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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Haferblattlaus - Hâfis

Fig. 19, a Rispe, b einzelnes Ährchen), auch türkischer, ungarischer, ägyptischer oder Kammhafer genannt, durch zusammengezogene, einseitswendige, überhängende Rispe vom gemeinen H. unterschieden, wird namentlich in Schlesien, Ungarn und Galizien (besonders in Gebirgen) angebaut. Er giebt auf gutem Boden noch reichlichen Ertrag und lagert sich wegen seiner steifern Halme nicht so leicht. Die Kulturhaferarten werden in Mittel- und Nordeuropa vorzugsweise als Pferdefutter gebaut; in Südeuropa tritt in dieser Beziehung die Gerste an deren Stelle. In kalten Gegenden des Nordens (Schottland) wird aus Hafermehl Brot gebacken, auch bereitet man daraus Graupen und Bier. Geschälter H. (Hafergrütze) wird medizinisch zu erweichenden Umschlägen, Klystieren, auch innerlich in der Abkochung (Haferschleim) als stopfendes Mittel angewandt. Hafermehl, oft halb geröstet, dient als leicht verdauliches Nahrungsmittel für Kinder. Handel und Produktion, s. Getreidehandel und Getreideproduktion. Der gefährlichste Feind des H. ist der Staubbrand (s. Brand [des Getreides] und Tafel: Pflanzenkrankheiten, Fig. 1 a). In Deutschland sind eine ziemliche Anzahl wild wachsender Arten vorhanden, die teils als gute Futtergräser, teils auch als lästige Unkräuter bekannt sind. Zu den erstern gehören u. a. der weichhaarige H. (Avena pubescens L.; s. Tafel: Futterpflanzen I, Fig. 6), der namentlich in Süddeutschland wachsende Wiesenhafer (Avena pratensis L.), sowie der gelbe Wiesenhafer oder kleine Goldhafer (Avena flavescens L.), welcher häufig auf trocknen Wiesen, namentlich auf Kalkboden wächst. Unter den als Unkraut vorkommenden Arten sind besonders der Rauh- oder Sandhafer (Avena strigosa Schreb.) und der sehr verbreitete Wild-, Flug- oder Windhafer (Avena fatua L.), der sich durch die starke Hygroskopicität seiner Grannen auszeichnet, zu erwähnen.

Haferblattlaus (Aphisa venae Fabr.), schmutzig dunkelgrüne Blattlaus, grau bereift, 2,2 mm lang; lebt auf den Blättern der Körnerfrüchte, besonders des Hafers.

Haferdrömt, s. Drömt (Getreidemaß).

Haferfliege (Chlorops s. Oscinis pusilla Meigen), eine Fliegenart aus der Gattung der Halmfliegen (s. d.) von 2 mm Länge, von dunkler, schwarzer Farbe, an den ersten Hinterleibsringen mit kleinern (Männchen) oder größern (Weibchen) braunen Flecken, sie hat drei Generationen im Jahr, die erste im Mai, die zweite im Juli und August, die dritte im Spätherbst. Die H. legt ihre Eier an verschiedene wilde Gräser und an Getreidearten, denen sie im östl. Deutschland, besonders aber in Österreichisch-Schlesien, Mähren, Galizien, Böhmen und Ungarn schon öfters sehr schädlich wurde. - Vgl. H. Wilhelm, Die H. (Teschen 1889).

Hafergrütze, Hafermehl, s. Hafer.

Haferschlehe, s. Prunus.

Haferschleim, s. Hafer.

Haferschmiele, Pflanzenart, s. Aira.

Haferwurzel, Haferwurz, Wurzelgemüse aus der Gattung Tragopogon (s. d.), wird ähnlich der ihr verwandten Schwarzwurzel, doch nur als einjährige Pflanze angebaut; zweijährige Wurzeln sind zum Genusse nicht mehr tauglich. Die H. gedeiht in jedem Boden, man sät den Samen im März bis April auf im Herbste vorher gedüngte Beete in Reihen von 15 bis 20 cm Abstand. Während des Sommers ist Reinhalten und öfteres Lockern der Beete erforderlich. Im Herbste werden die Wurzeln aus dem Boden genommen und in der Küche, im Keller oder in einer Grube in Sand eingeschlagen. Der Same bleibt nur ein Jahr keimfähig. (S. Tafel: Gemüse III, Fig. 4.)

