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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hinterkiemer; Hinterlader; Hinterland; Hinterlastig; Hinterlegebanken; Hinterlegung

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Hinterkiemer - Hinterlegung.

bien und Vorderindien, zu vergleichen wäre. Ptolemäos nennt H. das Goldland (Chrysochersonesos), hat aber von der Gestalt der Halbinsel eine falsche Vorstellung. Der Handel führte die Römer um H. herum bis China, bereicherte aber nur ihre Kenntnis einzelner Küstenländer. Die eigentümliche Gestalt der hinterindischen Halbinsel hat auf die Gestaltung der politischen Verhältnisse bedeutenden Einfluß geübt. Die Eingebogen brachten es nie zu einem großen geeinigten Staatswesen; der Zug der Waldgebirge wurde die Ursache, daß sich in jedem Flußgebiet ein eignes Staatsleben entwickelte und erhielt. Die Portugiesen erschienen zehn Jahre nach der Umschiffung des Kaps der Guten Hoffnung (1498) in den hinterindischen Gewässern, fanden aber bei den Fürsten schlechte Aufnahme und nur auf der äußersten Spitze der Malaienhalbinsel einen Platz für ihr Malakka. In den folgenden Jahrhunderten traten in H. die weitgreifendsten staatlichen Veränderungen ein: Anam erwarb durch Eroberung Teile von Kambodscha und Lao und erhielt durch eine weise Organisation eine bedeutende innere Stärke. Im W. begründete der Abenteurer Alompra in Birma ein mächtiges Reich; Siam, das in der Gegenwart räumlich den ersten Platz unter den Staaten Hinterindiens einnimmt, war damals der unterjochte Teil, erstarkte aber, seit die Europäer die Macht dieser Nachbarstaaten brachen. Die Engländer schlugen 1821 Nordassam zu ihrem indischen Reich und überzogen 1824 die Birmanen mit Krieg, in welchem diese unterlagen und 1826 Arakan und Tenasserim abtreten mußten; 1852 verleibten die Engländer infolge neuer Kriege die Landschaft Pegu ihren Besitzungen ein und bildeten aus diesen Teilen die Provinz Britisch-Birma. Malakka war aus den Händen der Portugiesen in die der Holländer übergegangen, welche es 1824 England überließen. Dies hatte schon 1819 die Insel Singapur angekauft und darauf die schnell emporwachsende Hauptstadt ihrer Straits Settlements gegründet. Das Jahr 1885 machte auch der Selbständigkeit des Königreichs Birma ein Ende, indem in diesem Jahr England das ganze Reich fast ohne einen Schwertstreich seinen übrigen indischen Besitzungen einverleibte. Die Franzosen ließen sich 1862 von Anam das fruchtbare Mekhongdelta abtreten und bildeten daraus Französisch-Kochinchina, das sie 1867 durch neue Erwerbungen vergrößerten. 1864 stellte sich Kambodscha unter das Protektorat Frankreichs. Anam erkannte 1884 dessen Schutzherrschaft an, nachdem es Tongking abgetreten hatte, und sank bald zu einer bloßen französischen Provinz herab. Vgl. die Litteratur bei den einzelnen Landesteilen.

Hinterkiemer, s. Schnecken.

Hinterlader, s. Geschütze und Handfeuerwaffen.

Hinterland (hessisches H.), ein 1866 vom Großherzogtum Hessen an Preußen abgetretener Landstrich, etwa den Kreis Biedenkopf umfassend.

Hinterlastig ist jedes Schiff, das hinten tiefer taucht als vorn, was normal ist; deshalb besonders gebräuchlich für hinten ungewöhnlich tief tauchende Schiffe.

Hinterlegebanken (Girobanken), s. Banken.

