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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hilfe, gerichtliche; Hilferding; Hilfsadresse; Hilfsgeschworne; Hilfsgesellschaften; Hilfskassen

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Hilfe, gerichtliche - Hilfskassen.

widmete sich aber bald ausschließlich neben historischen Studien der Journalistik, übernahm 1832 die Redaktion des "Boston Atlas", lebte später aus Gesundheitsrücksichten eine Zeitlang in Demerara (Britisch-Guayana), wirkte 1861-65 als Konsul in Triest und starb 11. Juli 1865 in Florenz. Er gehörte früh zu den eifrigsten Bekämpfern der Sklaverei, so zuerst in seinem Roman "Archy Moore", der später umgearbeitet in England unter dem Titel: "The white slave" eine Reihe von Auflagen erlebte und auch ins Deutsche übersetzt ward, und dann in dem Werk "Despotism in America" (Bost. 1854). Sein Hauptwerk ist die bis 1821 reichende "History of the United States of America" (New York 1849-62, 6 Bde.; neue Ausg. 1880), die zwar wegen ihres Mangels an patriotischem Schwung bei den Amerikanern nicht so geschätzt ist wie das bekannte Werk von Bancroft, aber an historischer Treue demselben weit voransteht. Andre Schriften von H. sind: "History of banks" (Boston 1839); "Theory of morals" (das. 1844); "Theory of politics" (New York 1855); "Japan as it was and is" (Bost. 1855) und "Atrocious judges as tools of tyrants" (New York 1856) etc.

Hilfe, gerichtliche (Hilfsvollstreckung), s. v. w. Zwangsvollstreckung (s. d.); Hilfsantrag, der Antrag auf Einleitung der Hilfsvollstreckung; Hilfsauflage (Hilfspräzept, Befriedigungsgebot), im frühern gemeinen deutschen Prozeß eine Auflage an den Schuldner, binnen bestimmter Frist dem Urteil nachzukommen. Die deutsche Zivilprozeßordnung hat das Hilfspräzept nicht beibehalten.

Hilferding, Alexander, russ. Schriftsteller slawophiler Richtung, geb. 1831 zu Moskau, studierte daselbst slawische Philologie und widmete seine Thätigkeit auch in der Folge, durch öftere Studienreisen unterstützt, hauptsächlich der historisch-ethnographischen Erforschung slawischer Stämme. Er starb 2. Juli 1872. Die wertvollsten seiner Schriften (gesammelt Petersb. 1868-74, 4 Bde.) sind: "Geschichte der Serben und Bulgaren" (deutsch von Schmaler, Bautzen 1856-64, 2 Bde.); "Geschichte der baltischen Slawen"; "Reisen in Bosnien, Herzegowina und Altserbien"; "Überreste der Slawen am Südufer der Ostsee" (Petersb. 1853), eine Studie über den kassubischen Dialekt, und eine Sammlung epischer Volksdichtungen: "Bylinen aus Onega", welche nach Hilferdings Tod von Hiltebrant herausgegeben wurde.

Hilfsadresse, im Wechselverkehr s. v. w. Notadresse.

Hilfsgeschworne (in Österreich Ergänzungsgeschworne genannt), im Gegensatz zu den Hauptgeschwornen die nur aushilfsweise in Funktion tretenden Geschworenen. Nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz wird eine besondere Jahresliste der Hilfsgeschwornen aufgestellt. Als H. sind solche Personen zu wählen, welche an dem Sitzungsort des Schwurgerichts oder in dessen nächster Umgebung wohnen. Zeigt sich bei Bildung der Geschwornenbank, daß nicht mindestens 24 geeignete Hauptgeschworne anwesend sind, so wird mittels Losziehung durch den Vorsitzenden in öffentlicher Sitzung die Zahl der Geschwornen aus der Liste der Hilfsgeschwornen auf 30 ergänzt. Erscheinen zu einer spätern Sitzung im ganzen mehr als 30 Geschworene, so treten die überzähligen Hilfsgeschwornen in der umgekehrten Reihenfolge ihrer Auslosung wieder zurück (s. Schwurgericht). Vgl. Gerichtsverfassungsgesetz, § 89 f.; Deutsche Strafprozeßordnung, § 280.

