Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Italienische Eisenbahnen'
Die bedeutendste der Dampftrambahngesellschaften ist die
«Società per le ferrovie del Ticino», die Linien von über 250 km Länge betreibt. Die
Fahrgeschwindigkeit der durchschnittlich aus 4–5, höchstens aus 11 und mindestens aus 2 Wagen bestehenden Züge ist in bei
den meisten Dampftrambahnen 18 km in der Stunde, die geringste 15, die größte 25 km.
Litteratur. Archiv für Eisenbahnwesen (Berl. 1880, 1886, 1889, 1890, 1892).
Italienische Kunst, die auf italischem Boden seit der Herausbildung eines ital. Volks aus der Mischung
der altitalischen Bevölkerung des Römischen Reichs und den german. Einwanderern hervorgebrachte Kunst, nicht also die
Römische Kunst (s. d.) der Antike und die Altchristliche Kunst (s. d.) der ersten 8–9
Jahrhunderte christl. Zeitrechnung. (Hierzu die Tafeln: Italienische Kunst I–VIII. –
Tafel I–III: Baukunst.
Tafel IV–V: Bildnerei.
Tafel VI-VIII: Malerei.)
I. Baukunst. Sie entwickelte sich aus der altchristl. und den erlöschenden Erinnerungen an
die Antike nach und nach zu einem roman. Stil. Seit dem 11. Jahrh. wirkte namentlich in Toscana eine Bauschule in dieser
Richtung, welche die bisher nur im Innern der Basiliken übliche Verzierung mit verschiedenfarbigen Steinplatten auf das Äußere
der Kirchen übertrug und zugleich durch eine gleichsam in Relief nachgeahmte Wiederholung der innern Säulenreihen eine
strenge Gliederung der Façade versuchte; San Giovanni in Florenz, San Miniato al Monte ebenda und die Façade des Doms zu
Empoli (letztere datiert 1093) sind die wichtigsten erhaltenen Beispiele dieser Richtung, welche man die florentin.
Proto-Renaissance nennt. Zur selben Zeit stellte man in Pisa bei der Aufführung des 1063 begonnenen Doms das bis in das 18.
Jahrh. hinein wichtigste Problem der ital. Baukunst auf, die Verbindung des Langbaues, der Basilika, mit einer überkuppelten
Centralanlage. Der Dom zu Pisa (s. Taf. I, Fig. 1) zeigt schon eine geniale
Lösung: über dem Kreuzungspunkte eines fünfschiffigen Langhauses und eines dreischiffigen Querhauses erhebt sich eine
mächtige lichte Kuppel; Façade und Seiten dieses Doms wurden wieder mit übereinander gestellten Säulenreihen geschmückt
und der zwischen den Säulen freibleibende Raum mit Marmorplatten verziert, die im Gegenteile zur geometr. Anlage in Florenz in
wechselnden Schichten von weißem und dunklem Marmor um den ganzen Bau laufende Bänder bildeten. Dieser
Dekorationsform, die auch auf das Baptisterium in Pisa und auf den etwas später (1174) ausgeführten schiefen Turm daselbst
übertragen wurde, folgte man nun mit Ausnahme von Florenz in ganz Toscana, während in Parma, Modena, Cremona, wo im 12.
