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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Holländer - Hölle.

zogs Heinrich Julius von Braunschweig" (1855), das "Buch der Beispiele der alten Weisen" (1860), die "Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans" (1867-82, Bd. 1-6), die "Schreiben des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz und der Seinen" (1884). Mit Keller und Pfeiffer gab er "Uhlands Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage" (Stuttg. 1865-73, 8 Bde.) heraus; auch hat er von Uhlands poetischen Werken zuerst kritische Ausgaben geliefert und bereitet einen umfassenden Kommentar zu Uhlands Gedichten vor, als dessen Probe die Schrift erschien: "Über Uhlands Ballade Merlin der Wilde" (das. 1876). Aus neuester Zeit ist noch von ihm zu nennen: "Zu Ludwig Uhlands Gedächtnis, Mitteilungen aus seiner akademischen Lehrthätigkeit" (Leipz. 1886). Als Nachfolger A. v. Kellers wurde H. 1883 zum Präsidenten des oben erwähnten Litterarischen Vereins ernannt.

Holländer, Maschine zur Zerkleinerung der Lumpen für die Papierfabrikation, s. Papier.

Holländerblau, s. v. w. Wasch- oder Neublau.

Holländerei, in Norddeutschland eine Milchwirtschaft (Meierei) oder das Gebäude, in welchem dieselbe betrieben wird. Holländer heißt der Leiter der Wirtschaft. Die Bezeichnung stammt aus dem 11. und 12. Jahrh., wo sich Holländer, welche mit der Milchwirtschaft vertraut waren, mehrfach in Deutschland ansiedelten und gewisse Vorrechte erhielten. In andern Gegenden Deutschlands spricht man in ähnlichem Sinn von Schweizereien.

Holländerin, verderbt aus "Hauländereien", s. Hauländer Wirtschaften.

Holländerin, in der Maschinentechnik, s. Wurfschaufel.

Holländern, s. Buchbinden, S. 544.

Holländerweiß, s. Bleiweiß.

Hollandgänger, ursprünglich die Arbeiter, welche aus einigen Gegenden des alten Fürstentums Osnabrück und des südlichen Oldenburg seit alter Zeit alljährlich beim Beginn des Frühlings nach Holland ziehen, um daselbst als Mäher, Torfstecher oder Ziegelbereiter im Sommer lohnende Beschäftigung zu finden. Diese Wanderungen werden heute vielfach auf Holstein, Schleswig, Mecklenburg und das östliche Preußen ausgedehnt, haben aber in einigen Gegenden ganz aufgehört. In sozialer Beziehung ist die Gewohnheit des Hollandgehens verwerflich. Vgl. Meurer, Das Hollandgehen (Osnabr. 1871).

Holländische Flüssigkeit (holländisches Öl), das von den holländischen Chemikern Deimann, Troostwyk, Bondt und Lauwerenburgh 1795 entdeckte Produkt der Einwirkung von Chlor auf Äthylen, das Äthylenchlorid C2H4Cl2 ^[C_{2}H_{4}Cl_{2}] (s. Äthylen).

Holländische Sprache und Litteratur, s. Niederländische Sprache und Litteratur.

Holländisch-ost- und westindische Gesellschaft, s. Handelskompanien.

Hollandschdiep, ein breiter Mündungsarm der Maas (s. d.) in den Niederlanden.

