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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karyophylleen; Karyophyllinen; Karyopse; Karystos; Karzer; Kasa; Kasacke; Kasaken; Kasan

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Karyophylleen - Kasan.

zu öffentlichen Arbeiten gebraucht und dann von den Architekten zur Hindeutung auf ihre Dienstbarkeit als Lastträgerinnen dargestellt wurden. Lessing dagegen leitet ihren Ursprung von den Jungfrauen ab, welche am Feste der Diana im Tempel zu Karyä tanzten. Noch andre identifizieren sie mit den Kanephoren (s. d.) der Panathenäen. Übrigens haben schon die Ägypter menschliche Figuren zu Säulen verwendet, wie denn später auch männliche, zu gleichem Zweck dienende Figuren K., richtiger aber Atlanten, Telamonen oder persische Bildsäulen genannt werden. Die künstlerisch vollendetsten K. des Altertums sind die sechs weiblichen Statuen, welche das Gebälk der aus der Südseite des Erechtheions zu Athen in ionischem Stil erbauten Vorhalle tragen (s. diese auf Tafel "Baukunst IV", Fig. 7; außerdem vgl. Tafel "Bildhauerkunst VI", Fig. 10, und die nebenstehende Abbildung). Daher karyatidische Ordnung die Bauart, bei welcher statt der Säulen weibliche Figuren zum Tragen der Decke oder des Gebälks angebracht werden.

^[Abb.: Karyatide.]

Karyophylleen (Nelkengewächse), dikotyle Familie aus der Ordnung der Centrospermen, Kräuter und Stauden mit meist gegenständigen Blättern und gabelförmig verzweigten, häufig knotigen Stengeln. Die an der Basis häufig zusammengewachsenen, gegenständigen Blätter sind ungeteilt und ganzrandig. Nebenblätter fehlen meist, nur in der ersten Gruppe der Familie kommen sie als trockenhäutige Schuppen vor. Dem Blütenstand liegt in der ganzen Familie der cymöse Typus zu Grund; häufig ist derselbe aus Dichasien mit Wickeltendenz zusammengesetzt. Bisweilen wird der Blütenstand kopfähnlich und ist dann von trocknen, braunen Deckblättern umgeben, z. B. bei der Nelke. Die regelmäßigen Blüten haben einen nach dem Verblühen stehen bleibenden grünen oder trocknen Kelch, dessen 4 oder 5 Blätter entweder bis fast zum Grund frei oder in eine Röhre verwachsen sind, die am Rande den Blättern entsprechende Zähne hat. Die mit den Kelchblättern abwechselnden, auf dem Blütenboden eingefügten Blumenblätter sind immer frei, mehr oder weniger genagelt, ganz oder zweiteilig bis handförmig mehrteilig, zwischen Platte und Nagel bisweilen mit Schüppchen besetzt; in einigen Fällen fehlen die Blumenblätter. Die Staubgefäße sind ebenfalls dem Blütenboden eingefügt, meist frei, seltener zu fünf in einem einfachen, mit den Blumenblättern abwechselnden Kreis, meist zu zehn in zwei miteinander abwechselnden Kreisen. Der oberstaudige, bisweilen auf etwas stielförmig verlängerter Blütenachse stehende Fruchtknoten ist meist einfächerig, seltener im untern Teil zwei- bis fünffächerig und enthält eine als Mittelsäule auftretende Placenta, auf welcher in der Regel zahlreiche Samenknospen erzeugt werden; nur bei den meisten Gattungen der ersten und denen der zweiten Gruppe findet sich eine einzige grundständige Samenknospe. Auf dem Scheitel des Fruchtknotens stehen 2, 3 oder 5 Griffel mit einfachen Narben. Die Frucht ist bei den Arten mit einsamigen Fruchtknoten eine einsamige, häutige Schlauchfrucht, bei den übrigen eine Kapsel, welche mit Klappen oder nur an der Spitze mit Zähnen aufspringt, deren Zahl das Gleiche oder Doppelte der Griffelzahl beträgt; in seltenen Fällen wird eine Beere gebildet. Die meist nierenförmigen, an der Oberfläche oft warzigen Samen sind stärkemehlhaltig und haben einen meist kreisförmig gekrümmten Keimling. Die K., welche gegen 1000 Arten zählen, zerfallen in die Unterfamilien: Paronychieen, Sklerantheen, Alsineen und Sileneen. (Vgl. Rohrbach, Monographie der Gattung Silene, Leipz. 1868.) Die K. sind über die ganze Erde und alle Klimate verbreitet; wenige Arten gehören den Tropen an, wo sie in höhern Gebirgen wachsen; viele Arten finden sich auf den Alpen und im höhern Norden, die meisten aber in den gemäßigten Zonen der nördlichen Halbkugel. Ihr Nutzen ist ein sehr beschränkter: manche, zumal die Saponaria officinalis L., enthalten in ihren Wurzeln seifenartig schäumendes Saponin und werden anstatt Seife angewendet; der Spergel oder Spark, Spergula arvensis L., wird als Futterpflanze angebaut. Als Zierpflanzen sind die Nelken (Dianthus) zu nennen.

Karyophyllinen, dikotyle Ordnung in den Systemen Endlichers und Brauns, charakterisiert durch eine zentrale Placenta, die häufig als Mittelsäule erscheint, daher auch Centrospermae (s. d.) genannt, durch gekrümmte Samenknospen, meist einfächerigen Fruchtknoten und einen um das stärkemehlhaltige Perisperm gekrümmten Embryo; enthält die Familien der Nyktagineen, Chenopodiaceen, Amaranthaceen, Phytolakkaceen und Karyophylleen.

Karyopse (Caryopsis), Schalfrüchtchen, s. Achene.

Karystos, alte Stadt auf der Südküste der griech. Insel Negroponte (Euböa), Sitz eines Bischofs, mit Hafen und (1879) 4119 Einw. Über der Stadt erhebt sich das von den Venezianern erbaute Schloß Bosso auf der Stelle der antiken Akropolis. Im Altertum war die Stadt durch den in der Nähe gebrochenen grünlichen Marmor und ihren Asbest bekannt. Sie wurde 490 v. Chr. von den Persern erobert. Hier 29. Aug. 1348 Seesieg der Venezianer über die Genuesen.

Karzer, s. Carcer.

Kasa (arab. Kada), administrative Abteilung im türkischen Reich, entspricht unserm Kreis und steht unter einem Kaimakam.

Kasacke (franz. Casaque), früher ein weitärmeliger Reisemantel; auch der Mantel der französischen Musketiere, der Leibkompanien etc.

Kasaken, s. Kosaken.

Kasan (tatar., "Kessel"), russ. Gouvernement, welches nördlich an das Gouvernement Wjatka, östlich an Ufa, südlich an Simbirsk und Samara, westlich an Nishnij Nowgorod grenzt, mit einem Flächenraum von 63,714,8 qkm (1157 QM.). Das Land, dem untern Wolgagebiet angehörig, wird von der Wolga und deren Zuflüssen: Wetluga, Swiaja, Kama, Kasanka, Wjatka (auf der Ostgrenze) etc., bewässert und ist von welliger Beschaffenheit. Die Wolga friert meistens Mitte November zu und geht Mitte April auf; die Schiffahrt dauert also etwa 200 Tage. In wasserreichen Jahren steigt der Fluß im Frühling oft um 21 m und überschwemmt auf weite Strecken die Ufer. Rechts von der Wolga erhebt sich das Land zu 16-33 m, links ist es von unübersehbaren Wiesen und Morästen erfüllt; in der Nähe der Stadt K.