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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Infusorienerde; Infusum; In futurum; Inga; Ingamos; Inganno; Ingävonen; Ingeborg; Ingegneri; Ingelfingen; Ingelheim

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Infusorienerde - Ingelheim.

aber erst im vorigen Jahrhundert in Gebrauch und soll andeuten, daß sich reichlich I. einfinden, wenn man die verschiedenartigsten organischen Substanzen mit Wasser übergießt (infundiert) und stehen läßt. Eine Zeitlang war es fast Modesache, mit solchen Aufgüssen zu arbeiten, und zahlreiche Bücher wußten die abenteuerlichsten Geschichten über die wunderbaren, nur mit dem Mikroskop zu beobachtenden Organismen zu erzählen. Durch O. Fr. Müller ("Animalcula infusoria", 1786) wurde die Kenntnis der I. wesentlich erweitert; aber erst mit Ehrenbergs umfassenden Untersuchungen ("Die I. als vollkommene Organismen", 1838) beginnt für diesen Teil der Zoologie ein neuer Abschnitt. Ehrenberg faßte, wie alle seine Vorgänger, das Gebiet in viel zu großer Ausdehnung und rechnete nicht nur die niedrigsten Protozoen, wie Diatomeen, Volvocinen, Monaden, sondern auch die hoch entwickelten Rotiferen, die jetzt zu den Würmern gestellt werden, zu den I. Indem er nun die Organisation der Rotiferen zur Basis seiner Deutungen wählte, wurde er bei dem Streben, überall einen gleich komplizierten Bau nachzuweisen, zu zahlreichen Irrtümern verleitet. So schrieb er den I. Magen und Darm, Nieren, Geschlechtsorgane und ein Gefäßsystem zu und wurde hierbei zu den seltsamsten Auslegungen seiner Beobachtungen genötigt. Erst Dujardin ("Histoire naturelle des infusoires", 1841), welchem die Zoologie auch die richtige Auffassung der Rhizopoden verdankt, sowie Siebold stellten die noch geltende Ansicht auf, der Körper der I. sei eine einfache, allerdings hoch organisierte Zelle. Obwohl nun die Arbeiten von Stein ("Die Infusionstiere, auf ihre Entwickelungsgeschichte untersucht", Leipz. 1854; "Der Organismus der I.", das. 1859-64, 2 Tle.), von Balbiani, Claparède und Lachmann ("Études sur les infusoires et les rhizopodes", Genf 1858-61), Engelmann, Cohn u. a. noch viele Einzelheiten zu Tage gefördert haben, so ist doch namentlich von Häckel (1873) gezeigt worden, daß sich diese alle auf Sonderungen im Organismus einer einzigen Zelle zurückführen lassen.

Infusorienerde, s. v. w. Kieselgur.

Infusum (lat.), Aufguß; I. sennae compositum, Wiener Trank.

In futurum (lat.), für die Zukunft, inskünftige.

Inga Dec., Gattung aus der Familie der Mimosaceen, von der zahlreiche Arten im tropischen Südamerika, besonders in Brasilien und Guayana, vorkommen, große Sträucher oder Bäume von 15-20 m Höhe, mit gefiederten Blättern mit 2-5 oder 6 Paar breiten Fiederblättchen und oft geflügeltem oder blattähnlichem Blattstiel, weißen oder gelblichen, in ährenförmigen Trauben oder fast kugelförmigen Köpfen stehenden Blüten und platten oder rundlichen Früchten mit verdickten Rändern und in ein meist weißliches Mus eingebetteten Samen. I. vera Willd., ein westindischer Baum, welcher besonders auf Jamaica und Trinidad häufig ist, hat über 15 cm lange, gekrümmte Früchte, deren süßes Mark purgierend wirkt und wie bei uns die Manna benutzt wird. Das Holz ist als Cuba-Grenadille, Kokosholz im Handel. I. spectabilis Willd., ein schöner, großer Baum auf Panama, wird seiner oft über 60 cm langen Früchte halber auch in Neugranada kultiviert und liefert ein wohlschmeckendes Fruchtmus. I. Marthae Spr., auf den westindischen Inseln und im nördlichen Chile, besitzt sehr gerbsäurereiche Früchte, welche als Algarobilla in den Handel kommen und zum Färben benutzt werden. Der Tanningehalt dieser jetzt auch im europäischen Handel erscheinenden Früchte soll bis 70 Proz. betragen. I. biglobosa Willd. (Parkia africana R. Br., Dourabaum), im tropischen Afrika, liefert mehlige, bitter, aber nicht unangenehm schmeckende Samen, welche als Kaffee vom Sudân ein nicht unwichtiges Nahrungsmittel der Neger bilden. Man röstet und zerreibt sie, um das Pulver zu schokoladeartigen Kuchen zu verarbeiten. Die unreifen, knoblauchartig riechenden Samen werden, wie die Blätter, roh und gekocht gegessen und sollen faulem Wasser den unangenehmen Geschmack nehmen.