und am Beginn des 13. Jahrh. große Dome aufgeführt wurden, das Vorbild von Pisa auf die Ausgestaltung des Grundplanes und
Aufrisses wirkte. Die Kirchenbauten in Oberitalien, außen meist schmucklos, schließen sich mit ihren Wölbungsversuchen und
verschlungenem Zierwerk näher an die roman. Kirchen jenseits der Alpen an, ↔ wie z. B. San Zeno in Verona,
San Michele in Pavia u. s. w. Nur in Venedig hatte sich an der im 11. Jahrh. nach dem Muster griech. Kuppelbauten erneuerten
Markuskirche (s. Taf. I, Fig. 2), die anfangs wie ihre Vorbilder außen
schmucklos war, ein neuer Dekorationsstil entwickelt, indem im 13. Jahrh. das ganze Gebäude mit kostbaren Steinen, Säulchen
und Zierwerk wie mit einem bunten Teppich überdeckt wurde. Sicilien steht bei seinen im 11. und 12. Jahrh. ausgeführten Bauten
wie der Kathedrale von Messina, dem Dom von Monreale teils unter normann., teils unter byzant. Einflusse. So war im 13. Jahrh.,
wo nicht fremde Baukunst wirkte, über die ganze Halbinsel ein Baustil verbreitet, der zwar landschaftlich verschieden, sich doch
als ein echt nationales Produkt zeigte und nicht organisch konstruktiv, sondern hauptsächlich als ein Bekleidungsstil wirkte,
während man seit den Zeiten der Antike her das Gefallen an weiten hellen Innenräumen niemals aufgegeben hatte.
Mit der Ausbreitung der Bettelorden, die eine erhöhte Bauthätigkeit hervorrief, beginnt sich in Italien der im Norden entstandene
gotische Baustil zu verbreiten. Die Italiener bedienen sich seiner jedoch vorzugsweise
wegen seiner technischen Mittel, besonders bei der Herstellung der Wölbungen; statt der Aufnahme des organischen Systems
dieses Stils, lösen sie dasselbe in seine Elemente auf, die sie nun frei in ihren nationalen Bekleidungsstil einfügen. Vor allem
erhalten sie die Wände, welche im Norden in Stützen und stark durchbrochene Verbindungswände zwischen diesen aufgelöst
werden, unversehrt. In fast jeder Stadt Italiens wird nun eine Franziskanerkirche und eine Dominikanerkirche im neuen Stile
erbaut, dessen ältestes Beispiel in Italien wohl die 1252 geweihte Grabeskirche des heil. Franz in Assisi war. Sta. Croce und
Sta. Maria Novella in Florenz, San Giovanni e Paolo und Sta. Maria Gloriosa in Venedig seien hervorgehoben, und der «Santo»
(San Antonio) in Padua erwähnt, ein bemerkenswerter Versuch, die vielen Kuppeln der Markuskirche auf einen got. Längsbau zu
übertragen.
Hierauf begannen die großen toscan. Städte die Grundgestalt des Pisaner Doms mit den technischen Mitteln und auch den
Formen des neuen Stils zu verschmelzen, und in den Domen von Siena (begonnen vor 1280), von Orvieto (seit 1290; s.
Taf. I, Fig. 4) und Florenz (seit 1296) erstehen unvergleichliche Bauwerke,
an deren Façaden, Seiten und Chorwänden oder, wie in Florenz, an dem berühmten Campanile des Doms (s.
Taf. I, Fig. 3) der alte Bekleidungsstil der Italiener eine neue Ausgestaltung
erhielt. Auch an den in Italien immer üblichen Hallenbauten, wie am Campo Santo zu Pisa oder an der Loggia dei Lanzi in Florenz,
wurde der got. Stil nationalisiert. Der Dom zu Mailand (s. Taf. II, Fig. 2 u. 5)
hingegen, erst 1386 begonnen, schließt sich, freilich nicht geschickt, den nordischen Domen an, ohne jedoch ganz auf die ital.
Kuppel zu verzichten. Die got. Kirchen Neapels sind weniger nach ital. als nach franz. Vorbildern gebaut.
Der Palastbau Italiens, im 14. Jahrh. durch die Gemeindehäuser von Florenz, Siena, Perugia u. a. O., durch den Bargello und Or
San Michele in Florenz, durch den päpstl. Palast in Orvieto vertreten, bringt in Umbrien und Toscana den alten heimischen etrusk.
Quaderbau wieder ans Licht, während in Venedig, wo im 13. Jahrh. den Häusern rundbogige Hallen in zwei Geschossen
vorgelegt worden waren,
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 780.