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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gran; Grän; Grana; Granacci; Granada

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Gran - Granada.

Es war schon im 10. Jahrh. eine ansehnliche Stadt (die "Etzelburg" des Nibelungenliedes), die Residenz des Ungarnherzogs Geysa, dessen Sohn, der heil. Stephan, hier geboren, getauft und 15. Aug. 1000 gekrönt wurde. Mit Kirchen und Palästen, Reichtümern und einer starken Bevölkerung ausgestattet, war G. der Sitz des Erzbischofs oder Primas von Ungarn und zugleich einer der bedeutendsten Handelsplätze des Landes, als dessen Bewohner Ungarn, Deutsche und Italiener (Latini) urkundlich genannt werden. Diese Blüte vernichtete die Zerstörung der Stadt durch die Tataren 1241, in welcher nur das Schloß stehen blieb. Der König Bela IV. that zwar viel zur Wiederherstellung der Stadt; allein Ofen erhob sich seitdem über sie, und G. erreichte seinen alten Glanz nicht wieder. Im J. 1543 kam die Stadt unter die Botmäßigkeit der Türken, denen sie erst 1683 unter Leopold I. auf immer wieder entrissen wurde. In der Zwischenzeit wurde das Erzbistum nach Tyrnau verlegt, während der Erzbischof selbst in Preßburg seinen Sitz nahm, bis beide 1820 nach G. zurückkehrten. Der Erzbischof von G. ist zugleich Fürst-Primas von Ungarn, welche Würde der Erzbischof Christian August, Herzog von Sachsen, 1716 vom Kaiser Karl VI. für alle seine Nachfolger auswirkte. Kaiser Joseph I. erhob G. 1708 zur königlichen Freistadt. Der frühere antikisierende Name der Stadt war Istropolis (Donaustadt) oder Istrogranum (Donau-Granstadt); daraus haben die Ungarn Esztergom gemacht, und hieraus ist ihr ungarisch-lateinischer Name Strigonium entstanden.

Gran, Daniel, österreich. Maler, geb. 1694 zu Wien (nach andern in Mähren), bildete sich in Neapel an Solimena und der Antike. Nach Wien zurückgekehrt, fand er reichliche Beschäftigung; namentlich waren Kaiser Karl VI. und der Fürst Schwarzenberg seine Gönner. G. war in der Stilauffassung der Barockzeit als sehr geschickter und fruchtbarer Freskomaler thätig. Er verband einen seltenen Sinn für Farbe und Lichtverteilung mit tiefer Kenntnis der Perspektive und großartiger Komposition. In Österreich schmückte er viele Schlösser des Hofs und Adels sowie Kirchen und Klöster mit seinen riesigen Plafondfresken, meist allegorischen Inhalts. Am vorzüglichsten sind darunter die Deckengemälde in der Hofbibliothek, im kaiserlichen Lustschloß zu Hetzendorf, in der Schloßkapelle zu Schönbrunn, im Palais Schwarzenberg, im Landhaus zu Brunn, im Kloster Bruck bei Znaim etc. Auch die Ölmalerei übte er nicht ohne Erfolg aus, wie seine heil. Elisabeth in der Karlskirche zu Wien sowie mehrere Altarbilder in der Domkirche zu St. Pölten beweisen. Obwohl für seine Schöpfungen glänzend bezahlt, starb G. arm 1757 in St. Pölten.

Grän, beim Gold-, Silber- und Juwelenhandel gebräuchliches kleines Gewicht. Für Gold sind 288 G. = 1 Mark, 12 G. = 1 Karat (1/24 Mark); für Silber 18 G. = 1 Lot (1/16 Mark). 1 G. = 0,8119988 g. Für Juwelen sind 4 G. = 1 Karat = 0,2055372 g.

Grana (lat., Mehrzahl von Granum), Körner; besonders in der Pharmazie etc.: G. Chermes, s. v. w. Kermes; G. Paradisi, G. Meleguetta, s. v. w. Paradieskörner; G. Tiglii, s. v. w. Krotonsamen.

