Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

106

Kantonade - Kanzel

Vereinigten Staaten. Thee wurde 1892/93: 4,185 Mill. kg meist nach London verschifft; ferner Matten (75 Proz. nach Amerika), Kassiarinde und -Blüten, Galläpfel, Borsten, Feuerwerkskörper (93000 Kolli), Eingemachte Früchte (Ingwer), Papier, Porzellan, Chinawurzeln, Schwarzholzmöbel und Palmblattfächer. In der Einfuhr nimmt Opium fast 50 Proz. des Gesamtwertes ein; daneben sind Baumwoll- und Manufakturwaren, Garne und Rohbaumwolle zu nennen sowie Anilinfarben aus Deutschland, Nadeln, Kaninchenfelle, Bernstein, Gold- und Silberdraht und Schwalbennester, seit 1887 bestehen in Kaulung (s. Hong-kong) und in Lappa bei Macao chines. Seezollämter für den Verkehr der einheimischen Dschunken. Der Wert des Handels über diese beiden Plätze betrug 1891 zusammen 228,5 Mill. M., d. i. ebensoviel als die Schiffe fremder Bauart in K. selbst ein- und ausführten. Es liefen hier 40000 Dschunken ein. Doch ist der Schmuggel noch immer bedeutend. Hauptgeschäftsplatz für den Handel ist Hong-kong. K. ist Sitz eines deutschen Konsuls.

Kantonade, s. Cantonade.

Kantonal, zu einem Kanton gehörig.

Kantonalisten, in Spanien die Republikaner, die einen Bund selbständiger Kantons oder Staaten an Stelle des Einheitsstaates setzen wollen.

Kantonierung, s. Ortsunterkunft.

Kantonísten, Bezeichnung der Soldatenkinder in Rußland, welche, seit 1758 sämtlich zum spätern Militärdienst verpflichtet, von ihrem achten Jahre an auf Staatskosten erzogen wurden. Die Einrichtung bestand bis 1856. - K. hießen ferner auch die für den Heeresersatz nach dem Kantonsystem (s. d.) bestimmten Leute.

Kantonnement (frz., spr. -mang) heißt der Bezirk (Kanton), wo eine Truppenabteilung vorübergehend einquartiert wird, sowie die Unterbringung der Truppen selbst (s. Ortsunterkunft); kantonieren, das Beziehen solcher vorübergehender Quartiere. - K. nennt man auch die Ablösung der Forstservituten durch Zuteilung von Land.

Kantonnementslazarett, s. Ortslazarett.

Kantonsystem, das System der Ergänzungsweise eines Heers, bei dem das Land in eine Anzahl Bezirke (Kantons) eingeteilt ist und jedes Regiment seinen Rekrutenersatz aus einem bestimmten Kanton zu beziehen hat, sei es durch eine geregelte Aushebung, sei es durch freie Werbung. Nach dem preuß. Reglement von 1733 war jeder Einwohner dem Regiment verpflichtet, zu dessen Kanton er gehörte. Ausgenommen waren die Söhne der Edelleute und derjenigen Bürger, die ein Vermögen von 6000 bis 10000 Thlrn. nachwiesen. Die Regimenter durften nur in dem ihnen zugewiesenen Kanton, mit Ausschluß jedes andern, werben; jeder eingeschriebene Kantonist durfte keinerlei andere Verpflichtung eingehen. Einige Städte und ganze Landesteile, in denen eine rege Industrie stattfand, waren von der Kantonpflicht befreit.

Kántor (lat. cantor, "Sänger"), alter Titel für Lehrer, die zugleich den kirchlichen Chorgesang zu leiten hatten. Früher auch an höhern, sog. Lateinischen Schulen in Gebrauch, wo der K. den Schülerchor, die Kurrende, unter sich hatte, ist der Titel jetzt wesentlich auf diejenigen Volksschullehrer beschränkt, welche zugleich Kirchendienst haben. In den ältesten Zeiten, unmittelbar nach Einführung des Kirchengesangs, war die Stelle des K. eine der wichtigsten bei den Kathedralschulen. Er hatte den Gesang im

^[Spaltenwechsel]

Chore und den Gesangunterricht der Knaben zu leiten, die Leseabschnitte für die großen Feste anzugeben und den Kirchenkalender anzufertigen. Der Titel K. war daher ein besonders ehrenvoller, und das Amt eines K. wurde auch von denen verwaltet, die schon höhern kirchlichen Ämtern vorgestanden hatten.