Ingamos, die eßbaren Wurzelknollen mehrerer Arten von Dioscorea.

Inganno (ital.), Betrug, in der Musik s. v. w. Trugschluß (s. d.); per i., betrüglicherweise.

Ingävonen (Ingaevones oder Inguaeones), der dritte Hauptstamm der alten Germanen, dessen Namen Tacitus auf Ingo oder Inguo, einen Sohn des Mannus, zurückführt. Er begreift die Küstenvölker an der Nordsee, von der Rheinmündung bis zur Jütischen Halbinsel hinauf. Zu ihnen gehörten die Friesen, Chauken, Angrivarier (Engern), Amsivarier, Brukterer, Angeln, Teutonen etc.

Ingeborg, Königin von Frankreich, Tochter des Königs Waldemar I. von Dänemark, eine schöne, tugendhafte Prinzessin, vermählte sich 1193 in Amiens mit König Philipp II. August, der aber unmittelbar nach der Brautnacht eine unüberwindliche Abneigung gegen sie faßte und sie nicht als Gattin anerkennen wollte; wegen angeblicher Verwandtschaft wurde die Ehe von dem Erzbischof von Reims getrennt und I. in das Kloster Beaurepaire verbannt, während Philipp sich 1196 mit Agnes von Meran (s. Agnes 2) vermählte. Der Papst erklärte indes die Scheidung für ungültig, und als Philipp sich mit den Hohenstaufen verbündete, forderte Innocenz III. den König auf, I. wieder aufzunehmen, und ließ auf dessen Weigerung 1199 über Frankreich das Interdikt aussprechen. Nach längerm Sträuben mußte sich Philipp 1201 fügen und sich von Agnes trennen; aber erst 1213 wurde I. nach 17jähriger Gefangenschaft in Etampes wieder am Hof aufgenommen. Sie blieb kinderlos und starb 1236 in Corbeil.

Ingegneri (spr. indschenjeri), Angiolo, ital. Dichter und Litterator, geboren um 1550 zu Venedig aus einer angesehenen Bürgerfamilie, stand nacheinander im Dienste der Herzöge von Guastalla, von Urbino, von Savoyen, wurde zuletzt Sekretär des Kardinals Cinzio Aldobrandini in Rom und starb um 1613. I. ist besonders bekannt durch seine Verehrung für Tasso, dem er in Turin, als derselbe 1578 als Flüchtling dahin kam, ein Asyl verschaffte, und dessen Epos er zum Druck beförderte (Casalmaggiore 1581). Von seinen Werken sind eine italienische Bearbeitung von Ovids "Remedia amoris" in Ottave Rime (Avignon 1576), "La danza di Venere", Hirtendrama (Vicenza 1589), die Abhandlung "Del buon segretario" (Rom 1594) und der "Discorso della poesia rappresentativa e del modo di rappresentare le favole sceniche" (Ferrara 1598) hervorzuheben.

Ingelfingen, Stadt im württemberg. Jagstkreis, Oberamt Künzelsau, am Kocher, hat ein Schloß, Weinbau, (1885) 1432 evang. Einwohner und ist Hauptort einer fürstlich Hohenloheschen Standesherrschaft, die seit 1806 unter württembergischer Hoheit steht.

Ingelheim (Ober- und Nieder-I.), zwei Marktflecken in der hess. Provinz Rheinhessen, Kreis Bingen, nahe bei einander, unfern des Rheins und an der Linie Mainz-Bingen der Hessischen Ludwigsbahn. Ober-I., an der Selz, mit Mauern umgeben, ehemals Reichsstadt, hat ein Amtsgericht, eine romanische evang. Kirche mit vielen Denkmälern, eine kath. Kirche,