Hinterlegung (Deposition), die Hingabe beweglicher Sachen zur Aufbewahrung und spätern Wiederherausgabe; im engern Sinn die Überlieferung von Wertsachen (Geld, Wertpapieren, Kostbarkeiten) an eine öffentliche Behörde (Hinterlegungsstelle) zur amtlichen Aufbewahrung. Die über die erfolgte H. auszustellende Bescheinigung heißt Hinterlegung (Depositen-, Depositions-) Schein. Dabei kann man eine notwendige und eine freiwillige H. unterscheiden; jene muß nach gesetzlichen Vorschriften geschehen oder kann doch infolge deren gefordert werden, diese ist ganz in die Willkür des Deponenten gegeben. Die erstere kommt namentlich vor als notwendige Kautionsbestellung, ferner bei Sachen, welche zu dem Vermögen einer bevormundeten Person, zu einer Konkursmasse oder zu einem Nachlaß etc. gehören. Eine freiwillige Deposition findet hauptsächlich in dem Fall statt, wenn die Zahlung an den Gläubiger entweder gar nicht oder doch nicht mit Sicherheit geleistet werden kann, sowie wenn der Schuldner die Zahlung dem Gläubiger in der That, nicht bloß mit Worten, am gehörigen Ort, zur rechten Zeit und überhaupt auf gehörige Weise angeboten hatte und die Annahme der Zahlung von demselben verweigert worden ist. In solchem Fall wird der Schuldner durch die Deposition gerade so von seiner Schuld befreit, wie wenn er Zahlung geleistet hätte. Die H. wurde früher in Deutschland regelmäßig bei den Gerichten bewirkt, im Gegensatz zu dem französischen System, wonach (Gesetz vom 28. April 1816) für ganz Frankreich eine allgemeine Hinterlegungskasse (Caisse des dépots) eingerichtet ist. Neuerdings hat dies System auch in Deutschland Eingang gefunden, nachdem es in den Rheinlanden schon seit geraumer Zeit adoptiert worden war. Die Gesetze, welche in den einzelnen Staaten das Hinterlegungswesen normieren, heißen Deposital- (Hinterlegungs-) Ordnungen. Infolge der seit 1. Okt. 1879 eingeführten neuen deutschen Gerichtsverfassung und durch besondere Landesgesetze ist bis auf einzelne, nur für dringende Fälle den Amtsgerichten gestattete Ausnahmen das Depositalwesen den Gerichten abgenommen und mit dem nunmehr etwas ganz Besonderes bedeutenden Wort H. die Übergabe von Geld, Inhaberpapieren, zwar auf Namen lautenden, aber dennoch vom Inhaber zu verwertenden Dokumenten sowie Kostbarkeiten an besondere Hinterlegungsstellen, in Preußen an die Regierungshauptkassen, in Berlin an die Militär- und Baukommission, angeordnet. Andre Gegenstände: Mobilien, die nicht Kostbarkeiten sind, und Urkunden sind bei den Amtsgerichten zu hinterlegen. Das hinterlegte Geld wird nach der preußischen Hinterlegungsordnung vom 14. März 1879 (an Stelle der Depositalordnung von 1783) nicht mehr aufbewahrt, sondern wird sofort Eigentum des Staats und fließt in die Regierungshauptkasse, aus welcher auch die Rückzahlung erfolgt. Für den in der Zwischenzeit dem Staat gestatteten Gebrauch des Geldes wird eine Verzinsung von 2½ Proz. gewährt, während Wertpapiere und Kostbarkeiten einfach aufbewahrt werden. Mit Ablauf von 10 Jahren hört die Verzinsung auf, wenn nicht ein neuer Antrag erfolgt. Nach weitern 20 Jahren kann das hinterlegte Geld gerichtlich aufgeboten werden. Bei unverzinslichen Geldbeträgen, bei Wertpapieren und Preziosen tritt das Aufgebot erst nach 30 Jahren ein. Die H. geschieht teils auf gerichtliche oder sonst behördliche Verfügung, teils von seiten der Beteiligten freiwillig. Jedoch kann niemand ohne einen wirklichen Hinterlegungsgrund hinterlegen, etwa nur um Geld in Verwahrung zu geben und die Hinterlegungszinsen zu gewinnen. Die Hinterlegungsgründe sind in den verschiedensten Gesetzen enthalten, z. B. in den Art. 25, 40 und 98, Nr. 5, 75 der deutschen Wechselordnung; Art. 202, 625, 690 des deutschen Handelsgesetzbuchs; § 216, 218, 222, 226 I, 16 des allgemei-^[folgende Seite]