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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Grundeis - Grundgefällsteuer.

feste Bindeglied eines gediegenen, selbständigen Mittelstandes fehlt, wird die Gesellschaft immer leicht der Gefahr einer sozialen Umwälzung ausgesetzt sein. Insbesondere ist der Grundbesitz ein echter Hort einer bestehenden gesellschaftlichen Verfassung. Eine tüchtige Vertretung des kleinen und mittlern Besitzes mit seiner naturgemäß meist echt konservativen Gesinnung wird immer allen Anfechtungen der bestehenden Besitzordnung den kräftigsten Widerstand entgegensetzen. Solche Anfechtungen erfolgen von sozialistischer Seite. Der Umstand, daß viele Grundbesitzer lediglich in ihrer Eigenschaft als Besitzer Renten beziehen, daß der Boden nicht als eine Schöpfung der Arbeit erscheint, mußte zunächst in die Augen fallen und dazu Veranlassung geben, das G. als ungerechtfertigt zu verwerfen und als ein "Patrimonium" des gesamten Volkes in Anspruch zu nehmen. Einen bestimmten Ausdruck fand diese Anschauung unter anderm auch in den Beschlüssen der Internationale 1868 und 1869 zu Brüssel und Basel. Hierbei konnten sich die Sozialisten vorzüglich auf verschiedene nationalökonomische Theorien über die Bodenrente (s. d.) stützen. Nun läßt sich allerdings der Bezug eines Einkommens aus Grundbesitz keineswegs immer auf eine Leistung des Besitzers und seiner Rechtsvorgänger zurückführen. Trotzdem findet das G. ganz die gleiche soziale Rechtfertigung wie die gesamte heutige Besitzordnung. Extragewinne, die nicht einem eignen Verdienst zu verdanken sind, wirft auch andrer Besitz ab, wie überhaupt dem schuldenfreien G. mit seiner Rente der Zins gegenübergestellt werden kann. Daß aber der Kapitalismus eine notwendige Bedingung für den Kulturfortschritt war und selbst noch heute ist, dies haben tüchtige Sozialisten (Marx, Lassalle u. a.) unumwunden zugestanden. Wollte man heute oder überhaupt in absehbarer Zeit das private G. durch Kollektiveigen (Gesamteigen) verdrängen, so würde die Leistungsfähigkeit der Bodenwirtschaft aus Mangel an einem einheitlichen, fest bestimmenden Willen und an dem denselben begleitenden Interesse erheblich vermindert. Das G. ist darum unentbehrlich als echte Stütze des Fortschritts von Wirtschaft und Kultur. Eine andre Frage ist die, ob nicht durch Gesetzgebung und Verwaltung bestimmten Arten der Verteilung vorzubeugen sei. So findet man noch in mehreren Ländern Bestimmungen, welche eine Besitzverringerung unter ein Mindestmaß nicht gestatten (vgl. Dismembration). Wichtiger als diese meist unpraktische Beschränkung sind die Bestimmungen über Erbrecht, über Zulässigkeit von Fideikommissen und den Inhalt des Fideikommißrechts, dann die Anordnungen und Maßnahmen bezüglich der Verschuldung des Grundbesitzes, der Ermöglichung von Verbesserungen auf Grund bestimmter Majoritätsbeschlüsse (Umlegungen, Entwässerungen, Wegewesen etc.), der Bildung von Genossenschaften etc. In der neuern Zeit ist das Bestreben der praktischen Wirtschaftspolitik vorzüglich darauf gerichtet, möglichst das mittlere und kleine G. zu erhalten.

Grundeis, s. Eis, S. 398.

