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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Individualisieren; Individualismus; Individualität; Individualpotenz; Individuum; Indiz

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Individualisieren - Indiz.

Die Indiumsalze sind farblos, wenn die Säure derselben ungefärbt ist, meist in Wasser löslich, schwer kristallisierbar, schmecken unangenehm metallisch. Aus ihren Lösungen fällt Kalilauge weißes, gallertartiges Indiumhydroxyd In2H6O4 ^[In_{2}H_{6}O_{4}], kohlensaure Alkalien geben ebenfalls einen weißen Niederschlag; Schwefelwasserstoff fällt aus neutralen und aus stark verdünnten, schwach sauren Lösungen gelbes Schwefelindium In2S3 ^[In_{2}S_{3}], welches beim Trocknen braun wird. I. wurde 1863 von Richter und Reich entdeckt.

Individualisieren (lat.), "ins einzelne gehen", d. h. einen Gegenstand so darstellen, daß seine besondern Merkmale, Eigentümlichkeiten, Verhältnisse, Zustände etc., kurz das, was ihm als Individuum allein zukommt (das Individuelle), anschaulich gemacht werden. Vgl. Individuum.

Individualismus (lat.), oft als Bezeichnung für diejenige Richtung gebraucht, welche in der Sozialpolitik im Gegensatz zum Sozialismus die Gestaltung der gesamten Wirtschaftsordnung den freien individuellen Bestrebungen überlassen will; daher auch s. v. w. Freihandel (s. d.) im weitern Sinn.

Individualität (lat.), s. Individuum.

Individualpotenz, s. Viehzucht.

Individuum (lat.), eigentlich "ein Ding, das nicht geteilt werden kann", ohne aufzuhören, das zu sein, was es vorher war, daher ein für sich bestehendes organisiertes Wesen, an dem jeder einzelne Teil integrierend zum Ganzen gehört. In einem prägnantern Sinn ist das J. ein Wesen, dem eine eigentümliche geistige Beschaffenheit und Kraft zukommt, wodurch es sich von jedem andern Wesen seiner Gattung unterscheidet. Der Inbegriff der Merkmale, wodurch sich ein Wesen als I. zu erkennen gibt, ist die Individualität. Je vielfältigern Bestimmungen eine Klasse von Dingen zugänglich ist, desto reicher entfaltet sich innerhalb derselben die Individualität; am mannigfaltigsten tritt sie da auf, wo das geistige Leben einer selbständigen Entwickelung entgegengeführt wird, mehr unter den höhern als unter den niedern Tiergattungen und am meisten unter den Menschen, wo sie wieder in den höhern Lebenssphären vielgestalteter auftritt als unter der unkultivierten Menge. Mangel einer scharf hervortretenden Individualität gilt daher als Zeichen mittelmäßiger oder gewöhnlicher (genereller) geistiger Befähigung. Im Mittelalter bildete die Untersuchung über das Prinzip der Individualität (principium individuationis) den Angelpunkt, um welchen sich der Streit zwischen Nominalismus und Realismus bewegte (s. Scholastiker). Das Individuelle ist Gegenstand der Anschauung und kann nur durch diese erkannt werden; umgekehrt kann ein Gegenstand auch nur zur Anschaulichkeit gebracht (anschaulich gemacht) werden, wenn man ihn individualisiert. Daher müssen die Künste nicht bloß idealisieren, sondern auch individualisieren weil ihre Produkte Objekte der Anschauung und (wie in der Rede, im Gedicht) des unmittelbaren Gefühls werden sollen.

