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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Grützner; Gruyer; Gruyère; Gruyères; Gryllen; Gryllodea; Gryllotalpa; Gryllus; Grynäus; Gryphaea; Gryphitenkalk; Gryphius

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Grützner - Gryphius.

Leitung Fr. Schneiders zu einem ebenso tüchtigen Komponisten aus. 1848 begab er sich nach Leipzig, wo er zunächst in einem Musikchor ein Unterkommen fand, bis er durch Vermittelung Ferd. Davids, der sein Talent erkannte, nach B. Coßmanns Weggang von Leipzig als erster Violoncellist und Solospieler am Gewandhaus sowie als Lehrer am Konservatorium angestellt wurde. Diese Stellung, in welcher sich sein Talent zu einer bedeutenden Höhe entwickelte, vertauschte er 1860 mit der eines ersten Violoncellisten der Hofkapelle zu Dresden, welche er, Ende der 60er Jahre zum Kammervirtuosen ernannt, noch gegenwärtig bekleidet. Seine Kompositionen für das Violoncello gehören zu den besten dieser Gattung und haben sowohl zu Konzert- als Unterrichtszwecken weite Verbreitung gefunden; nicht minder hat G. durch Bearbeitung von Werken älterer Meister, des Boccherini, Ascoli u. a., die Litteratur seines Instruments bereichert und seinen zahlreichen Schülern Anregung zum Studium gewährt. - Zu letztern gehört auch sein Bruder Leopold G., geb. 4. Sept. 1835 zu Dessau, früher Mitglied des Leipziger Gewandhausorchesters, später erster Violoncellist der Hofkapelle in Meiningen, seit 1876 der Hofkapelle zu Weimar. Auch er ist ein fleißiger Komponist für sein Instrument.

Grützner, Eduard, Maler, geb. 26. Mai 1846 zu Großkarlowitz in Schlesien, besuchte das Gymnasium zu Neiße und suchte sich hier ohne Anleitung zum Künstler auszubilden, bis der Architekt Hirschberg sein Talent erkannte und ihn 1864 nach München brachte. Nachdem G. einige Zeit in der Vorschule zur Akademie und dann in dieser selbst Unterricht erhalten, trat er 1865 in die Schule Pilotys ein. Er lieferte sieben Ölbilder für die Decke eines Gemachs in Hirschbergs Haus, die Künste darstellend, und trat 1869 mit mehreren Gemälden vor das Publikum, in welchen sich seine große Begabung für das humoristische Fach zuerst offenbarte. Zunächst entlehnte er Shakespeare seine Stoffe: Falstaff in der Kneipe der Frau Hurtig, die Musterung der Rekruten aus "Heinrich IV.", Illustrationen zu "Was ihr wollt", der Überfall im Hohlweg, die Geschichte von den Steifleinenen, Falstaff im Wäschkorb etc. Dazwischen malte er: Mephisto und die Tänzerin hinter den Kulissen, in der Theatergarderobe. Sein hauptsächlichstes Stoffgebiet ist jedoch das Leben der Mönche, welchem er eine große Anzahl humoristischer Motive entnommen hat, die seinen Namen populär gemacht haben. Die bekanntesten dieser Bilder sind: Weinprobe, im Klosterbräustübchen, Klosterschneider, im Klosterbräustübchen beim Abendgebetläuten, die Klosterbrauerei, die lustige Lektüre in der Klosterbibliothek. Auch dem Jägerleben weiß er die komischen Seiten abzugewinnen, wie sein Jägerlatein zeigt. G. ist ein kecker Zeichner, beherrscht die Technik mit voller Meisterschaft und besitzt ein hervorragendes Talent für treffende Charakterisierung, verbunden mit glücklichem Farbensinn.

Gruyer (spr. grüjeh), Anatole, franz. Kunstschriftsteller, geb. 25. Okt. 1825 zu Paris, war anfangs als Ingenieur und Chemiker thätig und widmete sich dann dem Studium der Kunstgeschichte. 1872 wurde er zum Generalinspektor der schönen Künste, 1875 zum Mitglied der Akademie und 1881 zum Konservator der Gemäldegalerie des Louvre ernannt. Seine hervorragendsten Schriften sind: "Essai sur les fresques de Raphaël au Vatican" (1858-59, 2 Bde.); "Des conditions de la peinture en France" (1862); "Raphaël et l'antiquité" (1864, 2 Bde.); "Les vierges de Raphaël et l'iconographie de la vierge" (1869, 3 Bde.); "Les oeuvres ^[œuvres] d'art de la renaissance italienne au temple de Saint-Jean, baptistère de Florence" (1875); "Raphaël, peintre de portraits" (1882).

