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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kassensturz - Kassuben.

Banken bei Hinterlegung von Depositen dem Deponenten ausstellen.

Kassensturz, s. Kassaschluß.

Kassenzins, der Zins, welchen Kaufleute dafür berechnen, daß sie für gewisse Zwecke Summen bereit halten müssen, ohne anderweit darüber verfügen zu können.

Kassenzwang, im Hilfskassenwesen im Gegensatz zur Kassenfreiheit der gesetzliche Zwang, einer Kasse als Mitglied beizutreten. Vgl. Hilfskassen und Arbeiterversicherung.

Kasserolle (franz. casserole), flaches Gefäß von Thon, Eisen oder verzinntem Kupfer, zum Kochen oder Schmoren.

Kassette (franz.), Kästchen, besonders zur Aufbewahrung von Kostbarkeiten oder Geld; die Privatkasse (Schatulle) regierender Fürsten (daher biens de cassette, Schatullengüter); in der Baukunst vertiefte kastenmäßige Abteilungen (Fächer) an Decken, Gewölben, Kuppeln etc.; daher kassettieren, eine Decke etc. mit dergleichen Fächern versehen.

Kassiber (Kasiwe, Ksiwe, Ksiweel, vom jüdisch-deutschen "kossaw", d. h. schreiben), in der Gaunersprache (Rotwelsch) Bezeichnung für ein Schriftstück, welches einem Gefangenen insgeheim zugesteckt wird. Dergleichen Zuschriften sucht man namentlich Untersuchungsgefangenen in die Hände zu spielen, um ihnen Mitteilungen, welche für die Untersuchung von Wichtigkeit sind, von außen zukommen zu lassen. Aber auch die Gefangenen untereinander streben oftmals nach einem solchen schriftlichen Verkehr, der zuweilen gar keine wichtigen Nachrichten enthält, sondern lediglich dem Bedürfnis nach Mitteilung entspringt. K. werden mitunter in Geheimschrift verabfaßt. Wo die Bewachung der Gefangenen sorgfältig genug ist, um keine K. durchzulassen, suchen sich die Gefangenen zuweilen durch Klopfen und andre Zeichen miteinander in Verbindung zu setzen. Aufgefangene K. sind oft für den günstigen Verlauf einer Untersuchung und für die Überführung von Verbrechern von Wichtigkeit.

Kasside (arab. Kaçídah), eine von Arabern und Persern ausgebildete Gattung lyrischer Gedichte in Form eines längern Ghasels (s. d.); dem Inhalt nach meist ein Lobgedicht auf einen Fürsten etc.; doch kommen auch Lehrgedichte und Elegien in dieser Form vor.

Kassie, Pflanzengattung, s. Cassia.

Kassier (ital. cassiere), s. Kassierer.

Kassierbriefe, in Holland die an den Vorzeiger zahlbaren Papiere; vgl. Check.

Kassieren (franz. casser), für ungültig erklären, vernichten, des Amtes entsetzen (vgl. Kassation).

Kassierer (Kassier), Verwalter einer Kasse, der die Einnahmen, meist aber auch die Ausgaben besorgt.

Kassiertage (Skontotage, Zahltage), diejenigen Tage in der Woche, an welchen nach dem alten Brauch einzelner Plätze Wechselzahlungen geleistet werden. In Deutschland haben Augsburg und Bremen den Gebrauch der K. am längsten beibehalten; gegenwärtig ist er in ganz Deutschland veraltet.

Kassimow (ehedem Gorodez), Kreisstadt im russ. Gouvernement Rjäsan, an der Oka, hat 9 Kirchen, ein Nonnenkloster, eine Moschee, ein Progymnasium, zahlreiche Lohgerbereien, Schmieden, Fabrikation von Stiefeln, Pelzen, Flechtarbeiten sowie Postglocken, die einen Ruf haben, eine Stadtbank, einen großen Jahrmarkt (7.-14. Juli), bedeutenden Handel und (1880) 14,102 Einw.

