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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kammergeschütz - Kammmuscheln.

Geheimer Justizrat gebildeter welchem die Mitglieder der königlichen Familie und des Hauses Hohenzollern ihren persönlichen Gerichtsstand haben. Vgl. Franklin, Das königliche K. (Berl. 1871). K. ist auch die abgekürzte Bezeichnung für Reichskammergericht (s. d.).

Kammergeschütz, s. Kammer (milit.).

Kammergut, s. Domäne.

Kammerherr und Kammerjunker, Hofchargen, welche den Ehrendienst bei fürstlichen Personen zu versehen haben, und zwar ist der erstere der höher gestellte. Sein Abzeichen ist der goldene Kammerherrnschlüssel.

Kammerjäger, Forstbeamter, Leibjäger eines Fürsten; jetzt besonders derjenige, welcher das Fangen und Vertreiben von Ratten, Mäusen und anderm Ungeziefer als Geschäft betreibt.

Kammerknechte (kaiserliche K.), früher in Deutschland Bezeichnung der Juden, weil sie dem Kaiser als ihrem Schutzherrn einen Schutzzins zu entrichten hatten.

Kammermusik, Musik, die sich zur Aufführung in kleinern Räumen eignet, im Gegensatz zur Kirchenmusik und Theatermusik, heute auch noch zur Konzertmusik. Die Bezeichnung K. kam zu Anfang des 17. Jahrh. auf, d. h. zu einer Zeit, wo eine Instrumentalmusik im heutigen Sinne nur in den ersten Anfängen existierte und sich auf vierstimmige Tänze sowie Tokkaten und ähnliche Stücke für Orgel beschränkte, betraf daher überwiegend Gesangsmusik, speziell die begleitete Gesangsmusik (Kammerkantate im Gegensatz zur Kirchenkantate, Kammerduette). Als die größern Formen der Instrumentalmusik aufkamen (Kammerkonzert, Suite, Symphonie, Sonate), bezeichnete man auch diese, überhaupt alles, was nicht Kirchen- oder Theatermusik war, als K. Heute versteht man unter K. nur noch von wenigen Instrumenten oder Singstimmen ausgeführte Musik, wie: Streichquartette, Trios, Quintette, Sextette, Septette, Oktette, ebensolche Werke mit Klavier, Sonaten für Klavier allein oder mit obligater Violine, Bratsche, Violoncello, überhaupt alle für einzelne Instrumente mit Klavier geschriebenen Stücke, auch Divertissements von einigen Blas- und Streichinstrumenten, Lieder mit Klavierbegleitung, Duette, Terzette etc. Der eigentliche Gegensatz zu K. ist heute Konzertmusik (Orchester- und Chormusik). Da in der K. der Mangel an Klangfülle und Abwechselung der Instrumentierung durch feinere Nüancierung und Detailarbeit ersetzt werden muß, so unterscheidet man mit Recht einen besondern Kammerstil, und es gilt als Mangel eines Kammermusikwerks, wenn die Stimmen orchestral behandelt sind. Die Titel Kammermusiker, Kammersänger, Kammervirtuose, welche von Fürsten verliehen werden, stammen aus der Zeit her, wo sich dieselben kleine aus Sängern und Instrumentisten bestehende Kapellen für den Vortrag der zu diesem Zweck geschriebenen Kammermusiken in ihren Privatsalons hielten. Vgl. Nohl, Die geschichtliche Entwickelung der K. (Braunschw. 1885).

Kammerrichter, s. Reichskammergericht.

Kammersachen, s. Kameralwissenschaft.

Kammersänger, s. Kammermusik.

Kammersäure, s. Schwefelsäure.

Kammerschwanzschraube, s. Kammer (milit.).

Kammersee, s. Attersee.

Kammerstil, s. Kammermusik.

Kammerstücke, s. Kammer (milit.).

Kammertaxe (Unterthanentaxe), festgesetzter, meist mäßiger Preis für manche von einer fürstlichen Kammer den Unterthanen abgegebene Gegenstände.

