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Jörg (Joseph Edmund) – Joruba
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Jörg (Joh. Christian Gottfr.)'
Anfangs war er als praktischer Arzt, Geburtshelfer und besonders auch als Orthopäd thätig. Auf letzterm Gebiete erwarb er sich nicht geringe Verdienste,
indem er mildere Methoden und Maschinen einführte und dieselben in mehrern Schriften, wie, «Über die Klumpfüße» (Marburg 1806) und «Über die
Verkrümmungen des menschlichen Körpers» (Lpz. 1816), verbreitete. Eine bleibende Stelle hat sich jedoch J. besonders in der Geschichte der
Geburtshilfe gesichert, indem er hier, durch die Schriften Boers geleitet, die willkürlichen geburtsärztlichen Operationen zu beseitigen und der
Naturthätigkeit im Geburtsakte ihr Recht wiederzugeben suchte. Seit 1810 Professor der Geburtshilfe und Direktor der Entbindungsschule zu Leipzig,
wirkte er in dieser Stellung bis zu seinem Tode, 20. Sept. 1856. J. schrieb u. a.: «Handbuch der Krankheiten des Weibes» (3. Aufl., Lpz. 1831), «Handbuch
der Geburtshilfe» (3. Aufl., ebd. 1833), «Handbuch der speciellen Therapie für Ärzte» (ebd. 1835), «Handbuch zum Erkennen und Heilen der
Kinderkrankheiten» (2. Aufl., ebd. 1836), «Die Geburt als gesundheitsgemäßer Entwicklungsakt» (ebd. 1854), «Lehrbuch der Hebammenkunst» (5. Aufl.,
ebd. 1855).
Jörg, Joseph Edmund, ultramontaner Politiker, geb. 23. Dez. 1819 zu Immenstadt im Algäu,
absolvierte die theol. Studien in München, ward aber durch Döllinger zum histor. Fach angeleitet, trat 1847 in den Archivdienst und erhielt 1866 das Amt
eines Kreisarchivars von Niederbayern auf Schloß Trausnitz bei Landshut. Als Frucht archivalischer Quellenstudien erschien sein Hauptwerk, die
Geschichte des großen Bauernkrieges u. d. T. «Deutschland in der Revolutionsperiode von 1522 bis 1526» (Freib. i. Br. 1850). Später veröffentlichte er
noch die mehr publizistischen Werke: «Geschichte des Protestantismus in seiner neuesten Entwicklung» (2 Bde., Freib. i. Br. 1857) und «Geschichte der
socialpolit. Parteien in Deutschland» (ebd. 1867). J. übernahm 1852, nach Guido Görres' Tod, die Redaktion der
«Historisch-politischen Blätter» (s. d.), für die er zahlreiche Abhandlungen verfaßte, und in
deren «Zeitläuften» nachher seine ganze schriftstellerische Thätigkeit aufging. Seit 1865 Mitglied der bayr. Kammer, sah er sich 1869 an die Spitze einer
oppositionellen Majorität, der Partei der «Patrioten», gestellt und veranlaßte Jan. 1870 durch die von ihm verfaßte Adresse den Sturz des
Ministerpräsidenten Fürsten Hohenlohe. konnte aber im Juli 1870 die bewaffnete Neutralität Bayerns in dem ausbrechenden Kriege und im Jan. 1871 die
Verwerfung der Versailles Verträge nicht durchsetzen. Im Okt. 1875 forderte J. vergeblich als Referent über die von ihm verfaßte Adresse die Entlassung
des Ministeriums; auch der von ihm eingebrachte Initiativgesetzentwurf wegen Erlassung eines neuen Landtagswahlgesetzes erlangte Juni 1876 nicht die
nötige Zweidrittel-Mehrheit. Mit der damaligen Haltung der klerikalen Partei in der Kammer nicht einverstanden, zog sich J., der auch 1868 Mitglied des
Zollparlaments und 1874–78 Mitglied des Reichstags (Centrum) gewesen war, 1881 vom parlamentarischen Leben vollständig zurück, setzte aber in den
«Histor.-polit. Blättern» den publizistischen Kampf für den Ultramontanismus eifrig fort.