Kassinett (franz. cassinet, spr. -nä), halbtuchartiges Köpergewebe mit harter Baumwollkette und Einschuß aus Streichgarn, ist sehr fest geschlagen, nicht gewalkt, aber in der Walke gewaschen, auf der rechten Seite glatt geschoren und heiß gepreßt; wird meliert, gestreift, kariert und gemustert namentlich in den sächsischen Webereidistrikten angefertigt und besonders zu Beinkleidern benutzt.

Kassiopeia, Sternbild am nördlichen Himmel zwischen Perseus, Andromeda, Schwan und Cepheus, von 344 bis 48° Rektaszension und von 46 bis 70° Deklination, ausgezeichnet durch fünf Sterne, zwei von zweiter und drei von dritter Größe, die ein unregelmäßiges W bilden (s. Karte "Fixsterne"). Die Gesamtzahl der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne beträgt nach Heis 126. Am 11. Nov. 1572 flammte in der K. ein neuer Stern mit einer Helligkeit auf, welche die der Venus in ihrem größten Glanz übertraf, und verschwand nach 17 Monaten wieder dem bloßen Auge. Benannt ist das Sternbild nach K., der Gemahlin des Kepheus, Königs von Äthiopien, und Mutter der Andromeda (s. d.).

Kassiteriden, s. Cassiterides insulae.

Kassiterit, s. v. w. Zinnerz.

Kassolette (franz.), Räucherpfännchen, Riechdose; auch der Wohlgeruch selbst und ironisch für das Gegenteil von Wohlgeruch: Gestank, daher auch Bezeichnung für Latrinenwagen.

Kassonade (franz.), s. Zucker.

Kassu, s. v. w. Palmenkatechu, s. Katechu.

Kassuben (Kaschuben), alter wend. Volksstamm, der ehedem das Gebiet zwischen der Persante (Kolberg ist Hauptstadt des Kassubenlandes) und der untern Weichsel ausfüllte, gegenwärtig aber auf die westpreußischen Kreise Neustadt und Karthaus und einige angrenzende Punkte von Pommern beschränkt ist; zu ihnen gehören auch noch etwa 300 Slawen, welche in den Dörfern Zezenow, Glowitz, Giesebitz etc. im Kreise Stolp in der Gegend des Leba- und Gardenschen Sees wohnen. Dieser Rest, nur aus ältern Personen bestehend, bekennt sich zur evangelischen Kirche, die andern K. sind katholisch. Der Name K. ward zuerst von dem im 13. Jahrh. lebenden polnischen Schriftsteller Boguphalus erwähnt. Man leitet ihn von der Kleidung, dem Faltenrock Kassubitz, her. Die K. sind ein mittelgroßer Menschenschlag, zwar ohne die Lebendigkeit ihrer südlichen Stammverwandten, eher schwerfällig und plump, doch kräftig und Beschwerden leicht ertragend. Ihr geistiges Fassungsvermögen erscheint ebenfalls schwerfällig, aber das einmal Verstandene halten sie mit Zähigkeit fest. So haben sie ihre alten Sitten und Einrichtungen, ihre Tracht und Lebensweise größtenteils bewahrt und sprechen noch ihre eigentümliche Sprache, die der polnischen nahe verwandt ist. Ihre Wohnungen sind armselig: Lehmhütten mit kleinen, trüben Fenstern, darüber ein Strohdach. Aufs Sparen ist der Kassube nicht bedacht. In seinen Geschäften kaltblütig und ruhig, zeigt er doch eine südländische Beweglichkeit und Lebendigkeit, wenn er bei Festlichkeiten von Branntwein und Tanz erregt ist, und nicht selten enden dieselben mit Schlägereien. Die K. haben unter sich große Anhänglichkeit und sind auch gegen Fremde, obschon zurückhaltender, doch nicht abstoßend und leicht zu gewinnen. Sie sind überhaupt gutmütig, dabei mehr nach innen gekehrt als die Polen und Masuren. Wie ehedem die Fürsten Pommerns, so führt auch jetzt noch der König von Preußen den Titel eines Herzogs von K. Eine Grammatik der kassubischen Sprache ist von F. Cejnova (Posen 1879) verfaßt. Vgl. Pernin, Wanderungen durch die Kassubei etc. (Danz. 1886).