Kantring, s. Kanthaken.

Kantschil, s. Zwergmoschustiere.

Kantschindschanga, der zweithöchste Berg im Himalaja, im östl. Nepal, 8588 m hoch. Einen wunderbaren Blick auf den K. hat man von Dardschiling (s. d.).

Kantschu (vom poln. kanczug; und dies vom türk. kamtshci, lederne Geißel, oder von ikadschuga, Riemen am Sattel), kurze, dicke, aus Riemen geflochtene Peitsche.

Kanüle (frz. canulo), ein aus Metall, Horn oder Hartgummi verfertigtes, bald gerades, bald mehr oder weniger gekrümmtes Röhrchen, welches in der Chirurgie überall da Anwendung findet, wo Flüssigkeiten oder Luft aus dem Körper herausgelassen oder in denselben eingespritzt werden sollen. Die K. sind entweder vorn zugespitzt (Pravazsche K. oder Pravazsche Spritze), um direkt in die Haut oder die Gewebe eingestochen zu werden, wie bei den subkutanen Injektionen (s. Injektion), oder sie werden in gestochene (s. Trokar) oder geschnittene Wundkanäle eingelegt, um Exsudate herauszulassen oder Einspritzungen und Ausspülungen vorzunehmen. Nach dein Luftröhrenschnitt vermittelt eine eingelegte K. den Durchtritt der Luft durch die Operationswunde. (S. Tracheotomie.)

Kânûn, ein aus dem Griechischen (Kanon) in das Arabische übergegangenes und von diesem aus in der islamit. Welt verbreitetes Wort, bedeutet zunächst Regel, Verordnung, Gesetz, davon Kanuni, Gesetzgeber, Beiname Suleimans II.; Kanun-name, Gesetzsammlung. - K. nennt man auch ein zitherähnlichcs Saiteninstrument.

Kanuri, Einwohner von Bornu (s. d.).

Kanut, König von Dänemark und England, s. Knut.

Kanutsvogel (Tringa canutus L.), ein Strandläufer (s. d.) von 25 cm Länge, 55 cm Flügelbreite, im Sommerkleid mit braunem, unten hellerm, oben dunklerm und hier schwarzgeflecktem Gefieder, Rücken fast schwarz, Flügelfedern grau, zum Teil mit weißen Säumen, Schwanzfedern grau, schmal weiß gesäumt, im Winterkleid mehr aschgrau. Bewohnt den hohen Norden der Alten und Neuen Welt.

Kanzel, der zum Predigen dienende, entsprechend erhöhte und mit einer Brüstung umgebene, sowie oberhalb oft mit einem Schalldeckel (Kanzelhaube oder Kanzelhimmel) versehene Standort des Geistlichen in christl. Kirchen. Der Name K. rührt von den in den altchristl. Kirchen im hintern Teil des Mittelschiffs angebrachten Schranken (cancelli) her, welche die zum Vorlesen der Evangelien bestimmten Lesepulte (Ambonen) absonderten. Später errichtete man zu letzterm Zweck besondere Lektorien (Lettner). Noch im 15. Jahrh. scheint es die Regel gewesen zu sein, von diesem aus zu predigen. Erst die Predigerorden, namentlich Italiens, versetzten die K. in das Langhaus, also in die Mitte der Laienschaft. Seit dieser Zeit beginnt die prachtvolle Ausstattung der K. mit Skulpturen und Laubwerk; so z. B. in Sta. Croce zu Florenz von Benedetto da Majano (s. Tafel: Italienische Kunst IV, Fig. 4); zu Straßburg von Hans Hammerer 1485-87; zu Ulm von Burk-