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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hansestädte; Hansgirg

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Hansestädte - Hansgirg.

bing, 1835 Schuhmachermeister daselbst, siedelte 1838 nach Slagelse und 1841 nach Fredericia über, gab, nachdem er 1842 die Herausgabe des "Almuevennen" ("Volksfreund") begonnen, sein Handwerk auf und ging nach Kopenhagen, wo er zeitweilig Redakteur des "Faedreland" war. An der politischen Bewegung der 40er Jahre nahm er lebhaften Anteil und ward 1848 von Rudkjöbing in den Konstituierenden Reichstag gewählt; seitdem gehörte er ununterbrochen der Volksvertretung an, in welcher er die Seele der sogen. Linken, der demokratischen Bauernpartei, war und mit Erfolg die Herrschaft der auf der hauptstädtischen Bevölkerung beruhenden nationalliberalen Partei bekämpfte. Nachdem seine Partei die Majorität im Folkething erlangt, ward er Präsident desselben. Wie er selbst seine mangelhafte Jugenderziehung durch rastlosen Fleiß überwunden, so suchte er auch den Bauernstand geistig und materiell zu heben. Als Vorsitzender zweier Versicherungsgesellschaften ließ er sich aber verleiten, zu eignem Vorteil und für Parteizwecke nach und nach 190,000 Kronen zu unterschlagen. Als das Verbrechen 1877 entdeckt wurde, gestand es H. bei der ersten gerichtlichen Vernehmung ein, nahm sich aber dann (1. Juni 1877) das Leben.

5) Theophil, Architekt, geb. 18. Juli 1813 zu Kopenhagen, erhielt seine Ausbildung auf der dortigen Kunstakademie, besuchte mit einem Reisestipendium der dänischen Regierung 1838 Italien und darauf Griechenland, wo sich sein Bruder Christian (bekannt als Mitherausgeber des Werkes über die Akropolis von Roß und Schaubert) aufhielt, verweilte acht Jahre in Athen und war als Lehrer an der dortigen technischen Anstalt thätig. Von den daselbst ausgeführten Bauten sind die Baron Sinasche Sternwarte und das Privathaus eines reichen Griechen, Demetrios, zu nennen. 1846 siedelte er auf Einladung des Wiener Architekten Ludwig Förster nach Wien über. Mit diesem wirkte H. eine lange Zeit vereint, so an dem Bau der 1849 vollendeten evangelischen Kirche zu Gumpendorf und der 1853-58 im byzantinisch-maurischen Stil erbauten Synagoge in der Leopoldstadt. Selbständig trat H. zuerst auf bei dem Bau des in demselben Stil ausgeführten Waffenmuseums des Arsenals in Wien. Diese Periode seiner Thätigkeit kennzeichnet sich durch eine Vorliebe für frühmittelalterliche Stile und Anwendung farbigen Materials. Andre Bauwerke byzantinischen Stils von ihm sind der Friedhof der Wiener evangelischen Gemeinde mit seiner Kapelle, der Neubau des am Fleischmarkt gelegenen Pfarr- und Schulgebäudes und die Kuppelkirche der nichtunierten Griechen in Wien (1858). In den Jahren 1860 und 1861 hielt er sich wieder in Athen auf, wo ihm Baron Sina den Bau der griechischen Akademie der Wissenschaften übertragen hatte. Nach seinen Plänen entstanden in Wien seit 1860 das evangelische Schulhaus, der Heinrichshof, dem neuen Opernhaus gegenüber, ein kolossales, palastartiges Mietshaus, der durch glänzende Ausführung ausgezeichnete Palast des Erzherzogs Wilhelm und das Gebäude der Gesellschaft österreichischer Musikfreunde. Diese Werke zeigen einen eigentümlichen, der Renaissance am nächsten verwandten Stil, welcher in studierter Strenge eine Anpassung der griechischen Formen an das moderne Bedürfnis des nordischen Lebens versucht. Dadurch erscheint H. als Fortsetzer von Schinkels Wirksamkeit. Von seinen Studien in dieser Richtung zeugt namentlich sein Entwurf zur Restauration des Lysikrates-Denkmals in Athen ("Zeitschrift für bildende Kunst", Bd. 3). Eine neue Periode seiner Thätigkeit beginnt mit den 70er Jahren, in welche drei seiner Hauptwerke: die Börse (s. Tafel "Wiener Bauten"), die Akademie der bildenden Künste (beide in italienischer Renaissance) und das Parlamentsgebäude (seine edelste und harmonievollste Schöpfung im Anschluß an hellenische Bauformen), fallen. Zuletzt hat er ein Restaurationsprojekt für das abgebrannte Schloß Christiansborg in Kopenhagen ausgearbeitet. Weniger glücklich ist H. im kunstgewerblichen Fache gewesen, indem ein allzu strenges Trachten nach sogen. klassischer Korrektheit zuweilen mit den Anforderungen der Phantasie sowie der praktischen Verwendbarkeit der Geräte nicht im Einklang stand. Das Bedeutendste in diesem Fach leistete er in der innern Dekoration und Ausstattung des Palastes des Bankiers Todesco.

