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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hören; Horgen; Horgos; Hörigkeit; Horismographie; Horismus; Horitz; Horizont

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Hören - Horizont.

ter der Themis von Zeus und ihre Namen Eunomia (Gesetzmäßigkeit), Dike (Recht) und Eirene (Friede), Namen, aus denen hervorgeht, daß die Witterungsgottheiten schon eine sittliche Bedeutung erlangt hatten. Die Attiker kannten nur zwei H.: Thallo (Hore des Frühlings) und Karpo (Hore des Herbstes). Hygin führt gar zehn oder elf H. an, analog den übrigen Mythenbildungen, in welchen das, was früher bloßes Attribut war, später zu besondern Personifikationen erhoben wurde. Von Dichtern ist Dike (s. d.) am meisten besungen worden. Die Göttinnen, welche die Pflanzen des Frühlings zur Blüte und Vollendung führen, ernähren auch die aufblühende Jugend (daher Hora auch die Jugendschönheit bezeichnet) und bringen das Thun der Menschen zu einem glücklichen Ende. Sie erscheinen in der Gesellschaft der Chariten, schmücken die Aphrodite bei deren Ankunft in Cypern und reichen der Ariadne den bräutlichen Kranz dar. Heiligtümer hatten sie in verschiedenen Städten, so in Argos, Athen, Korinth etc. Auf Sarkophagen und Gemmen finden sie sich als schöne jugendliche Gestalten, geschmückt mit den Erzeugnissen der verschiedenen Jahreszeiten, allein oder in Gesellschaft andrer Gottheiten, wie der Grazien, abgebildet. Sie erscheinen bald in der Dreizahl (da man den Winter nicht immer mitrechnete), bald zu vier (vgl. die Abbildung). Allein kommt die Frühlingshora mit dem Schurz voll Blumen häufig vor, besonders statuarisch. Bei den Römern ist die Hora Quirini (eine besser beglaubigte Form als Horta) identisch mit Hersilia (s. d.), der zur Göttin gewordenen Gemahlin des Quirinus (Romulus). Vgl. Krause, Die Musen, Grazien, H. etc. (Halle 1871); Lehrs, Populäre Aufsätze aus dem Altertum (2. Aufl., Leipz. 1875). - H. war auch Titel einer von Schiller 1795-97 herausgegebenen Zeitschrift. Über H. im katholischen Gottesdienst s. Horae canonicae.

Hören, s. Gehör.

Horgen, Bezirkshauptort im schweizer. Kanton Zürich, am linken Ufer des Zürichsees, von Wein- und Obstbergen umgeben, mit (1880) 5268 Einw., ein Hauptsitz der Züricher Seidenindustrie und eine wichtige Dampfer- und Bahnstation. Am 20. Sept. 1875 wurde die linksuferige Zürichseebahn, Zürich-Glarus, eröffnet; doch fand schon zwei Tage nach der Eröffnung und 1883 nochmals bei dem Bahnhof H. eine bedeutende Ufersenkung statt. 2 km südöstlich liegt der Luftkurort Bocken, 453 m ü. M. Vgl. Strickler, Geschichte der Gemeinde H. etc. (Zür. 1882).

Horgos (Nagy-H.), Dorf im ungar. Komitat Csongrád, an der Bahnlinie Szegedin-Maria Theresiopel, mit (1881) 4192 ungar. Einwohnern.

Hörigkeit, ehedem das Verhältnis derjenigen Personen (Hörige, Grundholde), die zwar nicht gänzlich unfrei, aber doch durch ihre Stellung als Hintersassen eines Grundherrn, durch ihre bäuerliche Dienst- und Zinspflicht in ihrer Freiheit beschränkt waren. S. Leibeigenschaft.

Horismographie (griech.), Beschreibung der Grenzen eines Landes, Grenzenkunde.

Horismus (griech.), Begrenzung eines Begriffs, Begriffsbestimmung, Definition.