Besonders schwierig ist die Definition des Individuums im naturhistorischen Sinn. Da die auf ungeschlechtlichem Weg durch Propfen, Stecklinge etc. erzeugten jungen Pflanzen die Individualität der Stammpflanze völlig bewahren, so wollten Gallesio und später Coulay nur die auf geschlechtlichem Weg erzeugten Lebewesen als I. gelten lassen, und man kam zu der Absurdität, sämtliche durch Stecklinge von Einem Baum herleitbare Exemplare, wie z. B. alle Trauerweiden Europas, oder die Tausende der in mehreren Generationen ungeschlechtlich erzeugten Blattläuse zu einem einzigen teilbaren I. (eine contradictio in adjecto) rechnen zu müssen. Praktischer erschien die Ansicht von de la Hire und dem ältern Darwin, daß die Pflanze in den meisten Fällen, einem Korallenstock gleich, als ein zusammengesetztes I. anzusehen sei und jeder letzte Sproß das eigentliche I. darstelle. Diese Konsequenz führte weiter, und da jedes Internodium sämtliche Elementarorgane (Achse, Blatt, Blüte, Wurzel) besitzt oder reproduzieren kann, so sahen Agardh und Gaudichaud jedes einzelne Internodium, Schultz-Schultzenstein jeden aus Zellen, Gefäßen und Oberhaut bestehenden Pflanzenteil (Anaphyton), der fähig ist, eine neue Pflanze hervorzubringen, als das eigentliche Pflanzenindividuum an. Nach Entdeckung der Zelle als Elementarorgan der Pflanzen und Tiere wurde diese von Schleiden und Turpin als das eigentliche I. angesehen; ja, einige sind noch weiter gegangen und haben die die Zellen aufbauenden kleinsten Teile des Protoplasmas als eigentliche Träger der Individualität ansehen wollen. Noch schwieriger lag der Fall bei den Tieren. Denn erstens gibt es zusammengesetzte Tiere, die z. B. bei den Röhrenquallen aus zuweilen mehr als fünf verschiedenartigen Einzeltieren bestehen, von denen jedes, einem Organ vergleichbar, verschiedene Funktionen erfüllt. Hier kann offenbar nur das zusammengesetzte Tier in seiner Gesamtheit, der Stock (Cormus), als I. gelten. Ein ähnlicher Fall liegt bei den Seesternen und den Gliedertieren vor, wo ein einzelner Strahl (Antimer) oder ein einzelnes Querstück (Metamer) für sich fortleben und das Tier zeitweise repräsentieren kann, z. B. die Gliedstücke der Bandwürmer. Der abgerissene Strahl eines Seesterns ergänzt sich sogar durch Hervortreiben von 4-5 neuen Strahlen wieder zu einem vollständigen Seestern. Eine ähnliche Selbständigkeit besitzen bei manchen Tieren einzelne Organe, z. B. das frei umherschwimmende männliche Organ (Hectocotylus) einzelner Cephalopoden. Dazu kommt, daß viele Tiere eine komplizierte Metamorphose durchmachen, deren einzelne oft sehr verschiedene Phasen in den Begriff des Individuums aufgenommen zu werden Anspruch haben. Häckel hat sich daher in neuerer Zeit genötigt gesehen, verschiedenartige Individualitätsbegriffe einzuführen, vor allem das morphologische I. (Morphon) von dem physiologischen I. (Bion) zu trennen und außerdem sechs verschiedene Kategorien von Individuen aufzustellen, die er als Individuen 1.-6. Ordnung (Plastide, Organ, Antimer, Metamer, Person und Cormus) unterscheidet. Alle diese Schwierigkeiten sind natürlich nur daraus entstanden, daß man den abstrakten Begriff des unteilbaren menschlichen Individuums auf die Vielseitigkeit der Pflanzen- und Tierwelt anwenden wollte. Vgl. A. Braun, Das I. der Pflanze (Berl. 1853); Häckel, Über die Individualität des Tierkörpers (Jena 1878); Fisch, Aufzählung und Kritik der verschiedenen Ansichten über das pflanzliche I. (Rostock 1880).

Indiz (lat. Indicium, Indizie, Anzeige, Inzicht), eine Thatsache, deren Vorhandensein und deren Gewißheit auf das Vorhandensein und auf die Wahrheit einer andern zu beweisenden Thatsache schließen lassen; insbesondere im Strafprozeß eine Thatsache, welche eine Schlußfolgerung für die Schuld oder Unschuld des Beschuldigten zuläßt; so z. B. bei einem Morde die Blutflecke, die sich an den Kleidern desjenigen finden, welcher dieses Mordes beschuldigt ist. Der Ausdruck I. ("Anzeige") hängt damit zusammen, daß solche Umstände auf die zu erweisenden That-^[folgende Seite]