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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Grain - Gramm.

ziger Stadttheater, 1869-75 das des Hoftheaters zu München, wo sie der Bühne fern noch heute lebt.

Grain (franz., spr. gräug), Korn; grains, die Eier der Seidenraupe; g. d'orge, Gerstenkorn, auch Name eines mit kleinen, dichten, erhabenen Punkten gemusterten Stoffs; petits grains, unreif abgefallene Orangen, auch das aus solchen Früchten gewonnene Öl. Grainieren, s. v. w. granulieren. S. Grän.

Graines de Paripou (spr. grähn d'paripu), s. Guilielma.

Grainville (spr. grängwil), Jean Baptiste François Xavier Cousin de, franz. Schriftsteller, geb. 1746 zu Havre, Schwager von Bernardin de Saint-Pierre, wurde Geistlicher und leistete den von der Revolution geforderten Eid, wurde aber dennoch eingekerkert und rettete sein Leben nur dadurch, daß er sich verehelichte. Diesen Bruch seines Priestergelübdes verzieh man ihm aber nicht; die Schule, welche er in Amiens gegründet hatte, entvölkerte sich, und er sah sich endlich dem Elend preisgegeben. In dieser Lage schrieb er sein längst geplantes, des Metrums entbehrendes Gedicht "Le dernier homme" (Par. 1805, 2 Bde.). Aus Verzweiflung über den Mißerfolg desselben stürzte er sich 1. Febr. 1805 in den Kanal der Somme. Dies 1831 von einem Verehrer, Creuzé de Lesser, versifizierte Gedicht ward von Croft mit der "Messiade" und dem "Verlornen Paradies" auf eine Stufe gestellt und dadurch der Vergessenheit entrissen. Ch. Nodier gab es neu heraus (1811, 2 Bde.).

Graisivaudan (spr. grasiwodang, Grésivaudan), herrliches Thal in den franz. Departements Oberalpen und Isère, von der Isère oberhalb Grenoble durchflossen, an 50 km lang, bis 8 km breit, hat zu beiden Seiten schneebedeckte Berge, deren Abhänge mit Wäldern und Weiden, deren Fuß mit Feldern, Wiesen, Weinbergen und Fruchtgärten bedeckt sind.

Graissieren (franz., spr. gräß-), mit Fett einschmieren, einfetten; Graissage, Einschmierung.

Grajische Alpen, s. Alpen, S. 397.

Grajworon, Kreisstadt im russ. Gouvernement Kursk, an der Worskla, hat 4 Kirchen, Handel mit Wolle, Pferden und Schafen und (1880) 5160 Einw.

Gräkomanie (griech.), leidenschaftliche Schwärmerei für Griechentum.

