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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Intensiv - Intercellulargänge.

Intensiv, im volkswirtschaftlichen Sinn ein relativer Begriff, der im Gegensatz zu extensiv die Verwendung einer größern Menge von Kapital und Arbeit (oder eines von beiden: kapital-, arbeitsintensiv) auf Ausbeutung eines gegebenen Wirtschaftsgebiets bedeutet. Zweck des Mehraufwandes ist die Erzielung eines größern Ertrags. Man kann darum auch denjenigen Betrieb den intensivern nennen, der unter sonst gleichen Umständen einen größern Ertrag ergibt. Der englische Eisenbahnbetrieb ist ein intensiverer als der deutsche, wenigstens ein kapitalintensiverer, während wieder der amerikanische im allgemeinen extensiver ist als der letztere. Bei starkem Verkehr, hohem Bodenpreis und Arbeitslohn sucht man durch Anwendung solider und teurer Konstruktionen und Anstalten bei Bau und Betrieb an Arbeit und Areal zu sparen. In Amerika ist man bei hohem Zinsfuß und geringer Frequenz bestrebt, möglichste Wohlfeilheit in Anlage und Betrieb zu erzielen, und läßt dabei Solidität und Sicherheit mehr in den Hintergrund treten. Die Forstwirtschaft wird intensiver durch Anbau wertvollerer Holzarten, größere Pflege (Durchforstungen) und sorgsamere Ernte. In der Landwirtschaft ist die Dreifelderwirtschaft mit Brache extensiver als die Fruchtwechselwirtschaft mit alljährlicher Bestellung aller Felder etc. Der intensivste Betrieb ist nicht gerade immer der wirtschaftlich vorteilhafteste. Im allgemeinen läßt sich zwar der Rohertrag steigern, aber jeweilig bei gegebenen Hilfsmitteln nicht über eine gewisse Grenze hinaus, dann wird er trotz des Mehraufwandes sinken (Preiserniedrigung wegen zu hohen Angebots, Verringerung des Frucht- und Holzertrags bei zu dichtem Stand wegen gegenseitiger Verkümmerung der Pflanzen etc.). Mit dem Ertrag nimmt aber auch der Aufwand zu und zwar so, daß, während der Rohertrag noch steigt, der Reinertrag schon zu sinken beginnen kann. Solange noch jeder weitere Mehraufwand von dem durch denselben erzielten Mehrertrag überwogen wird, ist der Übergang zu intensiverm Wirtschaftsbetrieb gerechtfertigt. Sobald aber der letzte Mehraufwand durch den letzten Mehrertrag verschluckt wird, ist der Punkt gegeben, bei welchem der größte Reinertrag erzeugt wird und größere Intensität unvorteilhaft werden würde. Sinken der Preise, Zunahme der Kosten nötigen zu extensiverm Betrieb, Erhöhung der Preise, Minderung der Kosten machen den intensivern rentabler. Aus diesem Grund ist die landwirtschaftliche Kultur in vorgeschrittenen Ländern mit dichter Bevölkerung und hoch entwickelter Industrie eine sehr intensive (England), extensiv dagegen da, wo die bessern Hilfsmittel des Bodenbaues von außen bezogen werden müssen und verhältnismäßig teuer sind, während die Produktenpreise nicht sehr hoch stehen (fast alle Ackerbauländer, in denen der Gewerbebetrieb von geringer Bedeutung). Auf besserm Boden (Ebene, gute Beschaffenheit des Erdreichs etc.) kann intensiver gewirtschaftet werden als auf schlechtem (starke Neigung, Magerkeit etc.). Die Gesetze der Intensität hat vorzüglich v. Thünen (s. d.) in seinem Werk "Der isolierte Staat" klargelegt.

Intensivum (lat.), ein Zeitwort, das die Intensität einer Handlung oder eines Zustandes ausdrückt; s. Verbum.

Intention (lat.), Absicht, Vorhaben, Zweck (nicht zu verwechseln mit Intension, s. d.).

Intentionalismus (lat.), Glaube oder Lehre, daß der Zweck das Mittel heilige.

