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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hypotyposis - Hyssopus.

von welcher es hergeleitet, gefolgert oder geschlossen wird, selbst gewiß ist.

Hypotyposis (griech.), Abbildung, Entwurf, Abriß; daher in der Rhetorik eine lebhafte Schilderung einer Person oder Sache, so daß die letztere dem Hörer gewissermaßen in die Gegenwart gerückt wird.

Hypozeuxis (griech.), eine Redefigur, bei welcher jedes Glied eines größern Satzes sein besonderes Zeitwort erhält, so daß die Rede aus lauter vollständigen, jedoch kleinen Sätzen gebildet ist, z. B.: die Bäume blühen, die Wiesen grünen, die Höhen prangen im Frühlingsschmuck. Das Gegenteil der H. ist das Zeugma (s. d).

Hypsiprimnus, Känguruhratte, s. Känguruh.

Hypsipyle, in der griech. Mythologie Tochter des Thoas, Königs auf Lemnos. Als die lemnischen Weiber aus Eifersucht alle Männer ermordeten, rettete H. heimlich ihren Vater nach der Insel Chios, mußte aber, da der Betrug kund wurde, fliehen und geriet auf dem Meer in die Hände von Seeräubern, die sie an den König Lykurgos von Nemea verkauften. Dieser machte sie zur Wärterin seines Sohns, des jungen Opheltes (s. d.). Als letzterer infolge ihrer Unachtsamkeit durch einen Schlangenbiß das Leben verlor, wurde sie eingekerkert, aber durch ihre von Dionysos herbeigeführten Söhne Thoas und Euneos, die sie dem Iason während seiner Anwesenheit aus Lemnos geboren hatte, wieder befreit.

Hypsistarier (griech.), christl. Religionssekte des 3. und 4. Jahrh. in Kappadokien, deren Lehren aus jüdischen und heidnischen Elementen zusammengesetzt sind. Ihr Name besagt die Verehrung nur eines Gottes (hypsistos, "der Höchste"). Vgl. Ullmann, De Hypsistariis (Heidelb. 1824); Böhmer, De Hypsistariis (Berl. 1824).

Hypsometrie (griech.), s. Höhenmessung.

Hypsometrische Tabellen, s. Aufnahme, topographische, S. 64.

Hypsophyllum (griech.), s. v. w. Hochblatt, s. Blatt, S. 1016.

Hypsothermometer, s. Sieden.

Hypudaeus, Waldwühlmaus, s. Wühlmaus.

Hyraceum, s. Schliefer.

Hyrax, s. Schliefer.

Hyrcanum mare (lat.), s. v. w. Kaspisches Meer.

Hyrkanien, im Altertum Name einer Landschaft in Asien, welche die südöstliche Küste des Kaspischen Meers (daher auch Hyrkanisches Meer genannt) umfaßte und somit der heutigen Provinz Masenderan entspricht. Der reichlich fallende Regen und die dicke Erdschicht, entstanden aus den verwitterten Gesteinen des Urgebirges (östliche Fortsetzung des Elbrus), machen gegenwärtig den Landstrich sehr fruchtbar; in alten Zeiten scheinen die Bewohner aber wenig Ackerbau getrieben und das Nomadenleben ihrer Nachbarn geführt zu haben. Unter den Achämeniden war H. mit Medien vereinigt, unter den Diadochen eine eigne Satrapie. Alexander d. Gr. durchzog H. sehr rasch, nachdem er die Hauptstadt Zadrakarta (wahrscheinlich Astrabad) erobert hatte. Das Gebirge war einst dicht bewaldet und voll reißender Tiere, welcher Umstand dem Land vielleicht seinen Namen ("Wolfsland") gegeben hat.

Hyrkanos I. (135-106 v. Chr.) und H. II. (63-40), Herrscher von Judäa; s. Makkabäer.