Horitz (tschech. Hořice, spr. horsch-), Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Königgrätz, an der Eisenbahn Königgrätz-Wostromierz, mit einem Bezirksgericht, einem Schloß der Invalidenfondsdomäne H., Obst- und Flachsbau, Steinbrüchen, ausgebreiteter mechanischer und Handweberei in Baumwolle, Dampfbrettsäge, Dampfmühle, Rübenzuckerfabrik, Bierbrauerei, Steinmetzfachschule und (1880) 6017 Einw. Auf dem nahen St. Gotthardsberg Denkmal des Hussitenführers Ziska, der hier 1423 die böhmischen Herren besiegte.

Horizont (v. griech. horizein, "begrenzen"), der begrenzende Kreis, Gesichtskreis, heißt der Kreis, in welchem sich scheinbar der halbkugelförmige Himmel und die Erdoberfläche schneiden, wenn man sich auf offenem Meer oder in einer weiten Ebene befindet. Der Standpunkt des Beobachters bildet den Mittelpunkt dieses Kreises. Die Astronomen unterscheiden den scheinbaren und den wahren H.; ersterer ist der Durchschnitt der scheinbaren Himmelskugel mit der Ebene, welche die Erde im Standpunkt A des Beobachters berührt, letzterer dagegen der Schnitt einer parallelen, durch den Erdmittelpunkt O gelegten Ebene mit der Himmelskugel. In Fig. 1 bedeutet der kleine Kreis um O die Erde, der große die Himmelskugel; der scheinbare H. von A ist daher ein Kreis mit dem Durchmesser H^{1}H^{1}, der senkrecht zur Papierebene steht, der wahre H. aber hat HH als Durchmesser. Für einen Himmelskörper M mit merklicher Parallaxe, wie für den Mond, ist die auf den wahren H. bezogene Höhe h größer als die auf den scheinbaren H. bezügliche h_{1}, welche die Beobachtung liefert; der Unterschied ist der Winkel p^{1}, die sogen. Höhenparallaxe. Steht ein solcher Körper für den Beobachter A im (scheinbaren) H., so ist seine Höhe über dem wahren H. noch gleich dem Winkel H^{1}OH = p, den man die Horizontalparallaxe des Himmelskörpers nennt; vgl. Parallaxe. Bei Beobachtung von Fixsternen sind beide Horizonte als zusammenfallend zu betrachten. Die Ebene des Horizonts heißt die Horizontalebene; sie steht senkrecht auf der Richtung der Schwere, die uns das Lot, ein ruhendes Pendel, angibt, und wird unmittelbar durch die Oberfläche einer ruhenden Flüssigkeit bezeichnet. Darin liegt der Grund für die Verwendung der Wasserwage zum Horizontalstellen von Linien und Ebenen bei astronomischen und geodätischen Beobachtungsinstrumenten. Zu manchen Beobachtungen, insbesondere zur Messung von Sonnen- und Sternhöhen auf dem Festland mit dem Spiegelsextanten, braucht man eine spiegelnde horizontale Ebene, einen sogen. künstlichen H., um den scheinbaren Abstand (Winkelabstand) zwischen der Sonne oder dem Stern und dem Spiegelbild messen zu können. Man kann hierzu eine kleine Wasserfläche von 25-100 qcm in einem flachen, innen geschwärzten Gefäß benutzen oder besser eine dünne Quecksilberschicht, auch eine mit Ruß gefärbte Ölschicht. Größer als angegeben nimmt man die Fläche nicht, weil sonst leicht durch Erschütterungen, Winde etc. Bewegungen auf ihr entstehen. Der Kreis, in welchem für unsern Blick Himmel und Erde zusammenzustoßen scheinen, fällt indessen niemals streng mit dem scheinbaren H. zusammen; er liegt nicht in der Berührungsebene der Erde, sondern in einer ihr parallelen und zwar um so tiefer unter jenem, je höher der Standpunkt des Beobachters ist. In Fig. 2 ist O der Mittelpunkt und OA = r der

^[Abb.: Fig. 1.]