Grundel (Gobius Gthr.), Fischgattung aus der Ordnung der Stachelflosser und der Familie der Meergrundeln (Gobioidei), Fische mit gestrecktem Körper, rundlichem Kopf, aufgetriebenen Wangen, spitzigen, in schmale Binden geordneten Zähnchen, einander genäherten, vorstehenden Augen, zwei Rückenflossen und ihrer ganzen Länge nach verwachsenen Bauchflossen. Die Schwarzgrundel (G. niger L.), 13-16 cm lang, ist düster, auf der Bauchseite lichter gefärbt, mit wolkigen Flecken, auf den Flossen schwarz und braun gebändert oder gestrichelt, lebt besonders im Mittelmeer und in der Nordsee, auch im Atlantischen Ozean und in der Ostsee, in der Nähe der Flußmündungen und auf felsigem Boden und nährt sich von kleinen Krustern und Würmern. Zur Laichzeit gräbt das Männchen in mit Seegras bewachsenem Boden ein geräumiges Nest, dessen Gewölbe von den Wurzeln des Seegrases gebildet wird, nötigt vorbeischwimmende Weibchen hinein, befruchtet den abgelegten Laich und bewacht diesen und die Brut, bis sie herangewachsen ist. Die Schwarzgrundel war ein Lieblingsgericht der Venezianer, wurde aber von den Römern verachtet; gegenwärtig wird sie besonders wegen der großen, wohlschmeckenden Leber gefangen. Die Flußgrundel (Bottola, G. fluviatilis L.), 8 cm lang, blaß gelblichgrün, auf dem Oberrücken dunkler, gefleckt, auf der zweiten Rückenflosse und der Schwanzflosse schwarz punktiert, lebt in Seen, Flüssen und Kanälen Italiens zwischen Steinen am Grund, zeigt keine Brutpflege, besitzt sehr wohlschmeckendes Fleisch.

Grundelsee, fischreicher See im nordwestlichsten Teil von Steiermark, Bezirkshauptmannschaft Gröbming, in reizender Lage am Fuß des Totengebirges, 709 m ü. M.; er gibt dem Traunfluß seinen Ursprung, wird von einem Dampfschiff befahren und ist im Sommer viel besucht.

Grundemann, Reinhold, Geograph und Schriftsteller auf dem Gebiet der Mission, geb. 9. Jan. 1836 zu Bärwalde in der Neumark, studierte zu Tübingen, Halle und Berlin Theologie und Orientalia, bereiste Griechenland und Norwegen, war 1861-65 als Pfarrer thätig und schied dann auf vier Jahre aus dem geistlichen Amt, um die Missionssache besonders von ihrer geographischen Seite zu studieren. Er begab sich zu dem Zweck nach England, Nordamerika und Holland und war in enger Verbindung mit Petermann in der Perthesschen Anstalt zu Gotha ausschließlich für Missionszwecke thätig. Hier entstand als eine Erweiterung seiner schon 1862 (später auch in holländischer und schwedischer Ausgabe) erschienenen "Missionsweltkarte" (3. Aufl., Stuttg. 1886) der "Allgemeine Missionsatlas" (Gotha 1867-71, 72 Karten). Seit 1869 Pastor zu Mörz bei Belzig, veröffentlichte G. eine Biographie des Missionärs J. F. ^[Johann Friedrich] Riedel (Gütersloh 1873), eine völlig umgearbeitete Auflage von "Burkhardts kleiner Missionsbibliothek" (Bielef. 1876-81, 4 Bde.) und die Schrift "Zur Statistik der evangelischen Mission" (Gütersloh 1886). 1885 wurde er von der Berliner Universität zum Ehrendoktor der Theologie ernannt.

Grundentlastung, die auf gesetzlichem Weg erfolgende Beseitigung der auf Grund und Boden ruhenden Reallasten (s. d.) und Dienstbarkeiten (Servituten). Vgl. Ablösung. Zum Zweck der Durchführung der G. wurden in einigen Staaten Grundentlastungsobligationen ausgegeben.

Gründer, s. Gründung.

Grunderbe, s. Anerbe.

Grundfläche, diejenige Fläche, worauf ein Körper, z. B. ein Prisma, Parallelepiped, Würfel, Cylinder, Kegel etc., ruht, die Basis (s. d.) desselben.

Grundföhre (Föhre), s. Forelle.

Grundgefälle, s. Gefälle.

Grundgefällsteuer (Gefällsteuer, Dominikalsteuer), die Steuer von den auf Grund und Boden ruhenden Gefällen, welche als Teil der Grundsteuer aufzufassen ist, mit fortschreitender Ablösung aber mehr und mehr an Bedeutung verliert. Das preußische Grundsteuergesetz kennt keine besondere G., es