Granacci (spr. -attschi), Francesco, ital. Maler, geb. 23. Juli 1477 zu Florenz, war anfangs Schüler und Gehilfe des Domenico Ghirlandajo, an dessen Bildern er mehrfach thätig war, wobei er statt der Tempera- die Öltechnik anwandte. (Beispiele: der heil. Vincentius Ferrerius und der heil. Antonin im Berliner Museum). Später schloß er sich an Leonardo da Vinci, Michelangelo und Raffael an. Seine Hauptwerke sind: die Dreieinigkeit (Berliner Museum), die Madonna mit dem heil. Thomas (Florenz, Uffizien) und die Himmelfahrt der Jungfrau (Florenz, Akademie). Er starb 30. Nov. 1543 in Florenz.

Granada, 1) ehemaliges Königreich der Mauren in Spanien, umfaßt den südöstlichen Teil von Andalusien (Oberandalusien) oder die drei heutigen Provinzen G., Malaga und Almeria mit einem Flächengehalt von 28,653 qkm (520 QM.). Das Land, bis auf einen schmalen Küstensaum durchaus Hoch- und Gebirgsland, mit der schneebedeckten Sierra Nevada in seiner Mitte, aber fruchtbar und von üppigster Vegetation, bildete anfangs einen Teil des Kalifats Cordova, sodann aber, nach dem Verlust von Cordova und Sevilla, ein selbständiges Königreich (seit 1238), dessen außerordentlich fruchtbares und fleißig angebautes Gebiet 3 Mill. Bewohner ernährte und 100,000 Krieger ins Feld stellte. Die Könige von G. mußten indessen schon seit 1246 die Hoheit der Könige von Kastilien anerkennen und einen jährlichen Tribut zahlen. Als König Mulei Abul Haschem die Fortentrichtung desselben 1476 verweigerte, brach zwischen den Beherrschern von G. und Ferdinand dem Katholischen ein elfjähriger Krieg aus, der nach Besiegung des letzten maurischen Königs, Boabdil, der zur Auswanderung gezwungen wurde, 2. Jan. 1492 mit der Eroberung der Stadt G. und der Vernichtung der Mauren endete. Die Vertreibung derselben machte aber G., die blühendste Provinz Spaniens, einer Wüste gleich. Die heutige Provinz G. bildet das Zentrum Hochandalusiens, grenzt gegen N. an die Provinz Jaen, gegen NO. an Albacete und Murcia, gegen O. an Almeria, gegen S. an das Mittelländische Meer, gegen W. an Malaga und gegen NW. an Cordova und hat ein Areal von 12,788 qkm (233,2 QM.). Sie ist landschaftlich die schönste Provinz Andalusiens, zugleich eine der herrlichsten Gegenden Europas und enthält das höchste Gebirge der Iberischen Halbinsel, die Sierra Nevada (s. d.) mit dem Mulahacen, außerdem zahlreiche andre Berggruppen, wie die Sierra Contraviesa, Sierra de Alhama, de Almijara, de Baza, La Sagra u. a. Von allen diesen Gebirgen strömt reichliches Wasser in die Thäler hinab, dieselben in üppige Gärten (Vegas) verwandelnd. Die Provinz gehört größtenteils dem Flußgebiet des Guadalquivir an, welchem hier namentlich der Jenil und der Guardal mit dem Fardes zufließen. Direkt ins Meer ergießt sich der Guadalfeo. Das Klima ist sehr warm, jedoch durch die Schneegebirge temperiert. Die Provinz zählt (1878) 479,066 Bewohner (Ende 1883 auf 485,991 berechnet) oder 37 pro QKilometer. G. gehört zu den fruchtbarsten und reichsten Provinzen Spaniens; hier verbinden sich die Produkte der gemäßigten Zone mit denen der subtropischen. Man gewinnt Weizen, Gerste, Mais, Reis, Gemüse, Hanf, Öl, Orangen, Zitronen, Mandeln, Granatäpfel, Wein, in der Küstenzone auch Baumwolle und Rohrzucker. Die reichen Mineralschätze (Salz, Eisen, Blei, Kupfer, Zink, Schwefel, Marmor, Alabaster) sind noch zu wenig ausgebeutet. Das Gleiche gilt von den zahlreichen Mineralquellen (Alhama, Graena, Lanjaron etc.). Die Industrie, welche über mächtige Wasserkräfte verfügt, ist gegenwärtig nur von mäßiger Bedeutung. Die ehemals blühende Seidenindustrie ist beinahe ganz verschwunden. Man findet einige Webereien, Branntweinbrennereien, Zuckerraffinerien, Seifen- und Thonwarenfabriken. Der Handel, welcher im Innern durch schlechte Kommunikationsmittel, gegen das Meer