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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Heilstätte, deutsche; Heiltumsfest; Heilung; Heim; Heimarmĕne; Heimat

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Heilstätte, deutsche - Heimat.

Bildern aus dem Alten und Neuen Testament in seiner historischen Entwickelung dargelegt wird. Der Text ist lateinisch und deutsch, auch in Versen. Die ältesten Handschriften des Heilsspiegels befinden sich in der Hofbibliothek zu München, in der Hofbibliothek zu Wien und im Stift Kremsmünster.

Heilstätte, deutsche, zu Loschwitz, eine von Marie Simon gegründete, unter dem Protektorat der Königin von Sachsen stehende Stiftung des Roten Kreuzes (s. d.) zur Aufnahme von Invaliden des deutschen Heers und Mitwirkung an der freiwilligen Krankenpflege im Krieg und Frieden, insbesondere durch Ausbildung von Krankenpflegepersonal, Gewährung freier Kur und Verpflegung an Verwundete und Rekonvaleszenten, durch Versorgung von im Dienste der freiwilligen Krankenpflege hilfsbedürftig gewordenen Krankenpflegern und Pflegerinnen. Auch ist damit eine Privatkrankenanstalt verbunden, deren Erträge lediglich zum Unterhalt der Anstalt und zur Armenkrankenpflege benutzt werden. Die Stiftung wird geleitet von einem aus sieben Mitgliedern zusammengesetzten Stiftungsvorstand und einem Aufsichtskomitee von zehn Mitgliedern.

Heiltumsfest (Festum reliquiarum et armorum), am Freitag nach Quasimodo, zum Gedächtnis an die Marterwerkzeuge Christi von Papst Innocenz VI. 1354 auf Wunsch Kaiser Karls IV. eingeführt, jetzt nur noch kirchlich hier und da gefeiert.

Heilung, in subjektiver (passiver oder neutraler) Bedeutung das Sichheilen oder Geheiltwerden (sanatio), in objektiver oder aktiver das Heilverfahren und Heilmachen (medicatio, curatio), s. Therapie.

Heim, 1) Ernst Ludwig, Mediziner, geb. 22. Juli 1747 zu Solz im Meiningischen, studierte seit 1766 zu Halle, ließ sich, nachdem er 1772 die berühmtesten Heilquellen Deutschlands besucht und sich längere Zeit in Leiden aufgehalten, sodann eine wissenschaftliche Reise durch England und Frankreich gemacht hatte, 1775 als Arzt in Spandau nieder, wo er 1776 zum Physikus und einige Jahre später zum Kreisphysikus des Havellandes ernannt ward. 1783 siedelte er nach Berlin über, erwarb sich hier in kurzer Zeit eine ungemein ausgebreitete ärztliche Praxis, die sich gleichmäßig über die höchsten und niedrigsten Stände erstreckte, und starb 15. Sept. 1834. H. war einer der edelsten Charaktere, liebenswürdig und heiter, mit vortrefflichen Anlagen des Geistes und Herzens. Der Eindruck seiner Persönlichkeit war am Krankenbett von unbeschreiblicher Wirkung. Von seinem Wirken wird ein Nachhall bis in späte Zeiten erklingen; selbst sein Name hat sich in einer in Berlin angesehenen ärztlichen Gesellschaft, der "Heimia", erhalten. "Heims vermischte Schriften" wurden von Pätsch (Leipz. 1836) herausgegeben und betreffen die Diagnose der hitzigen Hautkrankheiten, die Erkennung und Behandlung der Herzentzündung, desgleichen der Hirnentzündung der Kinder, die Anwendung des Arseniks zum innern Gebrauch. Vgl. Keßler, Der alte H., Leben und Wirken (3. Aufl., Leipz. 1879).