Haff (dän. Hav, "Meer"), besondere Art von Flußmündungen, die durch Nehrungen (s. d.) oder Inseln vom offenen Meere abgetrennt sind, also Lagunen oder Strandseen mit Süßwasser bilden. An der deutschen Ostseeküste liegen: Frisches Haff (s. d.), Kurisches Haff (s. d.) und Pommersches Haff (s. d.).

Haffner, Karl, Schauspieldichter und Romanschriftsteller, geb. 8. Nov. 1804 zu Königsberg i. Pr., verließ im 16. Jahre das Fridericianum daselbst, um sich der Bühne zu widmen, durchzog als wandernder Schauspieler Preußen, Sachsen, Schlesien, Österreich und Ungarn, ward 1830 Dramaturg und Theaterdichter zu Pest. Er starb 29. Febr. 1876 in Wien. Da H. mit einigen Spektakelstücken, wie "Schwarzenberg und Palfy" und "Die Raubschützen", durchschlagenden Erfolg hatte, so ward er von dem Wiener Theaterdirektor Carl für das Theater an der Wien engagiert, dem er während einer 12jährigen Wirksamkeit über hundert Stücke, meist Gesangspossen und Volksstücke, lieferte, vielfach im Geschmacke Ferd. Raimunds (so z. B. "Das Marmorherz", "Der verkaufte Schlaf"); sie erschienen in Auswahl u. d. T. "Österr. Volkstheater" (3 Bde., Lpz. 1845-46). Dauernd hat sich auf der Bühne erhalten sein dreiaktiges Genrebild "Therese Krones". Seine Romane sind meist dem Wiener Leben entnommen.

Haffner, Paul Leop., Bischof von Mainz, geb. 21. Jan. 1829 in Horb (Württemberg), studierte in Tübingen, erhielt 1852 die Weihe und wurde 1854 Repetent am kath. Wilhelmsstift und Privatdocent in Tübingen, 1855 Professor der Philosophie am bischöfl. Seminar in Mainz und 1866 Domkapitular und Mitglied des bischöfl. Ordinariats. H. geriet in Kollision mit den sog. Maigesetzen und wurde 1877 infolge der Weigerung, eine gerichtliche Buße zu bezahlen, gepfändet, verlor auch durch die Schließung des Seminars seine Lehrthätigkeit. Als dann der seit dem Tode Kettelers (1877) erledigte Mainzer Bischofstuhl wieder besetzt werden sollte, wurde H. 1886 vom Papste zum Bischof ernannt. Durch Verhandlungen mit der hess. Regierung erwirkte er eine Revision der kirchenpolit. Gesetze, wodurch die Besetzung der Stellen und die Wiedereröffnung des Seminars ermöglicht wurde. 1888 brachte er an der Spitze der Pilger Leo XIII. die Glückwünsche zum Jubiläum dar. Unter seinen Hirtenbriefen ist hervorzuheben eine "Darstellung der Grundzüge wahrer Toleranz". Außer zahlreichen, meist philos.-apologetischen Arbeiten schrieb er "Grundlinien der Philosophie" (2 Bde., Mainz 1881-83) und gab seit 1879 die "Frankfurter zeitgemäßen Broschüren" heraus, von denen er viele selbst verfaßte. - Vgl. H., eine Festschrift (Mainz 1886).

Hâfis, Schems ed-dîn Mohammed (der Beiname hâfis bezeichnet einen Gelehrten, der den Koran auswendig weiß), pers. Dichter, geb. zu Anfang des 14. Jahrh. zu Schiras, widmete sich der Theologie und Rechtskunde und lebte als Derwisch in freiwilliger Armut zu Schiras. Damals gebot die Dynastie der Mosafferiden (1318-93) im südl. Persien, und H. hat besonders zwei unter diesen sieben Fürsten, Dschelal ed-dîn Schâh Schedschaa, an dessen Hofe er Unterricht erteilte, und Schâh Manßur, der 1393 im