Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Grignon; Grigoriopol; Grigórjew; Grigorówitsch; Grillade; Grillage; Grillen; Grillparzer

739

Grignon - Grillparzer.

Grignon (spr. grinjóng), Dorf im franz. Departement Seine-et-Oise, Arrondissement Versailles, Gemeinde Thiverval, an der Westbahn, hat eine 1826 gegründete Ackerbauschule, die bedeutendste Frankreichs, mit ca. 100 Schülern (in einem Schloßgebäude aus der Zeit Ludwigs XIII.) und 300 Einw.

Grignon (spr. grinjóng), ein früher berühmtes Restaurant in Paris, das in den Romanen französischer Schriftsteller während der Julidynastie eine Hauptrolle spielte.

Grigoriopol, 1) Stadt im russ. Gouvernement Cherson, Kreis Tiraspol, am Dnjestr, mit 3 Kirchen, einer Synagoge und (1881) 7918 Einw., welche ausgebreiteten Tabaks-, Wein- und Obstbau und Lederfabrikation treiben. G. ist Sitz der geistlichen Verwaltung der armenischen und gregorianischen Kirchen des Chersoner Gebiets. Es ist vor 100 Jahren vom Fürsten Gregor Potemkin angelegt worden. - 2) Flecken im kaukas. Gouvernement Stawropol, am rechten Ufer des Kuban, 1794 von Donischen Kosaken begründet, hat 3771 Einw.

Grigórjew, 1) Wasilij Wasiljewitsch, russ. Orientalist und Archäolog, geb. 1816 zu Petersburg, studierte daselbst, ward 1836 Dozent des Persischen an der Universität in Petersburg, 1838 Professor der morgenländischen Sprachen am Lyceum zu Odessa, redigierte 1844-52 in Petersburg das "Journal des Ministeriums des Innern" und ward dann Adlatus des Generalgouverneurs von Orenburg, wo er von 1854 an die Oberverwaltung der Orenburgischen Kosaken leitete. Im J. 1863 zum Professor der Geschichte des Orients an der Petersburger Universität, 1879 zum Geheimrat und Chef des Preßwesens in Rußland ernannt, starb er 2. Jan. 1882. Eine Sammlung seiner in Journalen zerstreuten Aufsätze erschien unter dem Titel: "Rossija i Asia" (Petersb. 1876). Auch übersetzte er Chondemirs "Geschichte der Mongolen" (Petersb. 1834) ins Russische und unternahm eine russische Bearbeitung des Teils von Ritters "Erdkunde", welcher Kabulistan, Kafiristan und Ostturkistan umfaßt (das. 1869-73, 2 Lfgn.).

2) Apollon Alexandrowitsch, russ. Schriftsteller und Kritiker, geb. 1822 zu Moskau, studierte daselbst Jura, erhielt dann eine Anstellung im Senat, gab dieselbe aber bald auf, um sich ganz der Litteratur zu widmen, und starb 25. Sept. (a. St.) 1864 in Petersburg an den Folgen einer wüsten Lebensweise. G. hat in einem Zeitraum von 20 Jahren in den tonangebendsten russischen Revuen alle neuesten Erscheinungen der Litteratur besprochen und mehrere kritische Abhandlungen von Wert veröffentlicht. Eine Auswahl derselben gab Strachow nach dem Tod Grigorjews heraus: "Ssotschinénija Apollóna Grigorjewa" ("Werke von A. G.", Petersb. 1876). Anfangs ein Parteigänger der Slawophilen, verfocht er später die allgemein-menschlichen Kulturideen. Er ist weder ein Anhänger der rein ästhetischen noch der historischen Schule in der litterarischen Kritik, sondern, wie er sich ausdrückt, der Repräsentant einer "organischen" Kritik, als deren Schöpfer er Carlyle betrachtet. Die Kunst ist nach G. das Spiegelbild des Idealen. Die Gesetze, durch welche die Kritik dieses Spiegelbild erklärt, werden nicht aus dem Spiegelbild selbst geschöpft, welches als Erscheinung immer mehr oder weniger unzulänglich ist, sondern aus dem Wesen des Idealen. Es besteht daher zwischen Kunst und Kritik eine organische Verwandtschaft in der Erkenntnis des Idealen, und die Kritik muß daher ebenso organisch sein wie die Kunst selbst, indem sie analytisch dieselben organischen Lebenselemente vergeistigt, denen die Kunst synthetisch Fleisch und Blut verleiht.