Gruyère (spr. grüjähr), Théodore Charles, franz. Bildhauer, geb. 17. Sept. 1813 zu Paris, debütierte 1836 als Schüler von Ramey und Dumont mit einer Gruppe (junges Mädchen und ihr treuer Hüter), die eine Medaille davontrug. Größern Ruf erwarb er sich in den folgenden Jahren durch Marius vor Karthago, David vor Saul singend und namentlich durch die sieben Helden vor Theben (1839), die ihm den großen Preis für Rom einbrachten; ebenso durch Chactas an Atalas Grab und Mucius Scävola (1845 und 1846). Seine übrigen Werke sind teils Büsten, teils Statuen von Heiligen für mehrere Kirchen, teils allegorische Skulpturen, z. B. die Sandsteinstatuen des Basilius und des Hesekiel in der Kirche St.-Augustin (1865), die Figuren der Städte Laon und Arras an der Fassade des Nordbahnhofs, die Marmorgruppe der mütterlichen Zärtlichkeit (1869) und je ein Basrelief in der Kirche St.-Thomas d'Aquin und an der Fassade der Neuen Oper.

Gruyères (spr. grüjähr, deutsch Greyerz), Landstädtchen im voralpinen Gebiet des schweizer. Kantons Freiburg, 830 m ü. M., mit (1880) 1075 Einw., im Mittelalter, zur Zeit der begüterten Grafen von G., der Hauptort des Greyerzer-Landes, welches als unterste der drei alpinen Stufen der Saane (s. d.) zu den ergiebigsten Alpenthälern gehört und namentlich durch seinen Fettkäse berühmt ist; heute jedoch sieht sich G. von dem aufstrebenden Bulle (s. d.) an Bedeutung überflügelt.

Gryllen, Phantasiegebilde der griech. Mythologie, zum Teil entstanden durch Zusammenfügung bacchischer Masken mit andern Gesichtern oder durch Anstücken tierischer wie menschlicher Teile. Oft liegt der Idee ein Witz, manchmal auch eine allegorisch ausgedrückte Reflexion zu Grunde. Sie finden sich auf antiken Gemmen, auch auf Münzen (namentlich von Signia) späterer Zeit. Auf dem Gebiet der Malerei behandelte diese Stoffe zuerst Antiphilos aus Ägypten.

Gryllodea (Grabheuschrecken), Familie aus der Ordnung der Geradflügler, s. Heuschrecken.

Gryllotalpa, Maulwurfsgrille.

Gryllus, s. Heuschrecken.

Grynäus, Simon, namhafter reform. Theolog, geb. 1493 zu Vehringen in Schwaben, schloß auf der Schule zu Pforzheim mit Melanchthon innige Freundschaft, wurde nach vorübergehender Lehrthätigkeit in Wien und Ofen 1524 als Professor des Griechischen nach Heidelberg und 1529 als Lehrer der Theologie nach Basel berufen. Im J. 1534 reformierte er die Universität Tübingen und nahm an der Abfassung der ersten helvetischen Konfession sowie 1540 am Kolloquium zu Worms teil und starb 1. Aug. 1541 in Basel.

Gryphaea, s. Muscheln.

Gryphitenkalk, s. v. w. Arcuatenkalk, s. Juraformation.

Gryphius, 1) (Greyff) Sebastian, Buchdrucker, geb. 1493 zu Reutlingen als Sohn des dasigen Buchdruckers Martin Greyff (nach andern in einem Dorf in der Nähe von Augsburg), ließ sich 1528 in Lyon nieder und starb 7. Sept. 1556 daselbst. G. war sowohl wegen der Schönheit als auch wegen der außerordentlichen Korrektheit seiner Drucke berühmt, die er mit einem Gebetbuch in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache begonnen hatte, und als deren berühmteste seine lateinische Bibel von 1550, die in