Gral (Graal, a. d. altfranz. Wort graal, gréal, prov. grazal, katal. gresal, latinisiert gratalis, gradalis, welches ein schüsselartiges Gefäß bedeutet, entstanden, früher fälschlich als sanguis realis, "das wahre Blut", erklärt), nach dem Glauben des Mittelalters die Schüssel, aus welcher Christus bei dem letzten Abendmahl mit seinen Jüngern aß, und in welcher nachher Joseph von Arimathia das Blut des gekreuzigten Heilandes auffing. Sie war aus einem einzigen Smaragd geschliffen und mit wunderbaren Kräften ausgestattet. Am Karfreitag kamen Engel hernieder und hoben den heil. G. empor, ihn in der Luft schwebend erhaltend, bis Engel eine von Gott selbst geweihte Hostie hineinlegten. Nach der Legende brachte Joseph von Arimathia den heiligen G. nach Britannien. Auf dem unzugänglichen Montsalvage (Mons silvaticus = Mont sauvage) stiftete Titurel einen prachtvollen Tempel, in welchem der G. unter der Obhut der Templeisen, einer Genossenschaft auserwählter Menschen, aufbewahrt wurde; nur göttliche Fügung leitete dahin, dann aber auch stets zum ewigen Heil des Finders. Die Sage vom heil. G. scheint sich aus orientalischen und christlichen Elementen im Anfang des 12. Jahrh. in Spanien und dem südlichen Frankreich gebildet zu haben. Auf französischem Boden wurde die Sage mit der Parzivalsage verbunden und an das Haus Anjou angelehnt, aus welchem die Gralkönige stammen sollten. Hierher gehört eine unvollendete Dichtung des Chrestien von Troyes: "Le conte dul G." (vor 1190). Kurz vor oder kurz nach diesem behandelte den gleichen Stoff der Provençale Kiot, den wir übrigens nur aus einer Erwähnung Wolframs kennen. Die Legende von Joseph von Arimathia wurde in dem französischen gereimten "Roman du Saint G." behandelt, der im 15. Jahrh. in Prosa aufgelöst wurde (hrsg. von Hucher, Par. 1875-78, 3 Bde., und von Weidner, Oppeln 1881). Auch ein altenglisches Gedicht: "The Holy Grail", gibt es, das auf dem französischen Roman beruht (hrsg. von Furnivall durch die Early English Text Society, 1874-78, 4 Bde.); als Verfasser ist Lonelich (um 1450) angegeben. In die deutsche Poesie brachte die Gralsage Wolfram von Eschenbach im Parzival und den Bruchstücken von Titurel; in weiterer Ausführung behandelte sie der Dichter des jüngern Titurel, der noch die Beziehung auf den Priesterkönig Johann hinzubrachte. In unsern Tagen legte die Gralsage R. Wagner seinem Tondrama "Parsifal" zu Grunde. - Ein ähnlich aussehendes Gefäß, wie es die Sage beschreibt, kam 1100 nach Genua und von dort 1806 nach Paris, ist aber von grünem Glas. Vgl. Boisserée, Über die Beschreibung des Tempels des heil. G. (Münch. 1834); San Marte, Der heil. G. (in dessen "Wolfram von Eschenbach", Bd. 2, Magdeb. 1841); Derselbe, Parzivalstudien, Heft 2 u. 3 (Halle 1861-62); Lang, Die Sage vom heil. G. (Münch. 1862); Droysen, Der Tempel des heil. G. (Bromb. 1872); Zarncke, Der Graltempel (Leipz. 1876); Birch-Hirschfeld, Die Sage vom G. (das. 1877); Martin, Die Gralsage (Straßb. 1880); Domanig, Parzivalstudien, Heft 2: Der G. (Paderb. 1880); Hertz, Die Sage von Parzival u. dem G. (Bresl. 1882).

Grallae, Ordnung der Vögel, s. v. w. Watvögel.

Gram, Hans, der Vater der kritischen Geschichtsforschung in Dänemark, geb. 28. Okt. 1685 zu Bjergby in Jütland, überraschte frühzeitig durch seine Kenntnisse, namentlich im Griechischen, ward 1714 Professor dieser Sprache und gewann bald eine europäische Berühmtheit in allen Fächern des Altertums. Die Geschichte seines Vaterlandes sollte aber sein eigentliches Berufsfach werden, wozu ihm seit 1730 seine Stellung als königlicher Historiograph Anlaß, die als Bibliothekar und Geheimer Archivar Mittel und Quellen bot. Er fand zahlreiche neue Quellen und reinigte die dänische Geschichte von zahllosen Irrtümern durch seine gediegenen Abhandlungen in den Schriften der "Videnskaberne Selskab", die 1742 auf seinen Vorschlag gestiftet worden war. Auch durch Herausgabe älterer historischer Arbeiten machte er sich um dänische Geschichte verdient und übte auf das gelehrte Schulwesen seiner Heimat den größten und wohlthätigsten Einfluß. Er starb als Etatsrat 19. Febr. 1748.

Gramen (lat.), Gras; Mehrzahl gramina, Gräser.

Gramineen, Pflanzenfamilie, s. Gräser.

Gramm (in offizieller Abkürzung: g; franz. Gramme), die dem metrischen Gewicht zu Grunde gelegte nominelle Einheit, durch deren Vervielfältigung und Teilung sich die höhern und niedern Gewichtsstufen ergeben, von denen erstere griechische, letztere lateinische Beinamen führen, wie z. B. 10 G. = 1 Dekagramm, 100 G. = 1 Hektogramm, 1000 G. = 1 Kilogramm, 10,000 G. = 1 Myriagramm sind, 1/10 G. aber = 1 Dezigramm, 1/100 G. = 1 Zentigramm, 1/1000 G. = 1 Milligramm ist. Als faktische Einheit des metrischen Gewichtssystems