Grigorówitsch, Dmitrij Wasiljewitsch, russ. Schriftsteller, geb. 1820, der Sohn eines Edelmanns aus dem Gouvernement Rjäsan, erhielt seine Erziehung in einer Privatpension zu Moskau und kam dann in die Petersburger Ingenieurschule, die er jedoch, ohne den Kursus vollendet zu haben, 1846 verließ, um sich der künstlerischen Laufbahn zu widmen. Er trat in die Akademie der Künste ein, wo er eine Zeitlang Schüler des bekannten russischen Malers Brüllow war, betrieb aber gleichzeitig auch ästhetisch-litterarische Studien. Seine litterarische Laufbahn begann er mit der Erzählung "Das Dorf", die von dem bedeutendsten russischen Kritiker, Belinskij, mit großem Beifall begrüßt wurde; später folgten die Erzählungen: "Ein verfehltes Leben" (in welcher G. seine eignen Jugendschicksale erzählte), "Anton Goremyka", "Die Fischer", "Die Proletarier", "Die Übergesiedelten" (deutsch, Wien 1859) und endlich "Zwei Generale", die letzte, 1863 erschienene Erzählung von G., der nun der Litteratur entsagte und sich ganz der bildenden Kunst widmete. Großes Verdienst hat sich G. in der spätern Zeit um die Petersburger Gesellschaft zur Förderung der Künstler erworben, in welcher er als Sekretär eine rastlose Thätigkeit entfaltete. G. ist ein ästhetisch gut durchgebildetes Talent; seine Farben sind warm und lebendig, seine Zeichnung ist naturgetreu, wenn auch der Stoff meist etwas idealisiert erscheint.

Grillade (franz., spr. grijahd'), gekochtes oder gebackenes Fleisch, welches mit Butter, Ei und zerriebener Semmel paniert und auf dem Rost gebraten wird. Grillieren, auf dem Rost hellbraun braten; auch das Absengen der Fäserchen bei der Appretur der Baumwollgewebe und das Rösten der Erze.

Grillage (franz., spr. grijahsch), Latten-, Gitterwerk.

Grillen, s. v. w. Heuschrecken.

Grillparzer, Franz, hervorragender Dramatiker, geb. 15. Jan. 1791 zu Wien als der Sohn eines geachteten Advokaten, studierte auf der Universität seiner Vaterstadt die Rechte und trat 1813 als Konzeptspraktikant bei der kaiserlichen Hofkammer in den österreichischen Staatsdienst. Er ward 1823 Hofkonzipist, 1832 Archivdirektor bei der kaiserlichen Hofkammer, dem spätern Finanzministerium, und trat 1856 in den Ruhestand. Dies geräuschlose Dasein eines altösterreichischen Beamten barg jedoch bei G. eine Reihe innerer Erlebnisse und Kämpfe, welche selbst in seinen Dichtungen nur zum Teil hervortreten. Seine Bildungsjahre fielen in die Zeiten der französischen Revolution und der Napoleonischen Epoche, deren Wirkungen selbst von Österreich um so weniger fern zu halten waren, als damals die Traditionen der Josephinischen Epoche noch fortlebten. Wer sich, wie G., mit liebevoller Hingabe an das Bestehende anschloß und dennoch den unseligen Geistesdruck, die gewaltsame Bildungsreaktion unter der Regierung des Kaisers Franz I. in tiefster Seele empfand; wer auf der einen Seite die geistigen Errungenschaften der Sturm- und Drangperiode und der klassischen Litteratur in sich aufnahm und auf der andern jeden Konflikt mit dem in Österreich herrschenden System, ja selbst mit der herrschenden Lebensanschauung zu vermeiden trachtete, dabei aber einen starken Drang des Schaffens und poetischen Bildens in sich fühlte, sah sich in einer tragischen Situation. Grillparzers poetische Anfänge wurden von der Romantik (die ihm die bleibende Vorliebe für die spanischen Dramatiker einprägte) und von der vorüber-^[folgende Seite]