6) Heinrich, dän. Maler, geb. 23. Nov. 1821 zu Hadersleben, trat 1842 in die Akademie zu Kopenhagen, um sich zum Dekorationsmaler auszubilden, und war als solcher bei den Malereien an der Außenseite des Thorwaldsen-Museums und denen der Kapelle Christians IV. im Dom zu Roeskilde beschäftigt. Nachdem er 1847 die bedeutendsten Kunststädte Deutschlands besucht hatte, wurde er Lehrer der Perspektive und begann die Architekturmalerei, machte aber, um seine Kenntnis malerischer Gebäude zu erweitern, noch Reisen durch das westliche Europa bis Spanien. Von seinen Bildern, die sich im allgemeinen durch eine feine Führung des Lichts auszeichnen, sind vier in der Galerie zu Kopenhagen, unter ihnen das Zimmer Christians IV. im Schloß Rosenborg. 1875 besuchte er Italien und brachte 1878 auf die Pariser Ausstellung den Saal der vier Türme im Dogenpalast zu Venedig und das Wohnzimmer eines Lübecker Kaufmanns im 16. Jahrh.

7) Karl, geb. 1833 zu Odense, beschäftigte sich frühzeitig mit den Fragen des tierischen Magnetismus und mit Experimenten, wanderte 1853 nach Australien aus, wo er 1859 als Magnetiseur auftrat, und setzte derartige Vorstellungen später in den skandinavischen Ländern fort. Seit 1866 privatisierte er in Paris, bis er 1879 wieder an die Öffentlichkeit trat. Weiteres s. Hypnotismus.

Hansestädte, Städte, welche zum alten Hansabund gehörten; jetzt die drei Städte Hamburg, Bremen und Lübeck. Vgl. Hansa.

Hansgirg, Karl Viktor, Ritter von, Dichter, geb. 3. Aug. 1823 zu Pilsen in Böhmen, Neffe des Dichters Karl Egon Ebert, dessen vom Kaiser verliehener Ritterstand im Gnadenweg 1874 auf ihn überging, studierte zu Prag und Wien Jurisprudenz und nahm frühzeitig mit poetischen und prosaischen Erstlingen an der Journalistik teil. 1846 begann er die Beamtenlaufbahn, welche ihn allmählich zu der Stellung des Bezirkshauptmanns zu Joachimsthal in Böhmen beförderte, wo er 23. Jan. 1877 starb. Seine poetischen Publikationen waren fast sämtlich humanitären oder patriotischen Zwecken gewidmet, und die anmutige Form und poetische Empfindung derselben ließen die Absicht wohl gelingen. Er veröffentlichte die Gedichtsammlungen: "Heimatstimmen" (Gitschin 1844), für eine Anlage bei Gitschin: "Lorbeer- und Eichenblätter" (Prag 1858), als Festgabe bei Enthüllung des Prager Radetzky-Monuments; "Glockenstimmen" (1871), für Kirchenglocken in Wiesenthal; "Liebe und Leben", Sonettenbuch (Prag 1873), für einen Friedhof in Joachimsthal; "Orient und Occident", epische Dichtungen (das. 1875), für ein Krankenhaus in Abertham. Am wirk-^[folgende Seite]