Kammerton (Kapellton), ehedem die gewöhnliche Stimmung der zur Kammermusik (s. d.) erforderlichen Instrumente, im Gegensatz zu der um einen Ton höhern Orgelstimmung, dem Chorton (s. d.), welche sich noch heute bei alten Orgeln findet und beim Zusammenwirken mit andern Instrumenten ein transponiertes Spiel nötig macht. Vgl. Stimmung.

Kammertuch, s. Kambrais.

Kammervermögen, s. Kammer.

Kammerziele, die (sehr unpünktlich und unvollständig eingehenden) Beiträge der Reichsstände zur Unterhaltung des ehemaligen Reichskammergerichts (s. d.) und die Termine zur Zahlung derselben.

Kammfett, das vom Hals, dem sogen. Kamm, der Pferde herrührende Fett, ist nach dem Ausschmelzen schwach gelblich, fast geruchlos, von Butterkonsistenz, schmilzt bei 60° und liefert eine weiße, feste Seife. Das aus Abdeckereien stammende K. ist meist schmutzig weiß oder bräunlich und riecht unangenehm. Aus ganzen Pferdekadavern erhält man durch Behandeln mit Dampf in geschlossenen Cylindern ein reines, helles, geruchfreies Fett, welches leichter schmelzbar ist als K., aber wie dieses zu Maschinenschmiere, zum Einfetten der Wolle und des Leders und zur Darstellung weicher Schmierseife (Elainseife) für Tuchfabriken dient.

Kammgarn, s. Garn, S. 911.

Kammgras, s. Cynosurus.

Kammin, 1) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin, auf einer Anhöhe, 4 km von der Ostsee, am Kamminschen Bodden, einem von der Dievenow durchflossenen Binnensee, hat 4 Kirchen, eine Synagoge, eine Domschule (Lateinschule, 1175 gegründet), ein Lehrerseminar, ein adliges Fräuleinstift, ein Amtsgericht, ein Sol- und ein Moorbad, Strumpfwarenfabrikation, Dampfmühlen, Eisengießerei, Schiffahrt, Fischerei und (1885) 5684 meist evang. Einwohner. - K. ist wendischen Ursprungs und wurde schon 1123 Hofstadt des Herzogs Wratislaw, 1188 aber Bischofsitz, indem um diese Zeit das 1140 zu Julin gestiftete Bistum vom Herzog Kasimir nach K. verlegt wurde. Es wurde schon damals unmittelbar dem päpstlichen Stuhl unterstellt. Der Ort K. erhielt 1274 Stadtrecht. Geraume Zeit hindurch standen die Bischöfe von K. auf seiten der Markgrafen von Brandenburg, bis im Belgarder Vergleich (1304) der Bischof Heinrich Wacholl (1299 bis 1317) dem Herzog von Pommern Treue geloben mußte. Nachdem 1536 der damalige Bischof Erasmus Manteuffel v. Arnhausen sich der Reformation angeschlossen hatte, erfolgte 1648 die Umwandlung des Bistums K. in ein weltliches unmittelbares Reichsfürstentum, das an Kurbrandenburg fiel. Die ehemaligen Besitzungen des Bistums bilden gegenwärtig die Kreise Kolberg-Körlin, Köslin und Bublitz (bis 1872 zusammen den Kreis "Fürstentum") im Regierungsbezirk Köslin. Vgl. Kücken, Geschichte der Stadt K. (Kammin 1885). -

2) S. Kamin (Stadt).

Kammkies, s. Markasit.

Kämmlinge, die Abfälle der Kammgarnspinnerei.

Kammlinie, s. v. w. Feuerlinie (s. d.).

Kämmmaschine, s. Spinnen.

Kammmasse, s. Kautschuk.

Kammmuscheln (Pectinidae Ad.), Familie der Muscheln (s. d.), deren gleiche oder ungleiche Klappen mit fächerförmig von der Gegend des Schlosses ausstrahlenden Leisten besetzt sind. Bemerkenswert sind die am Mantelrand einiger Arten angebrachten zahlreichen Augen von smaragdgrüner Farbe und kom-^[folgende Seite]