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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Immanenz - Immermann.

ches zu gewähren, welches den Gegenstand in seinem innersten Wesen erfaßt, ihn ganz durchdringt und mit ihm selbst identisch wird. Das Ziel der Philosophie ist es, ein solches Wissen zu verschaffen. Während nun hier, nach dem Sprachgebrauch der neuern Philosophie, i. und transeunt einander gegenüberstehen, sind bei Kant i. und transcendent Gegensätze. Kant unterschied den immanenten Vernunftgebrauch als denjenigen, der über die Grenzen der Erscheinungswelt nicht hinausgeht, von dem transcendenten, d. h. dem die Grenzen des Gegebenen überschreitenden und in das Reich der Ideen emporsteigenden; jener fällt mit dem zusammen, was von andern dem Verstand, dieser mit dem, was der Vernunft im engern, höhern Sinn vindiziert wird.

Immanenz (lat.), das Innewohnen, Anhaften.

Immanuel, Name, s. v. w. Emanuel.

Immaterialität (lat.), Unkörperlichkeit; Freiheit von jeder Beschränkung durch die Materie; immateriell, immaterial, unkörperlich, stofflos; s. Spiritualität.

Immatrikulation (lat.), s. Matrikel.

Immediat (lat.), ohne Mittelsperson, unmittelbar; daher Immediatkommission, eine Kommission, die unmittelbar von der Landesregierung beauftragt ist, z. B. in Preußen die Kommission, welche mit der Kolonisation in den polnischen Landesteilen betraut ist; Immediatbefehle, die unmittelbaren Befehle des Fürsten oder der höchsten Landesbehörde; Immediatgesuch (Immediatvorstellung), unmittelbar bei der höchsten Behörde oder dem Landesherrn eingereichtes Gesuch; Immediatsachen, Angelegenheiten, in welchen die Oberbehörden unmittelbar zu entscheiden haben; Immediatstadt, unmittelbare, d. h. der Provinzialregierung unmittelbar unterstellte, Stadt, in manchen Gegenden auch kreiseximiert genannt.

Immediatisierte Fürsten, früher die sogen. reichsunmittelbaren Fürsten, daher Immediatisieren, das Verleihen der Reichsunmittelbarkeit durch den Kaiser; dann Bezeichnung für diejenigen Fürsten, welche sich mit der Zeit die vollständige Landeshoheit erwarben, im Gegensatz zu den mediatisierten.

Immemorialverjährung, Verjährung "über Menschengedenken hinaus", unvordenkliche Zeit hindurch; s. Verjährung.

Immen, s. v. w. Bienen.

Immenhausen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar, an der Linie Schwerte-Kassel der Preußischen Staatsbahn, hat (1885) 1331 evang. Einwohner.

Immens (lat.), unermeßlich, unendlich; Immensität, Unermeßlichkeit.

Immenstadt, Stadt im bayr. Regierungsbezirk Schwaben, Bezirksamt Sonthofen, zwischen dem Alpsee und der Iller, am Fuß der Algäuer Alpen, 674 m ü. M., Knotenpunkt der Linien München-Lindau und I.-Sonthofen der Bayrischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, ein um 1560 gegründetes Kapuzinerkloster, Bindfaden- und bedeutende Käsefabrikation und (1885) 2924 meist kathol. Einwohner. In der Nähe die Ruine Rothenfels und der aussichtsreiche Grünten (s. d.) und Stuiben (s. d.).

Immensurabel (lat.), unmeßbar; Immensurabilität, Unmeßbarkeit.

Immer, Albert, protest. Theolog, geb. 10. Aug. 1804 zu Unterseen im Berner Oberland, studierte seit 1835 in Bern, Berlin und Bonn, wurde nach zehnjähriger Thätigkeit im Pfarrdienst 1850 außerordentlicher 1856 ordentlicher Professor der neutestamentlichen Exegese und Dogmatik in Bern und starb, seit Frühjahr 1880 emeritiert, 23. März 1884. Er schrieb: "Hermeneutik des Neuen Testaments" (Wittenb. 1873) und "Neutestamentliche Theologie" (Bern 1877).