Intentionisten, s. Impressionisten.

Inter absentes (lat.), unter den Abwesenden.

Interamna, im Altertum Stadt in Umbrien, am Nar, angeblich Heimat des Geschichtschreibers Tacitus; jetzt Terni. Eine andre gleichnamige Stadt (I. Luccasina Lirinas) lag in Latium, am Liris, südöstlich von Casinum; Ruinen Termini beim Dorf Gignataro-Interamna.

Inter arma silent leges (lat.), "Im Waffenlärm (während des Kriegs) schweigen die Gesetze", Citat aus Ciceros "Rede für Milo" (4, 10).

Intercedendo (lat.), durch Verwendung, durch Fürsprache (vgl. Interzedieren).

Intercellulargänge (lat., "Zwischenzellgänge", Intercellularkanäle, -Räume), in der Pflanzenanatomie die in manchem Zellgewebe, besonders im Parenchym der höhern Pflanzen, also in der Rinde und im Mark der Stengel und Wurzeln, im Mesophyll der Blätter etc., vorkommenden, zu einem zusammenhängenden System verbundenen kanalartigen Zwischenräume zwischen den Zellen, sind stets mit Luft erfüllt und haben nach außen zahlreiche natürliche Mündungen in der Epidermis der Blätter und Stengel. Jede Spaltöffnung führt direkt in einen etwas erweiterten Intercellularraum, die sogen. Atemhöhle, in welche die I. der nächst benachbarten Zellen einmünden. Es steht mithin die Luft der I. der innern Gewebe mit der äußern Atmosphäre in direkter Kommunikation, eine Einrichtung, deren Bedeutung für die Atmung und überhaupt für den Gasaustausch der Pflanze mit der Außenwelt unverkennbar ist. In den jüngsten Pflanzenteilen sind die I. noch nicht vorhanden; später weichen aber die Zellen an den Kanten unter Trennung ihrer Membranen auseinander, und es entsteht so der Intercellulargang, der sich nicht selten noch auf verschiedene Weise erweitert. Die größten lufthaltigen Binnenräume kommen im Parenchym der Wasser- und Sumpfpflanzen vor und werden hier als Intercellularräume oder Lufträume bezeichnet. Ein solcher Raum entsteht, indem die einen Intercellulargang begrenzenden Zellen sich teilen durch Scheidewände, welche radial gegen jenen gerichtet sind, und indem sie zugleich in der Richtung des Umfanges des Luftraums sich vergrößern; letzterer ist daher schließlich von einer ganzen Anzahl von Zellen umgeben. Die großen lufterfüllten Höhlen, welche sich im Mark vieler Pflanzen (Gräser, Umbelliferen) finden, entstehen infolge des Wachstums des Stengels, welchem das Mark an Ausdehnung nicht nachfolgt, so daß dieses zerrissen wird und zuletzt noch in einzelnen Fetzen an den Wänden der großen Höhle zu erkennen ist. - Gewisse intercellulare Bildungen sind mit eigentümlichen Säften erfüllt: die sogen. Harz-, Gummi-, Öl- und Milchsaftkanäle, wie sie in der Rinde, im Bast, im Holz, im Mark, in den Blättern und selbst in Früchten mancher Pflanzen vorkommen; sie sind weiter als die eigentlichen I. und laufen meist als regelmäßig cylindrische Kanäle auf weite Strecken zwischen den Zellen hin, bisweilen sind sie von runder, punktförmiger Gestalt und werden dann auch Drüsen, besonders Öldrüsen, genannt. Die Zellen, von welchen diese Räume unmittelbar eingefaßt werden, sind viel kleiner, dünnwandiger, ragen mehr oder weniger papillenartig in den Kanal hinein, enthalten nur Protoplasma und sondern den den Kanal erfüllenden Inhalt ab. Meist entstehen diese Kanäle durch Auseinanderweichen der umgebenden Zellen, welche dann unter weiterer Vermehrung die Wandzellen des Kanals bilden. In einigen Fällen aber kommen sie auch dadurch zu stande, daß gewisse Zellen sich auflösen, vollständig verschwinden und an