Hyrtl, Joseph, Mediziner, geb. 7. Dez. 1811 zu Eisenstadt in Ungarn, studierte zu Wien, ward 1833 Prosektor an der Universität, in welcher Stellung er sich die Bereicherung des Wiener anatomischen Museums angelegen sein ließ. 1837 folgte er einem Ruf als Professor der Anatomie in Prag, kehrte aber 1845 in gleicher Eigenschaft nach Wien zurück, war hier bis 1874 als Professor der deskriptiven, topographischen und vergleichenden Anatomie thätig und lebt seit seiner Emeritierung in Perchtoldsdorf bei Wien. H. ist der bekannteste deutsche Anatom. Seine Schriften haben ein eigenartiges Gepräge: ein glanzvoller Stil, Originalität in der Auffassung, ein frischer Humor und poesievoller Schwung, das Ganze belebt durch zahlreiche passende Citate aus den alten Medizinern und alten Klassikern, und dabei doch wieder die ruhigste und nüchternste Beobachtung. Namhafte Verdienste hat sich H. unter anderm auch durch seine Gehör- und Hodenpräparate sowie durch seine mikroskopischen Injektionspräparate der Kapillargefäßnetze der verschiedenen Organe sowohl um die feinere Anatomie derselben als auch um den technischen Teil der anatomischen Wissenschaft erworben. Auch die Anlage des Museums für vergleichende Anatomie in Wien ist sein Werk. Seine Hauptwerke sind: "Lehrbuch der Anatomie des Menschen mit Rücksicht auf physiologische Begründung und praktische Anwendung" (Wien 1847, 2 Bde.; 18. Aufl. 1885), welches in viele Sprachen übersetzt wurde, und sein "Handbuch der topographischen Anatomie" (das. 1847, 2 Bde.; 7. Aufl. 1882), mit welchem er diese Richtung der Anatomie in Deutschland begründete. Außerdem schrieb er: "Vergleichende anatomische Untersuchungen über das Gehörorgan des Menschen und der Säugetiere" (Prag 1845); "Lepidosiren paradoxa" (das. 1845); "Beiträge zur vergleichenden Angiologie" (Wien 1850); "Beiträge zur Morphologie der Urogenitalorgane der Fische" (das. 1850); "Das uropoetische System der Knochenfische" (das. 1852); "Über die accessorischen Kiemenorgane der Clupaceen" (das. 1856); "Anatomische Mitteilungen über Mormyrus und Gymnarchus" (das. 1856); "Das vergleichend-anatomische Museum an der Wiener medizinischen Fakultät", nebst Anhang: "Katalog der in der Privatsammlung des Herausgebers befindlichen Skelette, Gehörorgane und mikroskopischen Injektionsapparate" (das. 1865); "Cryptobranchus japonicus" (das. 1865); "Cranium cryptae Metelicensis" (das. 1877); "Das Arabische und Hebräische in der Anatomie" (das. 1879); "Onomatologia anatomica; Geschichte und Kritik der anatomischen Sprache der Gegenwart" (das. 1880); "Die alten deutschen Kunstworte der Anatomie" (das. 1884). Die Entdeckung der gefäßlosen Herzen und der anangischen Netzhäute hält H. selbst für seine beste Leistung.

Hyson (engl., spr. heiß'n, Haisan), s. Thee.

Hyssopus Rivin. (Ysop), Gattung aus der Familie der Labiaten, mit der einzigen Art H. officinalis L. (echter Ysop), ein 30-60 cm hoher Halbstrauch mit besenartig gedrängten Ästen, sehr kurz gestielten, schmal lanzettlichen bis linealischen, ganzrandigen, 2,5-3,5 cm langen Blättern mit eingesenkten Drüschen. Die sechs- bis vielblütigen Scheinquirle bilden lockere, einseitswendige Ähren. Die Blüten sind blauviolett, rosa oder weiß mit lang herausragenden Staubgefäßen. Das Kraut riecht und schmeckt angenehm aromatisch, kaum bitterlich und liefert bei der Destillation 1 Proz. ätherisches Öl. Der Ysop findet sich in Südeuropa (bis in die Schweiz, Ungarn, Istrien) und Südsibirien, auch in Kaschmir, Kaukasien und Südrußland, wurde schon vor dem 12. Jahrh., wie noch jetzt, in Küchengärten kultiviert, dient wohl auch zum Einfassen der Beete, ist in Süddeutschland hier und da verwildert und war früher als Magen- und Brustmittel offizinell.