Immergieren (lat.), ein- oder untertauchen.

Immergrün, Bezeichnung verschiedener Pflanzengattungen: Hedera, Vinca, Sempervivum.

Immergrüne Pflanzen, diejenigen höhern Gewächse, bei denen die meist lederartig derben Blätter mehrere Jahre lang lebensfähig bleiben, wie besonders bei vielen Holzpflanzen, welche auch im Winter ihren grünen Laubschmuck behalten, im Gegensatz zu den laubwechselnden Bäumen. In unserm Klima gehören dazu die Nadelbäume mit Ausnahme der Lärche, ferner Epheu, Buchsbaum, Stechpalme, Mahonie, Mistel, Heide und andre Erikaceen. In den wärmern Klimaten werden dagegen die immergrünen Pflanzen vorherrschend; es sind dies Bäume aus den Familien der Myrtaceen, Laurineen, Proteaceen, Aurantiaceen, die immergrünen Eichen, Granatbäume u. a.

Immerito (lat.), unverdienterweise.

Immermann, Karl Leberecht, Dichter der Neuzeit, zu den hervorragendsten Talenten der Übergangsepoche zwischen 1815 und 1840 gehörend, geb. 24. April 1796 zu Magdeburg, wo sein Vater als Kriegs- und Domänenrat angestellt war, besuchte bis 1813 das Gymnasium seiner Vaterstadt, welche damals zum Königreich Westfalen geschlagen war, und bezog, um Rechtswissenschaft zu studieren, im Frühling des großen deutschen Erhebungsjahrs die Universität Halle, welche indessen unmittelbar danach aufgelöst ward. Nur ein Nervenfieber verhinderte ihn, schon jetzt in die Reihen des preußischen Heers einzutreten. Nach dem Friedensschluß von 1814 zu den Studien zurückgekehrt, wurde er durch Napoleons Wiederkunft von Elba 1815 in der That zu den Waffen gerufen. Er nahm an den Schlachten von Ligny und Waterloo teil, zog mit Blüchers Heer in Paris ein, wurde als Offizier entlassen und kam mit einer reichen, nachhaltigen Lebenserinnerung zur Hochschule zurück. Seine neugewonnene Selbständigkeit bethätigte er 1817, als die Burschenschafter zu Halle einen armen Studenten, welcher nicht zu ihnen halten wollte, brutal mißhandelten. I. wandte sich in einer Immediateingabe an den König und schrieb die (beim Wartburgfest mit verbrannte) Schrift "Über die Streitigkeiten der Studierenden zu Halle" (Leipz. 1817). Im J. 1817 trat er in den preußischen Staatsdienst, arbeitete bis 1819 als Referendar zu Aschersleben und wurde darauf als Auditeur nach Münster versetzt, wo er die Gräfin Elisa v. Ahlefeldt, die Gemahlin des Freischarenführers v. Lützow, kennen lernte. Die Beziehungen zu dieser geistvollen Frau wurden für den Dichter verhängnisvoll; sein Leben heftete sich an das ihre, ohne daß Elisa, die bald nach ihrer Bekanntschaft mit I. von ihrem Gatten geschieden wurde, das Verhältnis in einer Ehe den Abschluß finden ließ. I. trat während der Münsterschen Zeit zuerst mit dem Lustspiel "Die Prinzen von Syrakus" (1821) hervor, dem eine Sammlung "Gedichte" (Hamm 1822) und die Trauerspiele: "Petrarca" (1822), "König Periander und sein Haus" (Elberf. 1823) u. a. folgten, Werke, in denen er durchaus die Wege der Romantiker wandelte. 1824 als Kriminalrichter an das Oberlandesgericht seiner Vaterstadt berufen, wohin ihm die Gräfin folgte, übersetzte er daselbst Walter Scotts "Ivanhoe" (1826), schrieb die ästhetische Abhandlung "Über den rasenden Ajax des Sophokles" (Magdeb. 1826) und veröffentlichte