2) Albert, Geolog, geb. 12. April 1849 zu Zürich, studierte dort und in Berlin, habilitierte sich 1871 als Privatdozent am Züricher Polytechnikum, wurde 1873 Professor an genannter Anstalt, 1875 zugleich außerordentlicher Professor an der Universität. Seit 1878 an der geologischen Landesuntersuchung beteiligt, ist er namentlich mit den Aufnahmen im Hochgebirge betraut. Seit 1881 ist er Vorstand der naturwissenschaftlichen Abteilung am Polytechnikum und Direktor der geologischen Sammlungen. Er schrieb: "Der Ausbruch des Vesuvs im April 1872" (Basel 1873); "Über einen Fund aus der Renntierzeit" (Zürich 1874); "Über die Verwitterung im Gebirge" (Basel 1879); "Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung im Anschluß an die geologische Monographie der Tödi-Windgällengruppe" (das. 1878, 2 Bde. mit Atlas); "Die Erdbeben und deren Beobachtung; auf Veranlassung der Erdbebenkommission der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft" (das. 1880, ins Französische übersetzt von Forel); "Der Bergsturz von Elm" (mit Buß, Zürich 1881); "Die Gebirge", Vortrag (Basel 1881); "Über Bergstürze" (Zür. 1882); "Handbuch der Gletscherkunde" (Stuttg. 1885); "Über Quellen" (Basel 1885). Zu Lehrzwecken publizierte er geologische Reliefs, deren charakteristische Ausführung in großem Maßstab beim Unterricht sehr gute Dienste leistet.

Heimarmĕne (griech.), Verhängnis, Schicksal.

Heimat, Bezeichnung für den Geburtsort, auch für den Ort, wo jemand sein Heim, d. h. seine Wohnung, hat. In der Rechtssprache versteht man unter H. (Heimatsrecht, Indigenat) die Ortsangehörigkeit oder Gemeindeangehörigkeit einer Person, welche nicht ohne weiteres mit dem Gemeindebürgerrecht zusammenfällt, indem das Heimatsrecht an und für sich nur ein Einwohner- (Einsassen-, Gemeindegenossen-) Recht ist. Auch die Staatsangehörigkeit (s. d.) wird Heimatsrecht genannt, wozu für die Angehörigen des Deutschen Reichs noch die Reichsangehörigkeit oder das Bundesindigenat (s. d.) hinzukommt. Die Vorbedingung für die Erlangung und für den Besitz der Reichsangehörigkeit ist die Staatsangehörigkeit, d. h. die Unterthanenschaft in einem zum Reiche gehörigen Bundesstaat (Landesindigenat). Neuerdings wird der Ausdruck H. wohl auch als gleichbedeutend mit Unterstützungswohnsitz (s. d.) gebraucht, obgleich dies eigentlich zwei ganz verschiedene Begriffe sind. Man versteht nämlich unter H. schlechthin nicht selten den Anspruch auf öffentliche Unterstützung und Armenpflege in einer bestimmten Gemeinde. Dieser ist nach dem preußischen und nunmehr deutschen System ein Ausfluß des Aufenthalts, während er früher begründet wurde und noch jetzt in Bayern begründet wird durch das Heimatsrecht, d. h. dadurch, daß jemand einer Gemeinde angehört, nicht bloß in ihrem Bezirk sich aufhält oder eine gewisse Zeit hindurch aufgehalten hat.

Geschichtliches. Die Bedeutung des Heimatsrechts war in Deutschland früher eine weit größere als gegenwärtig. Schon im Mittelalter entwickelte sich der Begriff der Gemeindeangehörigkeit. Persönliche Zugehörigkeit zu der betreffenden Gemeinde, auf Abstammung oder Aufnahme beruhend, und überdies Grundbesitz im Gemeindegebiet waren die Bedingungen derselben. In den Städten sah man zwar mit der Zeit von dem letztern Erfordernis ab, dafür war aber regelmäßig der Nachweis eines bestimmten Vermögens Vorbedingung der Aufnahme. Man unterschied zudem zwischen Voll- und Schutzbürgern oder Schutzgenossen. Eingebornen war die Erlangung des Bürgerrechts vielfach erleichtert. Auf dem platten Lande dagegen war die Zugfreiheit durch Hörigkeit und Leibeigenschaft erschwert, und das bei dem Wegzug freier Personen aus dem einen Gebiet in das andre zu entrichtende Abzugsgeld (Nachsteuer) beeinträchtigte ebenfalls die Freiheit der Bewegung. Seitdem aber namentlich infolge des Dreißigjährigen Kriegs große Massen der Bevölkerung verarmt waren und das Vagabundentum in Deutschland mehr und mehr überhand nahm, trat an die Gemeinden und namentlich