giebt der Verein ein eigenes Blatt heraus, den «Grütlianer». Für die Mitglieder in der franz. Schweiz ist das in Lausanne erscheinende Blatt «Le Grütli» offizielles Vereinsorgan. Der G. besitzt eine eigene Buchdruckerei, Buchbinderei und Buchhandlung sowie eine Kranken- und Sterbekasse. Als Aktivmitglieder können nur schweiz. Bürger aufgenommen werden, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben. Die Organe des Vereins sind die «Sektionen» (d. h. Einzelvereine), deren an jedem Orte nur eine bestehen darf (aus sprachlichen Gründen können allerdings an einem Orte auch 2 Sektionen, eine deutsche und eine section romande, bestehen), die «Delegiertenversammlung» und das aus neun Mitgliedern bestehende «Centralkomitee». Der Gesamtverein bestand 1891 aus 352 Sektionen mit 15977 Mitgliedern.

Grützbeutel, Grützbreigeschwulst, s. Atherom.

Grütze ist grobgemahlenes, von den Hülsen gereinigtes Getreide, meistens Buchweizen, Hafer und Gerste, welches, mit Wasser, Milch oder Bouillon gekocht (blaue G.), zur Nahrung verwendet wird. Die G. ist Nationalspeise im skandinav. Norden. Rote G. heißt eine in Norddeutschland und Dänemark beliebte kalte Speise aus Buchweizengrütze, Sago, Gries oder Reismehl mit Kirsch-, Johannisbeer- oder Himbeersaft. – Russische oder braune G., die zuerst in einer eisernen Pfanne trocken geröstet und dann in Wasser ausgequollen ist, giebt man in Rußland zu der Nationalkohlsuppe.

Grützmacher, Friedrich, Violoncellvirtuos, geb. 1. März 1832 in Dessau, wo sein Vater Kammermusikus war; diesem sowie dem Cellisten Karl Drechsler und dem Komponisten Friedr. Schneider verdankt er seine musikalische Bildung. Seit 1849 war er erster Violoncellist im Leipziger Gewandhausorchester und Lehrer am Konservatorium, seit 1860 ist er in Dresden als Mitglied des Hoforchesters mit dem Titel eines königl. Konzertmeisters und Kammervirtuosen angestellt. G. hat bedeutende Schüler gebildet und viele Kompositionen, besonders für sein Instrument, geschrieben.

Einer seiner besten Schüler ist sein jüngerer Bruder Leopold, geb. 4. Sept. 1835 in Dessau. Derselbe war nacheinander in den Kapellen zu Leipzig, Schwerin, Prag und Meiningen angestellt und ist seit 1876 erster Cellist in der Hofkapelle zu Weimar.

Grützner, Eduard, Genremaler, geb. 26. Mai 1846 zu Groß-Karlowitz in Schlesien, kam 1864 an die Münchener Akademie und wurde 1865 Schüler Pilotys. Dort trat er 1869 mit beifällig aufgenommenen Genrescenen: Falstaffs Rekrutenmusterung und Die Klosterbrauerei, vor das Publikum. 1876 folgte der humorvoll behandelte Falstaff-Cyklus (7 Kartons; im Museum zu Breslau), dem sich weitere Stoffe aus Shakespeare anreihten; so: Falstaff bei Frau Hurtig, Falstaff im Wäschekorb, eine Scene aus «Was ihr wollt» u. a. Mit Vorliebe aber entnimmt er seine Stoffe dem Leben der Mönche und Jäger; diese seine Darstellungen voll Witz und behaglicher Gemütlichkeit haben seinen Namen populär gemacht. Hervorzuheben sind: Jäger und Mönch im Klosterbräustübchen beim Kartenspiel (1871), Jägerlatein (1873), Gebetläuten im Klosterbräustübchen (1875), Bei Hochwürden zu Tisch, Klosterweinlese in Südtirol (in der kaiserl. Galerie zu Petersburg), Der Lieblingsautor (1879), Siesta im Kloster, Musizierende Mönche (1881), Klosterschäfflerei (1883), In der Klosterbibliothek (1884; Museum in Leipzig), Ein willkommener Gast, Der schles. Zecher und der Teufel (1884; Neue Pinakothek in München), Rasiertag im Kloster, Klosterküche (1886; Museum in Königsberg), Die Versuchung (1887; im Besitz des Großherzogs von Oldenburg), Zum Marienfeste (1888), Seiner Eminenz zu Ehren (musizierende Dominikanermönche, 1889), Klosterfriede (1891; Neue Pinakothek in München), Klosterkegelbahn (1893). G. ist Ehrenmitglied der Münchener Akademie.

Gruyer (spr. grüĭeh), François Anatole, franz. Kuustschriftsteller, geb. 15. Okt. 1825 in Paris, wirkte nach erlangter Ausbildung in der École centrale des arts 1850‒56 als Repetitor für Chemie am Agronomischen Institut in Versailles, wandte sich dann aber der kunsthistor. Forschung und Kritik zu, bereiste die Hauptländer Europas, besonders Italien, wurde 1872 Generalinspektor der schönen Künste, 1875 Mitglied der Akademie und 1881 Konservator der Gemäldegalerie des Louvre. Seine