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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Hysteralgie; Hysteresis; Hysterie

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Hysteralgie - Hysterie

Nachstellungen des damals noch jungen Darius gewarnt worden sein, worauf der den König begleitende Vater das Heer verließ, um in Persien die etwaigen Schritte des Sohnes zu überwachen. Nach der Inschrift von Bisutun war H. später, unter der Regierung des Darius, Statthalter von Parthien und Hyrkanien und warf einen Aufstand dieser Provinzen nieder (517 v. Chr.).

Hysteralgie (grch.), Gebärmutterschmerz.

Hysteresis (grch., "das Zurückbleiben"), auch magnetische Trägheit oder magnetische Reibung, nennt Ewing die bei auf und ab steigender Magnetisierung auftretende Differenz zwischen dem erzeugten Magnetismus und dem Magnetismus, welcher der erzeugenden, magnetisierenden Kraft entspricht. Warburg erkannte zuerst, daß der von der S-förmigen Magnetisierungskurve eingeschlossene Raum ein Maß ist für die Verluste, welche bei solchen Hin- und Hermagnetisierungen, wie sie in den Eisenteilen der Wechselstromdynamomaschinen, Transformatoren u. s. w. vorkommen, auftreten.

Hysterie (vom grch. hystéra, Gebärmutter), Mutterplage, Mutterstaupe, eine eigentümliche, unter sehr verschiedenartigen Symptomen auftretende Nervenkrankheit, welche sich hauptsächlich durch Störungen der Empfindlichkeit (Sensibilität), der Bewegung (Motilität), der geistigen Funktionen und der Ernährung kundgiebt und welche fast nur bei Frauen, und zwar in der Zeit der Geschlechtsreife vorkommt. Die Sensibilitätsstörung zeigt sich entweder als allgemeine Erhöhung der Reizbarkeit (Hyperästhesie) in einer Steigerung der Schärfe der Sinne, die häufig Quelle großen Unbehagens wird, ferner in gewissen Idiosynkrasien oder auch in einem Zustande anhaltender Erregung gewisser Nervengebiete. Andererseits macht sich häufig Empfindungslosigkeit geltend. Die Hyperästhesie, welche gewöhnlich als Nervenschwäche bezeichnet wird, verleiht den Kranken eine oft außerordentliche, ans Wunderbare grenzende Schärfe der Sinne, insofern dieselben durch den Geruch, das Gefühl, das Gehör Unterschiede wahrnehmen, welche Gesunden völlig entgehen; Licht ist ihnen zu hell, eine Farbe zu grell, ein Geruch zu stark, ein Geräusch unerträglich, die Gesunde gewöhnlich finden. Außerdem lieben sie Sinneseindrücke (z. B. Gerüche), die Gesunden zuwider sind, während sie solche, die Gesunden angenehm, widerlich finden. In (meist einseitigem) Kopfschmerz, der oft nur an einer kleinen umschriebenen Stelle des Schädels empfunden wird (clavus hystericus), in heftigen Gelenkschmerzen (arthropathia hysterica), Flimmern vor den Augen, Brausen in den Ohren, anhaltenden unangenehmen Geruchsempfindungen macht sich die Nervenerregung weiterhin häufig geltend. Aber auch die Empfindungslosigkeit ist oft so groß, daß sich diese Kranken ohne Schmerzensäußerung stechen, brennen und andern schmerzhaften Eingriffen unterwerfen lassen. Daneben haben sie eine verkehrte Wahrnehmung von innern Organen: Herzklopfen, erschwertes Atmen, abnorme Gefühle im Magen, in der Speiseröhre, in welcher häufig die Empfindung entsteht, als steige eine Kugel vom Magen zur Kehle hinauf (sog. hysterische Kugel, globus hystericus) u. dgl. Krämpfe und Lähmung sind nicht selten, schwinden aber oft überraschend schnell; die Krämpfe äußern sich entweder nur als vereinzelte Zuckungen gewisser Muskelgruppen, besonders der Arme, oder als kompliziertere konvulsivische Paroxysmen (sog. Lach-, Wein- und Gähnkrämpfe), oder endlich als heftige Konvulsionen des ganzen Körpers, welche die größte Ähnlichkeit mit epileptischen Krämpfen darbieten können (Hysteroepilepsie). Das Bewußtsein ist bei den hysterischen Krämpfen zwar nicht normal, aber doch nicht vollständig erloschen. Besonders hochgradig werden diese Krampfzustände unter dem Einflüsse solcher Nervenreize, welche hypnotischen Schlaf veranlassen (s. Hypnotismus). Neben den Krämpfen kommen auch hysterische Lähmungen vor, welche bald nur einzelne Muskelgruppen, einen Arm, ein Bein, die Kehlkopfmuskeln, bald eine ganze Körperhälfte betreffen, welche das Eigentümliche haben, daß sie oft ebenso schnell vorübergehen oder ihren Sitz wechseln, als sie entstanden sind, und daß die gelähmten Muskeln in ganz normaler Weise auf den Reiz des elektrischen Stroms reagieren. Auch hysterische Kontrakturen sind häufig; sie treten teils für sich allein, teils mit Lähmungen, Anästhesien und andern hysterischen Symptomen auf und sind oft sehr hartnäckig.