Hilfsgesellschaften sind im allgemeinen alle Gesellschaften, welche Unterstützungen in Fällen der Not gewähren. Zu unterscheiden sind solche H., welche gegenseitige Hilfsleistung, insbesondere aber die Unterstützung ihrer hilfsbedürftigen Mitglieder auf Grund eingezahlter Beiträge, mehr oder weniger nach den Grundsätzen des Versicherungswesens bezwecken (die Sociétés de secours mutuel in Frankreich, die Friendly societies in England, Hilfskassen [s. d.] in Deutschland), und die gewöhnlich Hilfsvereine genannten Gesellschaften, welche, dem Drang der Barmherzigkeit und Wohlthätigkeit folgend, sich fremder Notleidenden oder Hilfsbedürftigen annehmen, und deren Thätigkeit damit zum Teil eine Ergänzung der Armenpflege bildet. Solche Gesellschaften bilden sich vorübergehend, z. B. im Fall eines Kriegs, oder für die Dauer und zwar gewöhnlich für eine bestimmt ausgesprochene Art der Hilfsleistung, so zur Unterstützung von Witwen und Waisen, von entlassenen Sträflingen, stellenlosen Dienstboten, von in Not befindlichen oder auch nur des Rats und der Unterweisung bedürftigen Landsleuten in der Fremde etc.

Hilfskassen heißen in Deutschland solche für weniger bemittelte Stände, insbesondere für die arbeitende Klasse, berechnete Anstalten, welche vorwiegend auf Gegenseitigkeit beruhen, mehr oder weniger nach den Grundsätzen des Versicherungswesens eingerichtet sind und auf Grund von Einzahlungen und Beiträgen Unterstützungen in Fällen der Krankheit, der Invalidität, des Todes, der Arbeitslosigkeit etc. gewähren. Einen derartig ausgedehnten Wirkungskreis haben die H. vieler Gewerkvereine, insbesondere in England. Die meisten beschränken sich jedoch auf einzelne Zweige der Versicherung und zwar in der Regel alsdann auf die Gewährung von Krankengeld in Fällen der Krankheit und von Begräbnisgeld zur Bestreitung der Kosten der Beerdigung in Fällen des Todes. Sind auch die H. keine reinen, auf der Nächstenliebe beruhenden Wohlthätigkeitsanstalten, so kommt doch der Grundsatz der Selbsthilfe nicht bei allen vollständig zur Anwendung. Viele H. haben Ehrenmitglieder; so kommen bei den französischen Sociétés de secours mutuel auf je 100 Mitglieder etwa 16 Ehrenmitglieder, welche gegen 10 Proz. der jährlichen Beiträge entrichten; andre erhalten Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln, wie solche ursprünglich (1883) für die Unfallversicherung deutscher Arbeiter geplant waren, oder sie werden zum Teil durch freiwillige, vertragsmäßige oder gesetzlich erzwungene Zuwendungen von Arbeitgebern und im übrigen durch Beiträge der Unterstützungsberechtigten unterhalten. Aber auch bei vielen H., welche lediglich auf Selbsthilfe beruhen, wird nicht streng nach den Grundsätzen des Versicherungswesens verfahren, indem oft Unterstützungen nach Bedarf gewährt werden, während die Beiträge gar nicht oder doch nicht genügend nach Alter, Gesundheitszustand etc. abgestuft sind.

Zu unterscheiden sind Kassenfreiheit und Kassenzwang. Bei ersterer ist Bildung und Verwaltung von H. der freien Übereinkunft überlassen, ein Zwang zur Versicherung wird nicht ausgeübt. Bei letzterm dagegen wird die Verpflichtung ausgesprochen, sich unter gewissen Voraussetzungen gegen bestimmte Ereignisse zu versichern; ist dabei die Kasse, bei welcher man sich zu versichern hat, vorgeschrieben, so nennt man sie Zwangskasse. Das älteste und verbreitetste Muster derselben sind die Knappschaftskassen (s. d.). Ein Versicherungszwang wird in Deutschland zur Zeit für Fälle der Krankheit und bei Unfällen ausgeübt (vgl. Krankenkassen und Unfallversicherung); doch bedürfen auch die auf freiem Übereinkommen beruhenden Kassen der gesetzlichen Regelung durch Hilfskassengesetze, durch welche der