Hollar, Wenceslaus H. von Prachna, Kupferstecher und Radierer, geb. 15. Juli 1607 zu Prag, zog, durch die Kriegsnot gezwungen, frühzeitig in die Fremde und bildete sich bei Matthäus Merian in Frankfurt a. M. im Radieren aus. In Köln, wo er sich für längere Zeit niederließ, machte H. 1636 die Bekanntschaft des kunstsinnigen englischen Grafen von Arundel, begleitete ihn über Prag nach Wien und von da 1637 nach England. Hier stach er zunächst eine Ansicht von Greenwich und das Porträt des Grafen und führte dann eine Reihe von Kupferstichen nach Gemälden aus des Grafen Galerie, 1640 allein 26 Platten, aus; doch befreite ihn erst 1640 die Anstellung als Zeichenlehrer des Prinzen von Wales aus seinen bedrängten Verhältnissen. Er gab jetzt eine Sammlung von Trachtenbildern unter dem Titel: "Ornamentus muliebris anglicanus" (28 Blätter) und 1642-44 die Kostüme der Frauen im übrigen Europa heraus. Durch den Ausbruch der bürgerlichen Unruhen und seine Beteiligung an den Bestrebungen der Royalisten 1645 war er genötigt, sich zu seinem Beschützer, dem Grafen Arundel, der schon früher geflohen war, nach Antwerpen zu begeben. Hier geriet er wieder in großen Mangel, nachdem der Graf während einer Reise in Italien zu Venedig gestorben war. H. kehrte daher 1652 nach England zurück und arbeitete für Buch- und Kunsthändler, bis er nach Karls II. Rückkehr nach England Zeichner des Königs wurde. Im Auftrag des Hofs unternahm er 1669 eine mühe- und gefahrvolle Reise nach Afrika, um die Festung Tanger und deren Umgebungen aufzunehmen, und 1673 eine zweite Reise nach Nordengland, wo er die Städte Lincoln, Newark, Southwell und York zeichnete. Er starb in Armut 28. März 1677 in London. Seine Stiche (nahe an 3000) sind in eigentümlicher Manier gehalten und zumeist mit der Radiernadel ausgeführt. Seine hervorragendsten Blätter sind: Adam und Eva, von der verbotenen Frucht essend, nach Holbein; David, vor Saul spielend, nach demselben; Esther vor Ahasverus, nach P. Veronese; das große Ecce homo, nach Tizian; Johannes der Täufer, am Felsen sitzend, nach Correggio; Magdalena in der Wüste, nach P. von Avont, Hauptblatt; Juno als Vorsteherin der ländlichen Arbeit, nach Elsheimer, ein vorzügliches Blatt hinsichtlich der Ausführung; drei Heroen, welche der Minerva einen Widderkopf opfern; nach Mantegna, von vortrefflicher Ausführung und edler Zeichnung; Amor, auf dem Löwen reitend, nach G. Romano; Johannes Henricus à Craenhals, sehr schön und sehr selten; der tote Hase, nach P. Boel; der große Kelch, nach Mantegnas Federzeichnung, ein seltenes Hauptblatt. Vgl. Parthey, Wenzel H., beschreibendes Verzeichnis seiner Kupferstiche (Berl. 1853).

Hollaz, David, luther. Dogmatiker, geb. 1648 zu Wulkow bei Stargard in Pommern, gest. 1713 als Propst und Pastor in Jakobshagen, hauptsächlich bekannt durch sein "Examen theologicum acroamaticum universam theologiam thetico-polemicam complectens" (Leipz. 1707, 8. Aufl. 1763), in welchem er sich als von rechtgläubiger, aber doch so milder Gesinnung erweist, daß er nicht einmal ausdrücklich gegen den Pietismus polemisiert. - Sein gleichnamiger Sohn, gestorben als Prediger zu Günthersberg in Hinterpommern, schrieb mehrere teilweise noch jetzt aufgelegte Erbauungsschriften ("Evangelische Gnadenordnung", "Pilgerstraße nach Zion" u. a.).

Holle, Frau, s. Holda.

Hölle (abgeleitet vom altdeutschen Hel, dem Namen der Göttin der Unterwelt bei den alten Germanen). Sowohl die semitischen als die klassischen Religionen des Altertums nahmen an, daß mit dem Tode des Leibes das eigentlich persönliche Leben des Menschen aufhöre; seine Seele steige hinab in einen dunkeln, lichtlosen Ort, wo sie als "Schatten" ein unthätiges, freudenloses Leben führe. Diesen Ort nannten die Hebräer Scheol, die Griechen Hades. Luther hat in seiner Bibelübersetzung beide Worte mit H. wiedergegeben. H. im engern Sinn heißt aber nur derjenige Teil der Unterwelt, wohin die Seelen der Bösen zur Bestrafung verwiesen werden. Die Griechen nannten ihn