Mit großer Leichtigkeit tritt bei Hysterischen ein oft überraschend schneller, meist unmotivierter Wechsel der Stimmung, ein oft ganz plötzlicher Übergang von ausgelassener Heiterkeit in tiefe Traurigkeit ein, doch sind sie meist traurig, wehmütig, verzweifeln an ihrem Geschick, selbst wenn ihnen alles, was das Leben beglückt, zu Gebote steht, und haben ein großes Bedürfnis, sich auszuklagen und auszuweinen. Als eigentümliche psychische Erscheinung macht sich auch ein Drang, sich wichtig und interessant zu machen, ihre körperlichen Leiden jedermann mitzuteilen sowie eine große Neigung zu Übertreibungen und zu Betrug geltend, während das Denkvermögen sich in gesunder Weise äußert. Doch geht in höhern Graden und bei längerm Bestehen die Krankheit zuweilen auch in Geisteskrankheit (Hysteromanie, Hysteromelancholie), insbesondere in Verrücktheit über. Im Somnambulismus (s. d.) findet die Krankheit den höchsten Grad ihrer Ausbildung. Neben der H. kommen oft Krankheiten der Geschlechtsorgane vor, und diese sind häufig die Ursache derselben. Doch ist dies nicht immer der Fall, und auch nicht jede Geschlechtskrankheit macht hysterisch.

Man findet die H. häufig bei kinderlosen, unglücklich verheirateten Frauen, Witwen und alten Jungfrauen, und hier ist, wenn nicht Geschlechtskrankheiten vorliegen, das niederschlagende Bewußtsein eines verfehlten Lebens als Ursache anzusehen. Die Nichtbefriedigung oder unnatürliche Befriedigung des Geschlechtstriebes trägt an der Krankheit viel seltener die Schuld, als oberflächliche Ärzte behaupten. Oft ist die Anlage zur H. angeboren und durch falsche Erziehung gesteigert, auch wird diese allgemeine Störung des Nervenlebens durch Blutarmut (infolge von starken Blutverlusten, erschöpfenden Krankheiten und übermäßig langem Stillen) hervorgerufen. Wo sich die Grundursache nicht heben läßt, ist verständiger Zuspruch, geregeltes thätiges Leben oft von großem Vorteil; der Krankheit wird in vielen Fällen durch eine vernünftige Erziehung vorgebeugt. Insbesondere ist bei der Erziehung der Mädchen schon frühzeitig darauf hinzuwirken, daß die letztern schon von früher Jugend auf Gemütsbewegungen zu bemeistern, unerhebliche Schmerzen leicht zu ertragen lernen und in jeder Beziehung geistig und körperlich abgehärtet werden. Ist die Krankheit einmal ausgebrochen, so ist außer der Be-^[folgende Seite]