Jorĭo, Passo di San J., deutsch
Jöriberg, Saumpaß über die südl. Ausläufer der Tambokette in den Adula-Alpen (s. Ostalpen),
führt von ↔ Bellinzona nach Gravedona am Comersee. Der Weg zweigt bei Giubiasco von der Gotthardbahn und Straße ab und steigt
östlich durch Val Morobbia zur Paßhöhe (1956 m) hinauf, welche die Grenze zwischen Schweiz und Italien und die Wasserscheide zwischen Ticino und
Adda bildet. Auf der ital. Seite gabelt sich der Weg und führt einerseits über Brancio, andererseits über Garzeno nach Gravedona.
Joris, Pio, ital. Maler, geb. 8. Juni 1843 zu Rom, wo weniger der Unterricht (1856–64) an der St. Lukasakademie als
Fortuny (s. d.) Einfluß auf seine Richtung hatte, in der eine fröhliche Farbenpracht, lebendige Komposition und zierlicher Geschmack
die vorherrschenden Momente bilden. J. bewegt sich mit gleicher Gewandtheit auf dem Gebiete des Genres wie auf dem der Landschaft. Zu seinen
frühesten Arbeiten gehört Römisches Bauermädchen, einem Hirten zu trinken reichend; dann entstanden: Konzert in Genzano, Sonntagsmorgen vor der
Porta del Popolo in Rom (Goldene Medaille, Münch. 1869), Spanischer Tanz (1872), Heimkehr ins Kloster (1873), Forio d'Ischia, Taufe auf Ischia (1878),
Beim Antiquar. J. machte viele Reisen, sowohl in Deutschland, Frankreich und England als auch in Spanien (1871–72) und im eigenen Vaterlande. Von
seinen neuesten Werken sind zu nennen: Der Tempel des Antoninus und der Faustina, Die Flucht des Papstes Eugen IV. (1883; Nationalgalerie in Rom),
Dämmerung in der röm. Campagna, Die röm. Braut, Der Zeitvertreib des Großvaters, Sommerwende. Außerdem ist J. auch als Aquarellist thätig.
Joris (Joriszoon), Joristen, s.
David Joris (Bd. 4, S. 836b).
Jork. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Stade, hat 166,82 qkm,
(1890) 20899 (10347 männl., 10552 weibl.) E., 1 Stadt und 20 Landgemeinden. –
2) Dorf und Hauptort des Kreises J. sowie der Marsch Altes Land (s. d.), 6 km nordnordwestlich
von Buxtehude und 1 km von der Elbe, Sitz des Landratsamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Stade), hat (1890) 1391 evang. E., Post, Telegraph
und evang. Pfarrkirche.
Jörmungandr oder Midgardsschlange, in der nordischen Mythologie die große Schlange,
die um die ganze Erde herumliegt. Sie ist die Personifizierung des Weltmeers. Nach der Edda ist sie die Tochter Lokis und der Riesin Angrboda; ihr
Hauptgegner ist Thor, der einst beim Weltuntergang von ihr getötet wird. Nach einem oft besungenen Mythus hat er die Schlange einst im weiten Weltmeer
geangelt.
Jorŭba (Yoruba), in der Haussasprache und auf ältern europ. Karten
Yarriba genannt, war ein ansehnliches Königreich in Afrika mit der Hauptstadt Ojo, zwischen Dahome und Benin,
reichte im NO. und O. bis zum Niger und im S. fast bis zur Bai von Benin, ging aber seit dem zweiten Viertel des 19. Jahrh. zum Teil an die Fulbe des
Reichs Gando verloren oder zersplitterte sich in mehrere Einzelherrschaften und Republiken, von denen Abeokuta (s. d.) und J. die
bedeutendsten sind, mit 2–3 Mill. E. Den Kern der Bevölkerung bildet das Negervolk der J. (zu Sierra Leone Aku, in
ihrer Sprache aber Nago genannt), welches vorzugsweise das gebirgige Innere bewohnt. Zwischen diesem und dem
Odo-Onafluß breitet sich eine weite, mit
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 960.